Katia Novominski 4 min
Bildrechte: Privat
4 min

Es liegt auch an uns, wie wir mit schwierigen Situationen umgehen. Herausforderungen können auch ein Sprungbrett für persönliche Entwicklung sein, meint Religionspädagogin Katja Novominski.

MDR KULTUR - Das Radio Fr 09.08.2024 15:30Uhr 04:16 min

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Audio

MDR KULTUR | 09.08.2024 Schabbat Schalom mit Katia Novominski: "Es liegt in unserer Hand!"

09. August 2024, 04:00 Uhr

Es liegt auch an uns, wie wir mit schwierigen Situationen umgehen. Herausforderungen im Leben können auch ein Sprungbrett für die persönliche Entwicklung sein, meint die Religionspädagogin Katja Novominski in ihrer Auslegung des Wochenabschnitts "Dvarim".

Diese Woche beginnen wir mit der Lesung des letzten Buches Mose – Dvarim. Das Wort Dvarim bedeutet Worte oder Sachen. Ein weiterer Name des Buches ist Mischne Tora, die "zweite" oder "wiederholte" Tora, denn im Grunde genommen ist das ganze Buch eine Wiederholung und zum Teil Neuformulierung der Worte der Tora. Es lässt sich als Moses' Testament, als seine weisenden Abschiedsworte an das jüdische Volk verstehen. 37 Tage vor seinem Tod beginnt Moses damit, die neue Generation auf das Leben im Land Israel vorzubereiten.

"Das Buch Dvarim ist zukunftsorientiert"

Bei allem Respekt stellt sich nun aber folgende Frage: Wenn alle Inhalte des Buches "nur" eine Neuerzählung der vorangegangenen Gebote und Geschichten sind, gibt es dann überhaupt etwas Neues, das wir daraus lernen können? Die Antwort liegt eigentlich auf der Hand: auf jeden Fall! Wir wissen, dass jeder Buchstabe der Tora von Bedeutung ist, und dass sie nie an Aktualität verlieren wird.

Auch im Wochenabschnitt Dvarim können wir einige interessante Gedanken für uns finden. Hier ist einer davon. Gleich der erste Vers des Kapitels fängt mit folgenden Worten an: "Dies sind die Reden, die geredet Moscheh zu ganz Jisrael diesseits des Jarden in der Wüste." Auf den ersten Blick fällt einem nichts Besonderes auf. Wenn man aber weiß, was der letzte Satz des vorhergehenden Kapitels ist, dann wird man stutzig. Im Kapitel 36 des vierten Buches Mose, Vers 13 steht: "Das sind die Gebote und die Rechte, die HaSchem geboten durch Moscheh den Kindern Jisrael in den Steppen Moab am Jarden von Jerecho." Das Volk Israel hat sich in der Zwischenzeit nicht vom Fleck bewegt. Weshalb wird plötzlich aus einer sehr genauen Beschreibung des Ortes ein vages "diesseits des Jarden"?

Die Antwort liegt in der Natur bzw. dem Unterschied zwischen den beiden Büchern. Das vierte Buch Mose, Bamidbar, auf deutsch: In der Wüste, ist der langen 40-jährigen Wüstenwanderung gewidmet. In diesem Kontext ist die genaue Benennung des Ortes ein Teil der Geschichte. Das Buch Dvarim hingegen vollzieht eine Wende. Es ist zukunftsorientiert, die Augen gerichtet auf das Heilige Land. Deswegen ist der Ort nicht mehr mit der Wüste assoziiert, sondern mit dem Land Israel – diesseits des Jarden.

Die Perspektive wechseln

Was hat das alles nun mit uns zu tun? Sehr viel! Was wir hier sehen, ist ein Narrativwechsel! Wir haben einen Einfluss darauf, wie wir die Ereignisse unseres Lebens betrachten, und was wir daraus für die Zukunft lernen.

Ist eine bestimmte Situation für mich wie die Wüste – kahl, leer, aussichtslos? Oder ist sie nur ein Meilenstein auf dem Weg zu meinem Ziel?

Wir Menschen sind in dieser Hinsicht einmalig. Wir haben die Kraft, es selbst zu entscheiden. Mehr noch, wir können gewissermaßen auch in die Vergangenheit reisen, nämlich in unsere eigene. Die Bewertung dessen, was mit uns passiert ist, liegt auch in unserer Hand!

Ich wünsche allen, dass Sie aus diesen Gedanken Kraft und Motivation schöpfen, positiv in die Zukunft zu blicken und die Herausforderungen des Lebens als Sprungbrett für die persönliche Entwicklung zu betrachten!

In diesem Sinne – Schabbat schalom!

Zur Person: Katia Novominski Katia Bruria Novominski, geboren 1985 in Kiew, aufgewachsen in Dresden. Studierte Gymnasiallehrerin für Physik und Russisch. Vor 20 Jahren fing sie mit jüdischer Jugendarbeit in Sachsen an, später arbeitete sie sechs Jahre im Vorstand der Jüdischen Gemeinde in Dresden und leitete Bildungsprojekte bei der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST). Geschäftsführerin der Jüdischen Kultusgemeinde Karlsruhe, anschließend Leiterin der Repräsentanz der Jewish Agency for Israel in Berlin, jetzt Geschäftsführerin des Bundes traditioneller Juden in Deutschland (BtJ), Rebbetzin der jüdischen Gemeinden in Halle und Dessau, Religionslehrerin in Sachsen-Anhalt und – das ist ihr am wichtigsten: Ehefrau von Rabbiner Portnoy und Mutter von vier Söhnen.

Schabbat Schalom bei MDR KULTUR Die Sendung bezieht sich auf die jüdische Tradition, die fünf Bücher Moses im Gottesdienst der Synagoge innerhalb eines Jahres einmal vollständig vorzulesen. Dabei wird die Thora in Wochenabschnitte unterteilt. Zugleich ist es häufige Praxis, die jeweiligen Wochenabschnitte auszulegen.

Bei MDR KULTUR geben die Autorinnen und Autoren alltagstaugliche Antworten auf allgemeine Lebensfragen, mit denen sie auch zur persönlichen Auseinandersetzung anregen. Zugleich ist "Schabbat Schalom" eine Einführung in die jüdische Religion, Kultur und Geschichte.

"Schabbat Schalom" ist immer freitags um 15:45 Uhr bei MDR KULTUR zu hören sowie online abrufbar bei mdr.de/religion.

Schabbat Schalom: Alle Sendungen im Überblick

Katia Novominski 4 min
Bildrechte: Privat
Katia Novominski 4 min
Bildrechte: Privat
4 min

Was ist der höhere Sinn? Das Leben mit seinen positiven und negativen Seiten zu leben, und in allem den spirituellen Aspekt zu entdecken – das empfiehlt die Religionspädagogin Katia Novominski aus Halle.

MDR KULTUR - Das Radio Fr 09.02.2024 15:30Uhr 03:52 min

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Audio

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | MDR KULTUR | 09. August 2024 | 15:45 Uhr