Oksana Pokaltschuk, Amnesty Ukraine
Als Ukraine-Chefin von Amnesty International zurückgetreten: Oksana Pokaltschuk. Bildrechte: IMAGO/Italy Photo Press

Russland-Ukraine-Krieg Newsblog: Ukraine-Chefin von Amnesty tritt aus Protest zurück

06. August 2022, 22:57 Uhr

Aus Protest gegen einen Amnesty-Bericht ist die Ukraine-Chefin der Organisation zurückgetreten. Bundesnetzagentur-Chef Müller fordert die Deutschen auf, mindestens 20 Prozent Energie zu sparen. Der britische Militärgeheimdienst rechnet mit einer russischen Schwerpunktverlagerung vom Donbass in den Süden. Aktuelle Nachrichten zum Krieg in der Ukraine im Newsblog.

Die Berichterstattung aus der Ukraine ist schwierig, da wegen der Kämpfe nur wenige unabhängige Medienvertreter im Land sind. Informationen kommen vor allem von der ukrainischen Regierung und dem Verteidigungsministerium aus Russland, die allerdings kaum unabhängig verifiziert werden können.

22:57 Uhr | Erster Ausländischer Frachter für Getreideexport eingetroffen

Nach dem Abkommen zur Wiederaufnahme von Getreideexporten auf dem Seeweg ist erstmals ein ausländischer Frachter in der Ukraine eingetroffen. Der unter der Flagge von Barbados fahrende Fulmar S habe im Schwarzmeerhafen von Tschornomorsk angelegt und solle mit Getreide beladen werden, teilte Infrastrukturminister Olexander Kubrakow am Samstag mit. Es handle sich um das erste unter ausländischer Flagge fahrende Frachtschiff seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar.

18:46 Uhr | IAEA drängt auf Zugang zu AKW Saporischschja

Die Internationale Atomenergiebehörde drängt nach dem Beschuss des ukrainischen Kernkraftwerks Saporischschja erneut auf einen Zugang zu der von Russland besetzten Anlage. IAEA-Chef Rafael Grossi sagte, der Angriff unterstreiche "die sehr reale Gefahr einer nuklearen Katastrophe".

Der Besuch eines IAEA-Teams vor Ort würde helfen, die nukleare Sicherheit vor Ort zu stabilisieren und unabhängige Informationen über den Zustand des AKWs zu liefern.

16:30 Uhr | AKW-Betreiber gibt weitere Einzelheiten zu Beschuss bekannt

Nach Angriffen auf das Gelände des Kernkraftwerks Saporischschja im Süden der Ukraine hat der Betreiber Enerhoatom Einzelheiten bekannt gegeben. Danach haben die Bombardements ein "Hilfsgebäude" und eine Stick- und Sauerstoffstation "schwer beschädigt". Wie bereits am Freitag mitgeteilt, wurde das "Notfallschutzsystem" ausgelöst und einer der Reaktoren heruntergefahren. Es bestehe weiterhin die Gefahr radioaktiver Strahlung sowie ein erhöhtes Brandrisiko. Das ukrainische Personal arbeite aber und das Kraftwerk produziere trotzdem weiterhin Strom.

Kiew und Moskau werfen sich gegenseitig vor, für den Beschuss verantwortlich zu sein. Die EU verurteilte unterdessen die "militärischen Aktivitäten Russlands rund um das Atomkraftwerk Saporischschja". Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell schrieb im Kurznachrichtendienst Twitter: "Dies ist ein schwerwiegender und unverantwortlicher Verstoß gegen die Regeln der nuklearen Sicherheit und ein weiteres Beispiel für Russlands Missachtung internationaler Normen."

Russische Truppen hatten das größte Atomkraftwerk Europas bereits im März, kurz nach Beginn ihres Angriffskrieges, unter ihre Kontrolle gebracht. Die Ukraine wirft Russland vor, von dort Angriffe zu führen und das Kraftwerk dabei als Schutzschild zu missbrauchen.

