Russland-Ukraine-Krieg Newsblog: Nach Truppenabzug: Russland beschießt Cherson
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11. November 2022, 21:49 Uhr
Laut Kreml-Sprecher Peskow sieht Russland kaum Chancen auf Friedensverhandlungen. Nach dem Rückzug der russischen Soldaten aus der südukrainischen Stadt Cherson sind nun ukrainische Truppen eingerückt. Die verbleibenden Bewohner feiern die Ankunft. Die aktuellen Entwicklungen im Krieg in der Ukraine und die Folgen im Newsblog.
Die Berichterstattung aus der Ukraine ist schwierig, da wegen der Kämpfe nur wenige unabhängige Medienvertreter im Land sind. Informationen kommen vor allem von der ukrainischen Regierung und dem Verteidigungsministerium aus Russland, die allerdings kaum unabhängig überprüft werden können.
- Ukraine beginnt anscheinend mit Mauerbau an belarussischer Grenze
- Nach Truppenabzug: Russland beschießt aufgegebenes Gebiet in Cherson
- Ukrainische Truppen erreichen nach russischem Rückzug Cherson
- Weitere Nachrichten zum Ukraine-Krieg
21:49 Uhr | UN verlangen Ende der Hindernisse für Düngemittelexporte aus Russland
Die Vereinten Nationen haben Länder weltweit aufgerufen, Hindernisse für den Export von Düngemitteln aus Russland aus dem Weg zu räumen. «Die Welt kann es sich nicht leisten, dass die weltweiten Probleme bei der Verfügbarkeit von Düngemitteln zu einer weltweiten Nahrungsmittelknappheit führen», teilten die Vereinten Nationen am Freitagabend nach Gesprächen mit dem russischen Vizeaußenminister Sergej Werschinin und seiner Delegation in Genf mit.
Russland hatte die Fortsetzung des im Juli geschlossenen Getreideabkommens infrage gestellt, mit dem ukrainische Exporte durch das Schwarze Meer möglich wurden. Das Abkommen läuft am 19. November aus. Russland monierte, dass es wegen der westlichen Sanktionen kaum in der Lage sei, eigene Exporte von Nahrungs- und Düngemitteln auf den Weltmarkt zu bringen.
20:07 Uhr | Ukraine gibt Bau von Mauer an Grenze zu Belarus bekannt
Die Ukraine baut nach eigenen Angaben eine Betonwand und Sperranlagen entlang der mehr als 1.000 Kilometer langen Grenze zum russischen Verbündeten Belarus. In der Region Wolyn sei ein drei Kilometer langer, mit Stacheldraht bewehrter Wall errichtet worden, gibt Präsidialberater Kyrylo Tymoschenko bekannt. Auch in den Regionen Riwne und Tschytomyr werde gearbeitet. Einzelheiten nannte er nicht.
19:05 Uhr | CaMAS-Studie: Russische Propaganda wirkt vor allem in Ostdeutschland
Ob Hasskommentare bei Youtube, Fake-News in pro-russischen Telegram-Gruppen oder komplett gefälschte Nachrichten-Websites: Russische Propaganda versucht auf vielen Wegen und Kanälen, auch bei uns in Deutschland Fakten zu verdrehen und unsere Demokratie zu untergraben. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von "CeMAS" (Center für Monitoring, Analyse und Strategie) haben im Oktober eine Befragung zu russischen Verschwörungserzählungen durchgeführt. Eine abgefragte Aussage war: "Die NATO hat Russland so lange provoziert, dass Russland in den Krieg ziehen musste." Im Westen stimmten dieser Aussage 16 Prozent zu, im Osten waren es mit 33 Prozent mehr als doppelt so viele.
Doch die CeMAS Studie zeigt auch: Seit April ist die Zustimmung zu Verschwörungserzählungen in ganz Deutschland angestiegen. Es zeigt sich: russische Propaganda funktioniert – nicht nur im Osten. Mehr dazu in der neuen recap-Folge.
