Russland-Ukraine-Krieg Newsblog: IAEA-Chef Grossi besorgt nach Besuch des AKW Saporischschja
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29. März 2023, 22:06 Uhr
Nach seinem Besuch des russisch besetzten ukrainischen AKW Saporischschja zeigt sich der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, besorgt. Es gebe vermehrt militärische Aktivitäten. Polen will mehr Artillerie-Munition produzieren. Estland stellt Verstöße gegen Russland-Sanktionen fest. Der russische Präsident Putin spricht erstmals negative Folgen durch Sanktionen an. Mehr zu den Entwicklungen im Ukraine-Krieg und den Folgen hier im Newsblog.
Die Berichterstattung aus der Ukraine ist schwierig, da wegen der Kämpfe nur wenige unabhängige Medienvertreter im Land sind. Informationen kommen vor allem von der ukrainischen Regierung und dem Verteidigungsministerium aus Russland, die allerdings kaum überprüft werden können.
- Polen will mehr Artillerie-Munition produzieren.
- Russland meldet ukrainische Angriffe auf Melitopol.
- Die Ukraine fordert ein Ende von Adoptionen ukrainischer Waisenkinder.
- Weitere Nachrichten zum Ukraine-Krieg
Update 22:06 Uhr | IAEA-Chef besorgt um Sicherheit des AKW Saporischschja
Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, hat sich nach seiner zweiten Inspektion im russisch besetzten ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja besorgt gezeigt über die Lage dort. "Offensichtlich verbessert sich die Situation nicht. Im Gegenteil, die militärischen Aktivitäten um das Gebiet nehmen zu", sagte er nach Angaben russischer Medien am Mittwoch nach dem Besuch. Er hatte Europas größtes Kernkraftwerk zuvor bereits im September besucht.
Grossi bekräftigte demnach Pläne zu einem Sicherheitskonzept für das AKW. Die russischen und die ukrainischen Truppen werfen sich gegenseitig einen Beschuss des Kernkraftwerks vor. Grossi sagte, dass nun mit beiden Seiten Sicherheitsvorkehrungen besprochen werden sollen, um einen atomaren Zwischenfall mit radioaktiven Auswirkungen zu verhindern. "Ich bin Optimist in der Hinsicht, dass ich glaube, dass das möglich ist", sagte er.
21:32 Uhr | Spanien will Panzer, aber keine Kampfjets liefern
Spanien will die Ukraine unterstützen und sichert zu, zehn Leopard-Panzer des älteren Typs 2A4 zu liefern. Die Lieferung der ersten sechs Panzer werde in zwei Wochen erfolgen, erklärte Verteidigungsministerin Margarita Robles am Mittwoch bei einer Parlamentsdebatte über die spanische Militärhilfe für die Ukraine. Vier weitere Panzer werde man zu einem späteren Zeitpunkt schicken, denn sie müssten noch instandgesetzt werden.
Kampfjets sollen jedoch nicht an die Ukraine gesendet werden. Das schloss die Ministerin der linken Regierung von Ministerpräsident Pedro Sánchez "kategorisch" aus. Kampfjets vom Typ F-16, wie sie sich die Ukraine wünsche, habe Spanien nicht. Andere Modelle kämen nicht infrage, da die ukrainischen Piloten eine Ausbildungszeit von bis zu zwei Jahren benötigen würden, betonte die Ministerin im Unterhaus des Parlaments.
In den vergangenen Wochen sind in Spanien 55 Ukrainer als Besatzungsmitglieder und Techniker an Leopard-Kampfpanzern ausgebildet worden. Insgesamt verfügt das Land über 347 Leopard-Panzer. Davon gehören 108 zur älteren Variante 2A4 und 239 zum neueren Typ 2A6, der in Spanien 2E heißt. Von diesen neueren, kampfstärkeren Panzern will Spanien aber bisher keine an die Ukraine abgeben.
21:09 Uhr | Ukraine, Polen und Litauen kritisieren Entscheidung des IOC
Polen hat die Entscheidung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) zur begrenzten Wiederzulassung russischer und belarussischer Athleten als Skandal kritisiert. Die sei ein "Verrat am wahren Geist des Sports", schrieb Regierungschef Mateusz Morawiecki am Dienstagabend auf Twitter. "Wir werden alles tun, was wir können, um sicherzustellen, dass der Sport frei von russischem Einfluss bleibt." Vize-Außenminister Piotr Wawrzyk warf dem IOC vor, dass mit es mit einer Teilnahme russischer Sportler an Wettkämpfen Kremlchef Wladimir Putin eine Fläche für seine Propaganda gebe. Auch die litauische Bildungsministerin Jurgita Siugzdiniene war enttäuscht über die Entscheidung des IOC.
