Fragwürdige Geschäfte in Belarus AfD-Politiker Dornau soll EU-Sanktionen gebrochen haben
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05. Dezember 2024, 10:57 Uhr
Vor Kurzem war der sächsische AfD-Politiker Jörg Dornau in die Schlagzeilen geraten, weil auf seinen Feldern in Belarus politische Gefangene arbeiten sollen. Nun bringen MDR-Recherchen neue Vorwürfe ans Licht. Hat Dornau EU-Sanktionen gebrochen?
- Gegen AfD-Politiker Jörg Dornau laufen Vorermittlungen, weil auf seiner Zwiebelfarm in Belarus politische Gefangene zur Arbeit eingesetzt werden sollen.
- Zoll-Dokumente legen nahe, dass Dornau eine Staplermaschine nach Belarus geliefert hat, entgegen den EU-Sanktionen.
- Dornau soll sich selbst um die Zoll-Dokumente gekümmert haben.
Ermittlungen wegen politischen Gefangenen auf Zwiebelfarm
Sie zählen zur mächtigsten Waffe der EU gegen Russland und seine Verbündeten: Um Putins Kriegswirtschaft zum Erliegen zu bringen sind mittlerweile zahlreiche Sanktionen in Kraft. Sie verbieten den Handel, den Import und den Export bestimmter Waren, nicht nur von und nach Russland, sondern auch mit jenen Ländern, die Russland in seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine unterstützen – so wie Belarus.
Das Land gilt als undemokratisch und autoritär. Der seit 30 Jahren amtierende Machthaber Lukaschenko als "letzter Diktator Europas". Fast täglich kommt es zu willkürlichen Festnahmen. Selbst ohne Sanktionen meiden viele Firmen das Land.
Nicht so Jörg Dornau. Der Politiker sitzt für die AfD im Sächsischen Landtag und betreibt in Belarus eine Zwiebelfarm, mit der er erst vor wenigen Wochen in die Schlagzeilen geraten war. Denn auf den Feldern, die das belarussische Regime dem sächsischen Politiker bereitgestellt hat, sollen auch politische Gefangene zur Arbeit eingesetzt worden sein.
Zunächst hatte im belarussische Auslandsmedium "reform.news" ein ehemaliger Häftling über die Arbeit auf Dornaus Feldern berichtet, MDR-Recherchen hatten die Vorwürfe wenig später erhärtet. Zahlreiche Medien griffen die Berichterstattung auf, die Staatsanwaltschaft leitete Vorermittlungen ein, die bis heute laufen.
Dornau selbst wollte sich zu den Vorwürfen nicht äußern - Vorwürfe, die nun eine neue Qualität bekommen. Denn dem MDR liegen Unterlagen, Zolldokumente und Zeugenaussagen vor, die nahelegen, dass Jörg Dornau EU-Sanktionen umgangen haben könnte.
Staplermaschine nimmt Umweg über Kasachstan
Im Sommer 2022 verschickt seine sächsische Firma "Landprojekt Dornau" einen Manitou MLT 731 aus Polen. Eine Staplermaschine, die schwere Ladungen fast sieben Meter in die Höhe heben und stapeln kann. Sie ist wuchtig und wiegt fast sieben Tonnen.
Die Staplermaschine soll aus Polen nach Kasachstan. So weit, so gewöhnlich. Doch dann wird es merkwürdig. Denn die Adresse, an die die Staplermaschine gesendet wird, ist eine Wohnung in der Stadt Almaty in Kasachstan.
Ob der tonnenschwere Manitou dort je ankommt, ist fraglich. Denn zur gleichen Zeit geht auch in Polens Nachbarland Belarus eine Zollanmeldung ein. Für den exakt gleichen Teleskoplader. Laut Papieren kommt der nun aus Kasachstan nach Belarus.
Warum sollte jemand mit einer tonnenschweren Maschine einen Umweg von mehr als 8.000 Kilometern machen, nur um sie aus Polen ins angrenzende Nachbarland zu bringen?
Einfuhrverbot nach Belarus
Die Zolldokumente, die dem MDR vorliegen, geben darauf selbst keine Antwort. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle womöglich schon. "Güter mit dem KN-Code 8427 sind von Anhang XIV der Verordnung (EG) Nr. 765/2006 erfasst und unterliegen seit dem 02.03.2022 (Verordnung (EU) 2022/355) einem Exportverbot nach Belarus", so ein Sprecher der Behörde auf MDR-Anfrage.
Mit anderen Worten: Diese Maschine aus der EU nach Belarus zu bringen, war verboten und ist es bis heute. Durch den Transport über Polen und Kasachstan nach Belarus könnte dieses Verbot umgangen worden sein. Denn für Kasachstan gibt es keine Exportbeschränkungen, für Belarus aber schon. Das Land unterstützt Russland bei dessen Angriffskrieg in der Ukraine, weshalb gegen Belarus Sanktionen in einem nie dagewesenen Ausmaß verhängt wurden.
Sanktionsumgehungen gibt es ständig. Im Fall von Kasachstan offenbar so viele, dass die EU ein eigenes Sanktionspaket verabschiedete, um das Unterlaufen der Sanktionen durch Drittländer zu verhindern. Doch wusste Jörg Dornau, dass er mit der Ausfuhr gegen geltendes Recht verstoßen würde? Eine Frage, die der Politiker auf MDR-Anfrage unbeantwortet ließ.
Dornau persönlich mit Unterlagen befasst
Im Umfeld von Dornaus Firma in Belarus hört man jedenfalls, Dornau sei selbst mit den Zollunterlagen befasst gewesen und soll sogar angewiesen haben, firmeninterne Unterlagen so zu verändern, dass die genaue Bezeichnung der Staplermaschine wegfiel.
Das Umgehen von Sanktionen kann auch mit Freiheitsstrafen von bis zu 15 Jahren geahndet werden.
Tatsächlich handelt es sich bei Sanktionsumgehungen keineswegs um "Kavaliersdelikte", erklärt David Rösch, Rechtsanwalt bei der Kanzlei NOERR. Wer fahrlässig handle, riskiere ein Bußgeld von bis zu einer halben Million Euro. Komme man in den strafrechtlich relevanten Bereich, so Rösch, könne das Umgehen von Sanktionen auch mit Freiheitsstrafen von bis zu 15 Jahren geahndet werden. Das wäre beispielsweise bei gewerbsmäßigem Handeln der Fall.
Spricht man mit Ermittlern über die Dokumente und Informationen heißt es, der Transportweg über Kasachstan sei zumindest grundsätzlich auffällig, da es sich bei einer Lieferung aus Polen über Kasachstan nach Belarus um einen geographischen Umweg handle. Zudem sei auch bei solchen Waren ein Appartment als Firmensitz und Lieferadresse etwas, bei dem man aufmerksam würde.
Zwei Vorermittlungsverfahren laufen bereits gegen Jörg Dornau: Eines bei der Generalstaatsanwaltschaft in Dresden zur Frage, ob sich Dornau, dem das Regime in Belarus mehr als 1.500 Hektar zur Bewirtschaftung überlassen hat, möglicherweise wegen Bestechlichkeit strafbar gemacht haben könnte. Ein anderes Verfahren liegt derzeit bei der Staatsanwaltschaft in Leipzig, bei dem es um den Einsatz politischer Gefangener auf Dornaus Feldern geht. Womöglich kommt bald noch ein Drittes dazu.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR AKTUELL | 04. Dezember 2024 | 21:45 Uhr