17:49 Uhr | Scholz sagt Ukraine vor G20-Gipfel weitere Hilfe zu
Bundeskanzler Olaf Scholz hat einem deutschen Regierungssprecher zufolge am Freitag mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj telefoniert. Beide hätten sich im Vorfeld des G20-Gipfels über die militärische, politische und humanitäre Lage in der Ukraine ausgetauscht. "Der Bundeskanzler und der ukrainische Präsident verurteilten den anhaltenden gezielten Beschuss ziviler Infrastruktur in der Ukraine durch die russischen Streitkräfte und besprachen konkrete Maßnahmen zur Stärkung der ukrainischen Energieinfrastruktur." Scholz habe weitere Unterstützung zugesagt, vor allem in den Bereichen Energieinfrastruktur und Luftverteidigung.
16:03 Uhr | Nach Truppenabzug: Russland beschießt aufgegebenes Gebiet in Cherson
Kurz nach dem Abzug der eigenen Truppen aus der südukrainischen Gebietshauptstadt Cherson hat Russland nach eigenen Angaben mit Angriffen auf die gerade erst aufgegebene Region begonnen.
"Aktuell werden Truppen und Militärtechnik der ukrainischen Streitkräfte auf dem rechten Ufer des Flusses Dnipro beschossen", teilte Russlands Verteidigungsministerium am Freitagnachmittag mit. Noch am Freitagmorgen hatte Ministeriumssprecher Igor Konaschenkow mitgeteilt, alle russischen Einheiten in dem südukrainischen Gebiet seien auf die linke Flussseite gebracht worden.
Die ukrainische Seite hatte sich auf die Angriffe bereits eingestellt. So ließ die Pressesprecherin des Kommandos Süd der ukrainischen Armee, Natalija Humenjuk, im Fernsehen verlauten, die Streitkräfte rechneten mit "massivem Beschuss" Chersons. Das sei alleine schon durch die Nähe der neuen Verteidigungslinie der Russen auf dem gegenüberliegenden Ufer des Dnipro begründet.
14:56 Uhr | Ukrainische Truppen erreichen nach russischem Rückzug Cherson
Nach dem Rückzug russischer Truppen aus der südukrainischen Stadt Cherson haben am Freitag nun ukrainische Streitkräfte die Stadt erreicht. "Cherson kehrt unter die Kontrolle der Ukraine zurück, Einheiten der ukrainischen Streitkräfte betreten die Stadt", schrieb das ukrainische Verteidigungsministerium bei Facebook.
Russische Soldaten, die sich noch vor Ort befänden, rief er auf, "sich augenblicklich zu ergeben". Die Rückzugsrouten der "russischen Invasoren" seien unter Feuer der ukrainischen Armee, erklärte Kiew weiter. "Jegliche Versuche, sich den ukrainischen Streitkräften entgegenzustellen werden gestoppt", hieß es. Zudem wurde die blau-gelbe Fahne der Ukraine wieder auf dem Gebäude der örtlichen Gebietsverwaltung gehisst.
Die in der Stadt verbliebenen Einwohner feierten die Ankunft der ukrainischen Armee mit ukrainischen Flaggen und Hupkonzerten. Fotos und Videos in sozialen Netzwerken zeigen wie die Menschen die ersten ukrainischen Soldaten mit Umarmungen und Beifall begrüßen. Cherson hatte einmal 279.000 Einwohner. Wie viele davon noch dort leben, lässt sich nicht genau sagen. Russland hatte nach eigenen Angaben zuvor Zehntausende Menschen auf den von Moskau kontrollierten Teil des Gebiets Cherson am anderen Ufer des Flusses Dnipro gebracht. Die Ukraine spricht jedoch von Verschleppung ihrer Bürger.
14:22 Uhr | Erneuter Gefangenenaustausch zwischen Ukraine und Russland
Russland und die Ukraine haben erneut Gefangene ausgetauscht. Das teilte der Chef des ukrainischen Präsidentenbüros in Kiew, Andrij Jermak, am Freitag über den Nachrichtendienst Telegram mit. Demnach sei es gelungen, "45 Kämpfer der Streitkräfte zu befreien". Bei den Gefangenen handele es sich um Soldaten und Feldwebel. Wie viele Soldaten an die russische Seite übergeben wurden, ist nicht bekannt. Am Vortag hatte der Interimschef des von Russland beanspruchten ostukrainischen Luhansker Gebiets, Leonid Passetschnik, von mehr 35 Soldaten gesprochen, die ausgetauscht worden seien.