Das IOC hatte kurz nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine empfohlen, russische und belarussische Athleten von internationalen Sportveranstaltungen auszuschließen. Diese Entscheidung wurde nun teilweise revidiert. Das IOC sprach sich am Dienstag dafür aus, Sportler aus beiden Ländern unter bestimmten Voraussetzungen unter neutraler Flagge wieder starten zu lassen.
20:46 Uhr | Ukraine kündigt "Drohnenschwarm Mathias Rust" an
Der Sekretär des Nationalen Sicherheitsrats der Ukraine, Olexij Danilow, kündigte am Mittwoch Angriffe mit Drohnen an. Diese würden nach seinen Worten in Erinnerung an den deutschen Kreml-Flieger in einem "Ukrainischen Schwarm Mathias Rust" zusammengefasst sein. Danilow begründet dies mit den wiederholten russischen Angriffen mit sogenannten Kamikaze-Drohnen auf ukrainische Städte. Dazu gebe es bereits "mehrere tausend Drohnen mit einer Reichweite von bis zu 3.000 Kilometern", behauptete Danilow auf Twitter. Dazu postete er ein Foto mit dem Flugzeug, das in Moskau auf dem Roten Platz stand.
Der Deutsche Privatpilot Mathias Rust war am 28. Mai 1987 mit einer einmotorigen Cessna auf der Moskwa-Brücke vor dem Kreml gelandet. Zuvor war er in Finnland gestartet und hatte die gesamte sowjetische Flugabwehr unterflogen. Rust wollte mit seiner Aktion für den Weltfrieden demonstrieren. Auf seinen Flug folgte eine Entlassungswelle in der Führungsebene des sowjetischen Militärs.
19:47 Uhr | Dänemark birgt Objekt in der Nähe von Nord Stream 2
Dänemark hat in der Nähe der beschädigten Erdgasleitung Nord Stream 2 in der Ostsee ein mysteriöses Objekt geborgen, bei dem es sich vermutlich um eine Rauchboje handelt. Die Energiebehörde des Landes teilte mit, "die Untersuchungen deuten darauf hin, dass es sich um eine leere Rauchboje handelt." Das Objekt habe kein Sicherheitsrisiko dargestellt. Über das undefinierte Objekt hatte vor zwei Wochen erstmals der russische Präsident Wladimir Putin in einem Fernsehbeitrag im Zusammenhang mit den Anschlägen auf die Gaspipeline hingewiesen. "Spezialisten sind der Ansicht, dass es vielleicht eine Antenne zum Empfang eines Signals zur Aktivierung eines Sprengsatzes ist", sagte der Kreml-Chef.
Insgesamt vier Explosionen hatten im September in den Wirtschaftszonen Schwedens und Dänemarks in der Ostsee mehrere Lecks in die Nordstream-Pipelines gerissen, die für den Transport von russischem Gas nach Deutschland gebaut worden waren.
19:14 Uhr | Deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine
Seit mehr als einem Jahr dauert die russische Angriffskrieg gegen die Ukraine an. Das Land und Präsident Seleneskyj erhalten dabei militärische Unterstützung aus Europa und von den USA. Doch was hat Deutschland bisher an Panzer, Waffen und anderem Material geliefert?
18:32 Uhr | Dänemark, Schweden, Norwegen und Finnland kooperieren in Luftwaffe
Zu einer Art Mini-Nato haben sich Dänemark, Schweden, Norwegen und Finnland zusammengefunden. Die Sicherheitsexpertin und Politikwissenschaftlerin Minna Alander sagte im Interview mit dem MDR, die vier nordeuropäischen Länder wollen vor allem in der Luftwaffe kooperieren.
17:14 Uhr | Estland stellt 3.000 Verstöße gegen Russland-Sanktionen fest
Estlands Steuer- und Zollbehörde hat seit Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine etwa 3.000 Fälle festgestellt, bei denen die gegen Russland verhängten Sanktionen umgangen werden sollten. Die Leiterin der Zollabteilung, Külli Kurvits, sagte dem estnischen Rundfunk am Mittwoch, die Verstöße seien sowohl von Privatpersonen als auch Unternehmen aus Estland und anderen EU-Ländern begangen worden.