15:30 Uhr | Özdemir will Vorgaben für Bauern lockern

Die Bundesregierung schlägt zum Kampf gegen den weltweiten Getreidemangel vor, bestimmte Vorgabe für die Bauern zu lockern. Das Landwirtschaftsministerium teilte mit, Minister Özdemir habe einen entsprechenden Vorschlag an die Bundesländer verschickt. Demnach soll die EU-Regelung zu zusätzlichen Artenschutzflächen statt 2023 erst 2024 gültig werden. Auch soll eine Ausnahme beim sogenannten Fruchtfolgenwechsel ermöglichen, dass nächstes Jahr Weizen auf Flächen ausgesät wird, in denen das Getreide schon dieses Jahr angebaut wurde. Gleiches gilt für Sonnenblumen und Hülsenfrüchte. Özdemir sprach von einem Kompromiss, der auch wehtue, so beim Artenschutz. Die Landwirte brauchten aber Planungssicherheit, was sie in wenigen Wochen aussäen dürften. Für eine Umsetzung müssen noch die Länder zustimmen.

Der Bauernverband begrüßte den Schritt. Zustimmung kam auch aus den unionsgeführten Bundesländern sowie vom Koalitionspartner FDP. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace warf Özdemir dagegen vor, dem Druck der Agrarlobby nachgegeben zu haben.

14:44 Uhr | Ukraine-Chefin von Amnesty tritt zurück

Die Leiterin des Ukraine-Büros der Menschenrechtsorganisation Amnesty International, Oksana Pokaltschuk, ist zurückgetreten. Sie gab die Entscheidung am späten Freitagabend in den Online-Netzwerken bekannt. Sie beschuldigte Amnesty darin, russische Propaganda zu übernehmen. Hintergrund ist die Veröffentlichung eines Berichts der Organisation über die ukrainische Armee. Darin wirft Amnesty dieser vor, Zivilisten gefährdet zu haben. Als Beispiel wurde unter anderem die Einrichtung von Stützpunkten in Wohngebieten, Schulen und Krankenhäusern genannt.

Pokaltschuk sagte, sie habe die Leitungsspitze von Amnesty gewarnt, dass der Bericht einseitig sei und die ukrainische Position nicht ausreichend berücksichtige. Sie sei jedoch ignoriert worden. Der Bericht hatte  in Kiew Empörung ausgelöst. Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte, man könne nicht tolerieren, wenn Opfer und Angreifer auf eine Stufe gestellt werden.

14:05 Uhr | Briten erwarten neuen russischen Schwerpunkt im Süden

Der Krieg in der Ukraine steht nach Einschätzung des britischen Militärgeheimdienstes unmittelbar vor einer neuen Phase. Die meisten Kämpfe könnten sich demnach vom Donbass an eine fast 350 Kilometer lange Front im Südwesten parallel zum Dnjepr zwischen Saporischschija und Cherson verlagern.

Soldaten der Odessa-Brigade sind in einer Kampfstellung zu sehen.
Spezialkräfte der Russischen Armee im Gebiet Cherson. Bildrechte: IMAGO/ITAR-TASS

Wie das britische Verteidigungsministerium mit Blick auf den jüngsten Geheimdienstbericht twitterte, versammeln die russischen Streitkräfte im Süden starke Truppenkonzentrationen. Entweder erwarteten sie dort eine ukrainische Gegenoffensive oder bereiteten selbst einen Angriff vor, hieß es. Dem Bericht zufolge ziehen noch immer lange russische Konvois aus Panzern, Militärlastwagen und Artillerie vom Donbass in Richtung Südwesten. Taktische Bataillone, die 800 bis 1.000 Soldaten umfassen, seien auf der Halbinsel Krim stationiert worden und würden sehr wahrscheinlich die russischen Truppen in Cherson unterstützen.

