Festtagsbraten Die Weihnachtsgans – ein polnischer Exportschlager
Hauptinhalt
24. Dezember 2024, 05:00 Uhr
Die Weihnachtsgänse, die in vielen deutschen Familien als Festmahl gereicht werden, kommen überwiegend aus Polen. Dort allerdings war die Gans bis vor kurzem wenig populär. Doch das ändert sich gerade.
Inhalt des Artikels:
Seit 40 Jahren züchtet Andrzej Klonecki Gänse – und ist damit reich geworden. Auf seinem Hof in der Region Kujawien im Norden Polens leben 1.000 Gänse und 40.000 Küken. Mit zehn Hektar Land hat er angefangen, heute sind es 70.
Von den Vorzügen der Gänsezucht ist er so überzeugt, dass er seit einigen Jahren versucht, Gänse vor allem bei kleineren Bauern wieder populär zu machen. Denn: Tiere, die mehr Auslauf haben und nicht eng an eng leben wie in großen Farmen, schmecken besser: "Dazu sind die kleineren Bauernhöfe, mit maximal 300 Gänsen, perfekt geeignet", sagt Klonecki. Dort könne man noch die "glückliche" polnische Gans kaufen. Außerdem sind die Gänse-Daunen, die er exportiert, ein lohnendes Geschäft. Denn sie sind hochwertig und besonders in Japan beliebt. Jedes Jahr gehen ungefähr 100 Tonnen polnische Daunen nach Japan, wo der Preis für eine Daunendecke bis zu 4.000 Euro betragen kann.
Die Rückkehr der Gans
Schon vor mehr als 100 Jahren haben Kloneckis Großvater und Urgroßvater ihre Gänse über die Grenze zwischen Russland und Preußen getrieben – Polen war damals zwischen den beiden Staaten aufgeteilt. Auch heute noch gehen die meisten seiner Gänse ins Ausland. Zwei Drittel der in Polen produzierten 1,11 Millionen Gänse wurden im Jahr 2023 nach Deutschland exportiert. In absoluten Zahlen waren das 9.400 Tonnen Fleisch im Wert von 68 Mio. Euro. Polen ist Europas größter Gänsefleisch- und Gänsedaunenproduzent.
Nur ein Bruchteil der Produktion gelangt aber auf polnische Tische. Lange schien der altpolnische Brauch des Kleinadels, Gänse zu braten, den meisten Polen zu umständlich und zu kostspielig. Doch Gänse liegen heute wieder im Trend. Nicht zuletzt, weil sich das Bewusstsein für gutes Fleisch verändert hat – Gänsefleisch gilt als gesund. Auch die Züchter haben einiges zur Popularität der Gans beigetragen, zum Beispiel mit kulinarischen Reisen und einem breiteren Angebot.
Von Gänsen und Bräuten In Polen war es lange Tradition, die Braut mit einer dicken Daunendecke für den neuen Lebensweg auszustatten. Das Gansrupfen, zu dem sich alle Frauen aus der Familie, aber oft auch Nachbarinnen versammelten, war ein wichtiges Ereignis im Dorf. Und natürlich galt die Daune nur dann als richtig wertvoll, wenn sie von einer lebenden Gans kam. Trotz EU-Verbot werden in Polen auch heute noch Gänse lebend gerupft. Beim sogenannten "kleinen" Rupfen werden angeblich nur die Federn rausgezogen, die von selbst rausgehen. Das ist laut EU-Recht nicht explizit verboten.
Ein Züchter mit Vision
Damit es das gute Gänsefleisch der Kleinbauern auch in die Supermärkte schafft, hat Klonecki die "Stiftung der Züchter der weißen polnischen Gans" gegründet. Die soll dafür sorgen, dass die Gänse professionell und unter Einhaltung von Veterinärvorschriften geschlachtet werden. "In Zukunft wollen wir die kleinen Bauernhöfe mit einem mobilen Schlachthof bereisen. Dann werden diese Gänse auch in den Supermärkten zu kaufen sein", so die langfristige Vision von Klonecki. Zudem exportiert die Stiftung auch die Daunen der Gänse.
Die unterschätzte Gans
Bis vor einigen Jahren haben die Polen von der eigenen Gänseproduktion nur etwa zwei Prozent verzehrt. Der Rest ging ins Ausland. Jetzt sind es immerhin zehn Prozent. Doch noch immer essen die Polen viel weniger Gänsefleisch als die Deutschen. Während jeder Deutsche über drei Kilo pro Jahr isst, liegt der Pro-Kopf-Konsum in Polen bei etwa 500 Gramm. Hier wird die Gans also immer noch unterschätzt. Dabei ist etwa das Gänsefett ähnlich wertvoll wie Olivenöl, so Experten. Gänsefleisch hat im Vergleich zu anderen Fleischarten ein günstiges Verhältnis von Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren.
Der Artikel wurde in einer längeren Version erstmalig 2017 veröffentlicht und 2024 von der Redaktion aktualisiert.
(baz)
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR um 2 | 01. Dezember 2020 | 13:59 Uhr