Nach Angaben von Kurvits verstoßen Privatpersonen vor allem gegen das Ausfuhrverbot für Bargeld und Luxusgüter nach Russland, während Unternehmen häufig das Exportverbot für Maschinen und mechanische Geräte umgehen wollen. Insgesamt zeige sich dabei eine Zunahme an Umgehungsversuchen: Allein in den ersten drei Monaten dieses Jahres seien etwa 1.500 Verstöße festgestellt worden – und damit genauso viele wie im Zeitraum Februar bis Ende 2022.
16:47 Uhr | Putin spricht erstmals negative Folgen durch Sanktionen an
Russlands Präsident Wladimir Putin hat erstmals öffentlich eingeräumt, dass die wegen der Offensive in der Ukraine gegen Moskau erlassenen Sanktionen "negative" Folgen für das Land haben könnten. "Die gegen die russische Wirtschaft verhängten Sanktionen könnten sich mittelfristig wirklich negativ auf sie auswirken", warnte der Staatschef am Mittwoch bei einer im Fernsehen übertragenen Sitzung der Regierung.
Westliche Staaten haben seit Beginn des russischen Militäreinsatzes in der Ukraine vor mehr als einem Jahr beispiellose Sanktionen gegen Moskau verhängt, die sich insbesondere gegen die Öl- und Gasexporte richten. Putin hatte wiederholt gesagt, dass Russland den massiven Strafmaßnahmen standhält.
15:45 Uhr | Haushaltsausschuss stockt Waffenhilfe für Ukraine auf
Deutschland kann seine Waffenhilfe für die Ukraine massiv aufstocken: Der Haushaltsausschuss des Bundestags billigte am Mittwoch Finanzmittel in Höhe von zwölf Milliarden Euro bis zum Jahr 2032, wie aus dem Ausschuss gegenüber der Nachrichtenagentur AFP verlautete. Verwendet werden soll das Geld für direkte Waffenlieferungen an die Ukraine sowie für Wiederbeschaffungen für die Bundeswehr, deren Bestände durch Lieferungen an die Ukraine dezimiert sind.
Insgesamt waren bislang seit Kriegsbeginn rund drei Milliarden Euro für deutsche Waffenhilfen an die Ukraine freigegeben worden. Mit dem neuen Beschluss erhöht sich diese Summe auf 15 Milliarden Euro. Zudem billigte der Ausschuss am Mittwoch den Kauf von zehn neuen Panzerhaubitzen des Typs 2000 als so genannte Wiederbeschaffung für Systeme, welche die Bundeswehr bereits an die Ukraine abgegeben hat. Der Beschluss sieht zudem eine Kauf-Option für 18 weitere derartige Panzerhaubitzen vor. Bislang hat Deutschland nach Regierungsangaben – in Zusammenarbeit mit den Niederlanden – 14 Stück davon an die Ukraine abgegeben.
15:24 Uhr | Polen will mehr Artillerie-Munition produzieren
Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine will Polen die Herstellung von Munition für die Artillerie fördern. Ministerpräsident Mateusz Morawiecki sagte am Mittwoch in Warschau, seine Regierung werde die Investitionen mit einem nationalen Munitionsprogramm in Höhe von umgerechnet etwa 427 Millionen Euro bereitstellen. Das Geld würden sowohl heimische als auch ausländische Produzenten bekommen. Zudem werde die Regierung 800.000 Artillerie-Geschosse ordern, allein dieser Auftrag habe einen Umfang umgerechnet 2,6 Milliarden Euro.
Morawiecki sagte weiter, die vergangenen Monate der Kämpfe in der Ukraine hätten Polen und seinen westlichen Verbündeten vor Augen geführt, wieviel Munition die Artillerie verbrauche. Dieser Verbrauch liege weit über den derzeitigen Produktionskapazitäten Frankreichs, Deutschlands und anderer EU-Staaten. Das nationale Munitionsprogramm solle innerhalb der kommenden ein bis zwei Jahre umgesetzt werden.
Update 13:59 Uhr | IAEA-Chef Grossi am AKW Saporischschja eingetroffen
Der Chef der UN-Atomaufsicht IAEA, Rafael Grossi, ist am umkämpften Kernkraftwerk Saporischschja im Südosten der Ukraine eingetroffen. Ein Sprecher erklärte, Grossi wolle sich vor Ort einen Überblick über die Lage verschaffen. Insgesamt ist eine 18-köpfige Delegation vor Ort. Der russische Atomkonzern Rosatom teilte mit, dass die Experten die Anlage um 16 Uhr MESZ wieder verlassen müssten. Nur einige IAEA-Spezialisten bleiben. Am Dienstag hatte der Grossi erklärt, er versuche nach wie vor, eine Vereinbarung zum Schutz der größten Atomanlage Europas zu erzielen. Die Lage sei sehr gefährlich und instabil.