Die britischen Einschätzung deckt sich auch mit Analysen und Vermutungen russischer Kriegsberichterstatter. Demnach könnte es das Ziel der Russen sein, die durch monatelangen Artillerie- und Luftwaffeneinsatz stark geschwächten ukrainischen Kräfte im Donbass durch eine große Zangenbewegung von Süden und Norden her abzuschneiden.

Der ehemalige militärische Berater von Ex-Kanzlerin Angela Merkel, Brigadegeneral a.D. Erich Vad, hatte bereits Mitte Juli in einem NTV-Interview auf die russische "Eskalationsdominanz im Operationsgebiet" hingewiesen. Demnach könnten die Russen "beliebig viele Soldaten, Kampfpanzer, Schützenpanzer und Flugzeuge" aus dem Hinterland nachschieben. Glaubt man den britischen Geheimdienstanalysen, könnte dies nun im Süden der Front tatsächlich der Fall sein.

13:08 Uhr | 21.000 Ukrainer wollen in Deutschland studieren

Rund 21.000 ukrainische Schulabgänger und Studierende wollen nach Angaben der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) in Deutschland studieren. Wie HRK-Präsident Peter-André Alt den Zeitungen der Funke-Mediengruppe sagte, geht das aus dem bis Juni erfassten Studieninteresse in Deutschland hervor. Hinzu kämen noch 10.000 Studierende, die aus der Ukraine geflohen seien, jedoch keine ukrainische Staatsbürgerschaft hätten. Vor Beginn des Kriegs galt die Ukraine als beliebter Studienort, gerade für junge Menschen aus ärmeren Ländern. Die Angaben seien allerdings "volatil", weil eine verlässliche Zahl der sich tatsächlich in Deutschland aufhaltenden Studieninteressenten nicht einfach zu erfassen sei, sagte Alt.

11:15 Uhr | Uefa bestraft Fenerbahce Istanbul wegen "Putin"-Fangesängen

Die Europäische Fußball-Union hat den türkischen Rekordmeister Fenerbahce Istanbul wegen "Putin"-Fangesängen zu einer Geldstrafe von 50.000 Euro verurteilt. Wie die Uefa bekanntgab, wurde der Verein zudem mit einer Teil-Aussperrung seiner Fans auf Bewährung belegt. Als Begründung wurde unter anderem die Übermittlung einer provokativen Botschaft mit beleidigendem Charakter genannt. Die Fenerbahce-Anhänger hatten während eines Champions League -Qualifikationsspiels gegen Dynamo Kiew (1:2) am 27. Juli den Namen des russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin skandiert.

09:20 Uhr | Netzagentur-Chef will Deutsche 20 Prozent Energie sparen lassen

Die Deutschen müssen aus Sicht der Bundesnetzagentur deutlich mehr Energie sparen als bislang angenommen. Das sagte Behördenchef Klaus Müller der "Welt am Sonntag" und verwies auf die neuerlichen Kürzungen der russischen Gaslieferungen. "Wenn wir nicht kräftig sparen und kein zusätzliches Gas bekommen, haben wir ein Problem." Ein Mangel werde sich nur verhindern lassen, wenn Verbraucher mindestens 20 Prozent einsparten. Zusätzlich müssten auch die Durchleitungen von Gas an Nachbarländer um 20 Prozent reduziert werden. Außerdem brauche es zusätzliche zehn bis 15 Gigawattstunden Gas-Lieferungen aus anderen Ländern.

06:00 Uhr | Newsblog am Sonnabend, 6. August 2022

Guten Morgen, in unserem Newsblog halten wir Sie über die aktuellen Entwicklungen im Krieg in der Ukraine auf dem aktuellen Stand. Alle wichtigen Nachrichten erscheinen im Laufe des Tages hier.

Quellen: u.a. AFP, dpa, Reuters, MDR

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 06. August 2022 | 06:00 Uhr

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