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Rabbinerin Esther Jonas-Märtin Bildrechte: MDR/ Michaela Weber
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Die Parascha Schemot, auf Deutsch "Namen", ist nicht nur der Name des Textes dieser Woche, es ist auch der Name für das zweite Buch Moses, bekannt unter dem Namen "Exodus".

MDR KULTUR - Das Radio Fr 17.01.2025 15:30Uhr 03:24 min

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Schabbat Schalom | 17.01.2024 Moses' besondere Mission

17. Januar 2025, 12:00 Uhr

Gott kann Wunder wirken. Dabei ist er auf die Menschen angewiesen, auf ihren Mut und ihr Handeln – davon zeigt sich die Leipziger Rabbinerin Esther Jonas-Märtin in ihrer Auslegung des Wochenabschnitts "Schemot" überzeugt.

Unsere Parascha Schemot, auf Deutsch "Namen", ist nicht nur der Name des Textes dieser Woche, es ist auch der Name für das zweite Buch Moses, bekannt unter dem Namen "Exodus".

Exodus: Befreiung der Israeliten aus der Sklaverei

In vielerlei Hinsicht ist das Buch Schemot/Exodus das jüdischste Buch der gesamten fünf Bücher Mose. Es beginnt mit den Ursprüngen des jüdischen Volkes, frisch befreit aus der ägyptischen Sklaverei, von Moses durch die Wüste geleitet hin zum Berg Sinai, wo das Volk Israel und G'tt einen Bund miteinander schließen.

Und so beginnt unser Text mit den Namen der Stämme, die mit Jakob nach Ägypten kommen in einer Zeit, in der ein Pharao regiert, der wohlwollend gegenüber den Israeliten ist. Auf ihn folgt ein Pharao, der die Israeliten als gefährlich einstuft, sie versklavt und schließlich verlangt, dass alle männlichen Neugeborenen getötet werden.

Jochebed, die Mutter von Moses, rettet ihr Kind, indem sie es in einem Korb auf dem Nil aussetzt. Moses wird von der Tochter des Pharaos gefunden und als Ägypter erzogen. Als Erwachsener tötet Moses einen ägyptischen Aufseher aus Wut über dessen Grausamkeit gegenüber den israelitischen Sklaven. Moses flieht nach Midian, arbeitet als Schäfer, heiratet Zipporah, kehrt nach der Begegnung mit G'tt im brennenden Dornbusch nach Ägypten zurück und verlangt die Freilassung der Israeliten aus der Sklaverei. Der Pharao weigert sich, und es folgt das göttliche Versprechen, den Pharao dafür zu bestrafen.

Das göttliche Versprechen hat allerdings eine Bedingung: Moses muss die Aufgabe übernehmen, die versklavten Menschen in die Freiheit zu führen.

Niemand schafft Wunder allein

Seit der Begegnung mit G'tt in der Wüste in der Form des brennenden, aber nicht verbrennenden Dornbusches, sieht sich Moses einer unfassbar gewaltigen Aufgabe gegenüber: Er soll dem Pharao gegenübertreten, er, der als Prinz Ägyptens aufgewachsen ist und schließlich fliehen musste. Er, der ein Schäfer geworden ist und als Midianiter, fern von israelitischen Traditionen, an der Seite Zipporahs lebt. Ein Fremder also. Viele Widersprüche und viele Vorbehalte. Und doch zeigt sich, dass Moses der Richtige für diese Aufgabe ist, und er ist klug genug, sich Hilfe zu holen – niemand muss Wunder allein schaffen!

Tatsächlich sind seine Schwester Miriam und sein Bruder Aaron nun seine wichtigsten Verbündeten und Cheerleader. Letztlich ist es allein Moses Entscheidung, diese Aufgabe zu übernehmen. Es ist seinem Mut, seiner Fähigkeit und seinem Vertrauen zu verdanken, dass wir noch heute davon lesen, welche "Wunder" G'tt durch Moses geschehen lässt. Sicherlich ist es korrekt, von göttlichen Wundern zu sprechen, aber ohne menschlichen Mut und menschliches Handeln wäre da kein Ort für diese Wunder.

In Krisenzeiten nicht den Kopf in den Sand stecken

Angesichts der Situation in der Welt können wir den Kopf in den Sand stecken, so ohnmächtig wie Sklaven. Wir können aber auch entscheiden, selbst Ursache für Wunder zu sein. Wir können zum Beispiel Spenden sammeln für Menschen in Kriegs- und Krisengebieten. Wir können uns um Obdachlose vor der eigenen Haustür kümmern oder um verlassene Tiere in den Tierheimen. Wir können dafür sorgen, dass Menschen eine Ausbildung bekommen.

Wir können Spenden sammeln, uns um Obdachlose kümmern, uns verlassener Tiere annehmen oder dafür sorgen, das Menschen eine Ausbildung bekommen.

Für welches Wunder wollen Sie Wegbereiter sein? Für welche Freiheit wollen Sie eintreten? Für welche Rechte wollen Sie sich stark machen?

Denken Sie daran: Wir alle zusammen machen das Wunder!

Schabbat Schalom!

Zur Person: Rabbinerin Esther Jonas-Märtin Esther Jonas-Märtin absolvierte Jüdische Studien, studierte Literaturwissenschaft, Moderne Geschichte und Religionswissenschaften in Leipzig und Potsdam und erwarb 2006 den Master of Arts.

2017 schloss sie ihr Studium zur Rabbinerin mit dem Master of Arts in Rabbinics und der Rabbinischen Ordination in Los Angeles ab.

Sie ist Initiatorin und Gründerin des Lehrhauses Beth Etz Chaim in Leipzig (2018) sowie Referentin und Autorin einer Vielzahl von Artikeln und Beiträgen in den Themenbereichen: moderne jüdische Geschichte, Gender, Jiddische Poesie, Jüdische Ethik und Judentum.

Schabbat Schalom bei MDR KULTUR Die Sendung bezieht sich auf die jüdische Tradition, die fünf Bücher Moses im Gottesdienst der Synagoge innerhalb eines Jahres einmal vollständig vorzulesen. Dabei wird die Thora in Wochenabschnitte unterteilt. Zugleich ist es häufige Praxis, die jeweiligen Wochenabschnitte auszulegen.

Bei MDR KULTUR geben die Autorinnen und Autoren alltagstaugliche Antworten auf allgemeine Lebensfragen, mit denen sie auch zur persönlichen Auseinandersetzung anregen. Zugleich ist "Schabbat Schalom" eine Einführung in die jüdische Religion, Kultur und Geschichte.

"Schabbat Schalom" ist immer freitags um 15:45 Uhr bei MDR KULTUR zu hören sowie online abrufbar bei mdr.de/religion.

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 17. Januar 2025 | 15:45 Uhr