13:13 Uhr | Russland: Abzug aus Cherson abgeschlossen
Russland hat nach eigenen Angaben den Abzug seiner Truppen aus der südukrainischen Stadt Cherson abgeschlossen. Das Verteidigungsministerium in Moskau erklärte, alle Soldaten und sämtliche Ausrüstung seien auf das östliche Flussufer des Dnipro verlegt worden. Um 4 Uhr (MEZ) sei "der Transfer russischer Soldaten ans linke Ufer des Flusses Dnipro beendet" gewesen. "Kein einziges Teil militärischer Ausrüstung und Waffen" seien auf der anderen Flussseite zurückgelassen worden.
Die russische Nachrichtenagentur RIA Nowosti veröffentlichte Aufnahmen von russischen Militärfahrzeugen, die Cherson über die Antonowski-Brücke verließen. Mehrere russische Berichterstatter deuteten nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP an, dass die Brücke danach zerstört wurde. Dabei sei allerdings unklar geblieben, ob die Brücke von der russischen Armee gesprengt oder von ukrainischen Angriffen getroffen worden sei.
12:33 Uhr | Peskow: Kreml will militärische Offensive in Ukraine fortsetzen
Trotz des Rückzugs russischer Truppen aus dem Süden der Ukraine plant der Kreml die militärische Offensive weiter fortzusetzen. Demnach sieht der Kreml-Sprecher Dmitri Peskow kaum Chancen auf Friedensverhandlungen mit Kiew. Zwar schließe Russland Verhandlungen mit der Ukraine nicht aus, sehe aber keine Bereitschaft Kiews für Gespräche, sagte Peskow am Freitag nach Angaben russischer Nachrichtenagenturen.
"Kiew will keine Gespräche, also geht die militärische Spezialoperation weiter", sagte Peskow. Diese könne entweder mit dem Erreichen ihrer Ziele oder mit Verhandlungen beendet werden. Doch Friedensgespräche "aus der Position der Stärke" heraus, wie sie die ukrainische Seite beanspruche, seien aber nicht möglich, betonte der Sprecher von Präsident Wladimir Putin.
Außerdem äußerte sich Peskow zur Abwesenheit Putins beim G20-Gipfel im indonesischen Bali. Laut dem Kreml-Sprecher müsse Putin in Russland bleiben. Der Kremlchef habe die Entscheidung selbst getroffen. Sie hänge mit seinem "Zeitplan" zusammen. Es sei auch keine Videoansprache Putins geplant. Daher wird Moskaus Außenminister Sergej Lawrow die russische Delegation anführen.
10:30 Uhr | Strategisch wichtige Antoniwkabrücke bei Cherson eingestürzt
Medienberichten zufolge ist in der Nähe der südukrainischen Stadt Cherson die strategisch wichtige Antoniwkabrücke eingestürzt. Die Brücke sei die einzige nahegelegene Straßenverbindung aus Cherson über den Dnipro zum russisch kontrollierten Ostufer des Flusses gewesen, meldet die ukrainische Rundfunkanstalt Suspilne unter Berufung auf Anwohner.
Damit liegt die nächstmögliche Flussüberquerung für Fahrzeuge nun mehr als 70 Kilometer von Cherson entfernt. Der Sender veröffentlichte ein Foto, auf dem zu sehen ist, dass ein ganzer Abschnitt der Brücke fehlt. Weitere Details blieben jedoch offen. Cherson ist seit Wochen stark umkämpft. Am Mittwoch hatte Russland mitgeteilt, sich vom Westufer des Dnipro auf die andere Flussseite zurückzuziehen. Im Rahmen seines Abzugs aus Cherson wurden dabei laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Interfax mehr als 30.000 Soldaten an das Ostufer des Flusses Dnipro verlegt.
08:03 Uhr | Tote und Verletzte nach Raketenangriff auf Mykolajiw
Bei einem erneuten Raketenangriff hat Russland nach ukrainischen Angaben ein Wohnhaus in der Stadt Mykolajiw zerstört. Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte am Morgen: "Leider gibt es Tote und Verletzte. Such- und Rettungseinsätze laufen."