Die Anlage ist von russischen Truppen besetzt und war wiederholt unter Beschuss geraten. Das schürte Sorgen, dass es zu einer Atomkatastrophe kommen könnte. Moskau und Kiew haben sich wiederholt gegenseitig die Schuld für die Angriffe gegeben. Die IAEA ist seit dem vergangenen Jahr mit eigenen Beobachtern vor Ort.
12:04 Uhr | London: Ukraine drängt Wagner-Gruppe vor Bachmut zurück
Im Kampf um die Stadt Bachmut im Osten des Landes haben ukrainische Truppen nach Einschätzung britischer Geheimdienste für Entlastung gesorgt. Demnach sind Kämpfer der russischen Wagner-Gruppe durch die jüngste Operation der Ukraine von der Route 0506 zurückgedrängt worden. "Diese kleine Landstraße ist zu einer wichtigen Nachschublinie für die ukrainischen Verteidiger geworden", teilte das britische Verteidigungsministerium mit. Die Wagner-Gruppe sei zuvor nur wenige Hundert Meter von dieser Straße entfernt gewesen. Die Kämpfe um Bachmut tobten weiter, allerdings seien die russischen Angriffe im Vergleich zu vorigen Wochen weiter auf einem geringeren Niveau.
Der Chef der Söldnertruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, erklärte unterdessen, bei der Schlacht um Bachmut habe es auf beiden Seiten schwere Verluste gegeben. Die ukrainische Armee sei "praktisch zerstört" worden, aber auch die Wagner-Einheiten hätten "leider schweren Schaden" davongetragen, erklärte Prigoschin in einer Audiobotschaft.
07:26 Uhr | Russland meldet ukrainische Angriffe auf besetzte Stadt Melitopol
Ukrainische Truppen haben Medienberichten zufolge die von Russland kontrollierte Stadt Melitopol unter Beschuss genommen. Nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur Tass ist dabei das Stromversorgungssystem beschädigt worden. Auch ein Zugdepot sei zerstört worden. Opfer habe es nach ersten Informationen nicht gegeben.
Melitopol wird seit März vergangenen Jahres von russischen Truppen besetzt. Es liegt etwa 120 Kilometer südöstlich von dem Atomkraftwerk Saporischschja, wo im Laufe des Tages der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA, Rafael Grossi, erwartet wird.
07:26 Uhr | Selenskyj lädt Chinas Präsident Xi ein
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Chinas Staatschef Xi Jinping zu einem Besuch in seinem Land eingeladen. "Wir sind bereit, ihn hier zu sehen", sagte Selenskyj in einem Interview der Nachrichtenagentur AP.
07:22 Uhr | Offenbar russische Militärmanöver mit Raketensystem
Russland beginnt nach eigenen Angaben Militärmanöver mit dem Interkontinentalraketen-System Yars. Die Übungen mit dem mobilen Yars-System werden in drei russischen Regionen durchgeführt, teilte das russische Verteidigungsministerium mit. Die Regionen benannte das Ministerium nicht. Außerdem würden "eine Reihe von Maßnahmen zur Tarnung und Abwehr moderner Luftaufklärungsmittel" durchgeführt, hieß es.
00:55 Uhr | Kiew fordert Ende illegaler Adoptionen von ukrainischen Kindern
Die stellvertretende ukrainische Ministerpräsidentin Iryna Wereschtschuk hat an die russischen Bürger appelliert, keine Kinder aus der Ukraine zu adoptieren. "Ich empfehle russischen Bürgern dringend, keine ukrainischen Waisenkinder zu adoptieren, die illegal aus den vorübergehend besetzten Gebieten der Ukraine verschleppt wurden", sagte Wereschtschuk.
Nach Angaben des ukrainischen Ministeriums für die besetzten Gebiete gelten derzeit 19.514 ukrainische Kinder als illegal deportiert. Russland stellt die Übersiedlung Tausender ukrainischer Kinder nach Russland als humanitäre Kampagne zum Schutz von Waisen und zurückgelassenen Kindern dar.
00:00 Uhr | Newsblog am Mittwoch, 29. März 2023
Guten Morgen, in unserem Newsblog halten wir Sie über die Entwicklungen im Krieg in der Ukraine auf dem aktuellen Stand. Alle wichtigen Nachrichten erscheinen im Laufe des Tages hier.
Quellen: u.a. AFP, dpa, Reuters, MDR
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 29. März 2023 | 06:00 Uhr