Alexander Nachama in der Synagoge in Erfurt 3 min
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Was Gottesfurcht und Glaubensstärke eigentlich bedeuten, darüber denkt Rabbiner Alexander Nachama in seiner Auslegung des Wochenabschnitts Beschalach nach.

MDR KULTUR - Das Radio Do 06.02.2025 14:30Uhr 03:00 min

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MDR Kultur | 06.02.2025 Schabbat Schalom mit Rabbiner Alexander Nachama: "Dass wir den Glauben stets behalten"

06. Februar 2025, 11:00 Uhr

Der Glaube an Gott kann in schweren Zeiten Halt geben. Und in schönen Zeiten erinnert er uns daran, dankbar zu sein, meint Rabbiner Alexander Nachama in seiner Auslegung des Wochenabschnitts "Beschalach".

Wir feiern in dieser Woche einen besonderen Schabbat, nämlich Schabbat Schira, den "Schabbat des Liedes". Gemeint ist das Lied von Mosche und den Israeliten am Schilfmeer. Während die Israeliten trockenen Fußes am anderen Ufer ankommen, schließt sich das Meer für ihre Verfolger, die Ägypter, und diese ertrinken im Meer.

Die Euphorie unter den Israeliten ist groß, es heißt: "Israel sah die gewaltige Stärke, welche der Ewige an Ägypten betätigt hatte. Das Volk fürchtete den Ewigen und sie glaubten an Gott und an Mosche, seinen Diener."

"Das Volk fürchtete den Ewigen"

Die erste Hälfte des Zitats erscheint logisch: Die Zehn Plagen in Ägypten, das Spalten des Meeres: Das waren eindrückliche Zeichen für die, wie es heißt, "gewaltige Stärke" Gottes.

Schauen wir auf die zweite Hälfte des Zitats: "Das Volk fürchtete den Ewigen." Furcht wird meist als etwas Negatives wahrgenommen. Wenn man Furcht als "Angst vor einer drohenden Gefahr" definiert, dann ist dies durchaus nachvollziehbar.

Aber was bedeutet das in Bezug auf Gott? Gott ist doch keine drohende Gefahr und entsprechend brauchen wir keine Angst vor Gott haben.

Dazu heißt es in der rabbinischen Interpretation: Was sollen wir fürchten? Wir sollen Gottes Gerechtigkeit fürchten. Selbst Dinge, die anderen Menschen verborgen bleiben, sieht Gott. Sowohl positive, gute Taten, aber auch schlechte, sündhafte.

Das bedeutet also: Furcht ist hier nicht negativ gemeint, sondern positiv: Zu wissen, dass Gott stets mit uns ist, dementsprechend aber sieht, was wir tun: ob gut oder schlecht.

Es heißt weiter: "Sie [die Israeliten] glaubten an Gott und an Mosche, seinen Diener."

Der Glaube an den einen und einzigen Gott ist vielfach in der Tora verankert, etwa in den Zehn Geboten, die im nächsten Wochenabschnitt vorkommen. Aber was bedeutet es, wenn es heißt, dass die Israeliten an Mosche glaubten? Mosche war ein Mensch, kein Gott und dementsprechend ist es undenkbar, an einen Menschen zu glauben.

Jedoch sollte man vorsichtig sein und die Zitate nicht aus dem Kontext reißen. Zuerst spielt die Reihenfolge hier eine wichtige Rolle. Als erstes steht, dass die Israeliten an Gott glaubten.

Zudem heißt es, dass Mosche "Gottes Diener" ist. Das bedeutet, dass Mosche den Israeliten Gottes Worte überlieferte, sie ihnen überbrachte. So ist dieses Zitat zu verstehen: Da das Volk an Gott glaubte, glaubten sie auch den Worten seines Dieners, Mosche. Es ist also nicht der Glaube an eine Person, sondern auch hier ist der Glaube an Gott gemeint.

Ich wünsche uns, dass auch wir diesen Glauben stets behalten mögen, dass er uns durch unser Leben begleitet. Dass er uns in schweren Zeiten einen Halt gibt und in schönen Zeiten niemals vergessen lässt, dankbar zu sein.

In diesem Sinne wünsche ich Schabbat Schalom!

Zur Person: Alexander Nachama Geboren 1983 in Frankfurt am Main. 2005 erhielt er von Rabbiner Zalman Schachter-Shalomi, dem Gründer der Rabbiner- und Kantorenschule "Aleph", eine Urkunde als Kantor. 2008 erhielt er einen Bachelor in Judaistik (Freie Universität Berlin), 2013 einen Master (Universität Potsdam).

Ab 2007 absolvierte er eine Ausbildung am Abraham Geiger Kolleg mit Studienaufenthalten in Israel, die er 2013 mit der Ordination zum Rabbiner abschloss. 1998 - 2011 amtierte Alexander Nachama zunächst als ehrenamtlicher Vorbeter, später als Kantor in der Jüdischen Gemeinde zu Berlin.

In den Jahren 2012 - 2018 war er Gemeinderabbiner der Jüdischen Gemeinde zu Dresden, bis August 2023 Landesrabbiner der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen. Inzwischen ist Alexander Nachama der zuständige Militärrabbiner für Berlin und Brandenburg.

Schabbat Schalom bei MDR KULTUR Die Sendung bezieht sich auf die jüdische Tradition, die fünf Bücher Moses im Gottesdienst der Synagoge innerhalb eines Jahres einmal vollständig vorzulesen. Dabei wird die Thora in Wochenabschnitte unterteilt. Zugleich ist es häufige Praxis, die jeweiligen Wochenabschnitte auszulegen.

Bei MDR KULTUR geben die Autorinnen und Autoren alltagstaugliche Antworten auf allgemeine Lebensfragen, mit denen sie auch zur persönlichen Auseinandersetzung anregen. Zugleich ist "Schabbat Schalom" eine Einführung in die jüdische Religion, Kultur und Geschichte.

"Schabbat Schalom" ist immer freitags um 15:45 Uhr bei MDR KULTUR zu hören sowie online abrufbar bei mdr.de/religion.

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | MDR KULTUR | 06. Februar 2025 | 15:45 Uhr