Auch der ukrainische Gouverneur des Gebietes Mykolajiw, Witalij Kim, bestätigte den Angriff. Bei Telegram schrieb er, es gebe zwei Tote und zwei Verletzte nach dem Raketeneinschlag in dem fünfgeschossigen Haus. Er veröffentlichte auch ein Foto von den Zerstörungen.
05:00 Uhr | Russische Mobilmachung löst Heiratsboom aus
Seit Russlands Präsident Wladimir Putin die Mobilmachung ausgerufen hat, erlebt Russland einen Hochzeitsboom. Das belegen regionale Daten russischer Standesämter. So meldete etwa das Standesamt des Oblastes Amur an der chinesischen Grenze, dass die Beamten im September in den ersten drei Tagen nach der Teilmobilmachung insgesamt 682 Ehen geschlossen hätten. Das seien so viele gewesen wie im gesamten August. In der Region Jekaterinburg würden derzeit wöchentlich 1.125 Ehen geschlossen, statt wie früher 700 pro Woche.
Für Schlagzeilen sorgte zuletzt die Partneranzeige eines 35-jährigen Russen aus dem sibirischen Belowo in den sozialen Netzwerken. Er schrieb in seiner Kontaktanzeige, er wolle im Todesfall "das Leben einer Landsfrau verändern". So werden Ehefrauen nach dem Tod ihres Mannes mit einer Summe von bis zu 200.000 Euro entschädigt. Gibt es jedoch keinen Ehepartner oder Verwandten fällt die Summe an den Staat.
04:40 Uhr | Biden sieht kein baldiges Ende des Krieges
US-Präsident Joe Biden zeigt sich wenig optimistisch in Bezug auf ein baldiges Ende des Krieges in der Ukraine. Vor seiner Abreise zum Klimagipfel in Ägypten gab sich Biden vor Reportern eher pessimistisch, als er zu den Aussichten auf eine baldige Beilegung des Konfliktes gefragt wurde: "Ich glaube nicht, dass der Konflikt gelöst werden kann, solange Putin nicht aus der Ukraine verschwindet."
03:30 Uhr | Deutsche Wirtschaft will einseitige Abhängigkeiten vermeiden
Die deutsche Wirtschaft will als Lehre aus Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine künftig einseitige Abhängigkeiten vermeiden. Das sagte Industriepräsident Siegfried Russwurm in Singapur. "Eine diversifizierte Wirtschaft reduziert das Risiko für Unternehmen und Volkswirtschaften insbesondere in Krisensituationen. Diskussionen zum Umgang mit wirtschaftlichen Abhängigkeiten und zum Aufbau von Resilienz bleiben notwendig – vor allem, aber nicht nur hinsichtlich China." China habe sich zwar in den vergangenen Jahrzehnten zur regionalen Drehscheibe im asiatisch-pazifischen Raum entwickelt. Die Region habe jedoch mehr zu bieten als den chinesischen Markt, so Russwurm.
00:45 Uhr | Ukraine meldet weitere Geländegewinne um Cherson
Ukrainische Truppen rücken nach den Worten von Staatschef Wolodymyr Selenskyj immer weiter in der Region Cherson vor, in deren Gebietshauptstadt die russischen Streitkräfte inzwischen auf dem Rückzug sein sollen.
Das Tempo des ukrainischen Vormarschs habe sich derart erhöht, dass die Bewohner Chersons "nun fast jede Stunde überprüfen, wo unsere Einheiten hingekommen sind und wo sonst unsere Nationalflagge gehisst worden ist", sagte Selenskyj in einer Videobotschaft. Inzwischen seien mehr als 40 Städte und Dörfer im Süden des Landes von Russland zurückerobert worden, erklärte Selenskyj weiter.
00:00 Uhr | Newsblog am Freitag, 11. November 2022
Guten Morgen, in unserem Newsblog halten wir Sie über die aktuellen Entwicklungen im Krieg in der Ukraine auf dem aktuellen Stand. Alle wichtigen Nachrichten erscheinen im Laufe des Tages hier.
Quellen: u.a. AFP, dpa, Reuters, MDR
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 11. November 2022 | 06:00 Uhr