MDR KULTUR | 14.03.2025 | Wochenabschnitt "Ki Tissa" Schabbat Schalom mit Katia Novominski: Jeder Einzelne ist wichtig
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13. Februar 2025, 11:01 Uhr
Alle Menschen sind gleich, und zugleich ist jeder Mensch einzigartig – mit seinen Stärken und Schwächen und seiner persönlichen Geschichte. Das ist die Botschaft des Wochenabschnitts "Ki Tissa" für die Hallenser Religionspädagogin Katia Novominski.
Diese Woche lesen wir den Wochenabschnitt Ki Tissa. Die wohl prominenteste Erzählung der Woche ist die vom Gießen des Goldenen Kalbes, worauf Mosche die erste Version der Bundestafeln zerstört. Dies ist aber nicht der einzige Inhalt unserer Woche. Ich möchte gerne über einen anderen Gedanken sprechen.
Gleich zu Beginn des Abschnitts lesen wir in Kapitel 31, Vers 13 folgende Worte: "Das sollen sie geben, jeglicher, der durch die Musterungen geht: einen halben Schekel nach dem Schekel des Heiligtums – zwanzig Gerah der Schekel – die Hälfte des Schekels, als Hebe für HaSchem."
Um es mit einfachen Worten kurz zusammen zu fassen: Jeder Mensch soll Gott einen halben Schekel als Buße für die Sünde des goldenen Kalbes darbringen. Nicht mehr und nicht weniger, unabhängig vom Alter, Status, Vermögen oder irgendwelchen anderen Faktoren.
Unsere Weisen erklären an vielen Stellen ausführlich, was die symbolische Bedeutung eines halben Schekels ist, weshalb ausgerechnet eine Hälfte und nicht ein ganzer, und so weiter und so fort.
In späteren Generationen wurde dann der halbe Schekel als Steuer für den Tempel eingesammelt. Von diesem Geld wurden Tiere für gemeinschaftliche Opferungen erworben.
In der Mischna, der ersten großen Niederschrift der mündlichen Tora, lesen wir im Seder Moed, Traktat Schkalim direkt in Vers 1 folgendes: "Am ersten Adar werden Bekanntmachungen in Bezug auf die Tempelsteuer und die gemischten Arten erlassen."
Zwei Fragen ergeben sich sofort aus diesem kleinen Satz. Was sind denn "gemischte Arten", und was haben diese mit der Tempelsteuer überhaupt zu tun?
Bei den gemischten Arten handelt es sich um einen religionsgesetzlichen Begriff aus der Tora – es gibt eine Reihe von Verboten, unterschiedliche Arten miteinander zu mischen. Es ist zum Beispiel verboten, Weizen und Weintrauben zusammen auf einem Feld anzubauen.
Ein anderes Beispiel wäre Schaatnes – ein Verbot Stoffe zu tragen, die sowohl Leinen wie Wolle enthalten. Jetzt, wo wir die erste Frage beantwortet haben, wird die zweite noch dringlicher. Was möchte uns die Tora damit sagen?
Sehr viel, meinen unsere Weisen und zeitgenössische Rabbiner, wie Rabbi Yossy Godmann aus Südafrika. Die Mischna lehrt uns etwas sehr Wichtiges.
Alle Menschen sind gleich, und zugleich ist jeder Mensch einzigartig. Der halbe Schekel steht für Gleichheit und Gleichberechtigung – es gibt keine "besseren" Menschen, jeder einzelne ist wichtig für uns und für G-tt, und wir dürfen keinen Unterschied machen.
Gleichzeitig sagt uns das Verbot der Artenmischung noch etwas anderes – jeder steht für sich, ist einzigartig und kann nicht "gemischt" oder verwechselt werden. Jeder Mensch ist eine einzigartige, individuelle Persönlichkeit – mit seinen Stärken und Schwächen, mit seiner persönlichen Geschichte, seinen besonderen Herausforderungen und Leistungen.
Zwischen diesen beiden Polen – der Gleichheit und der Einzigartigkeit - besteht kein Widerspruch! Beide gehören zum komplexen Bild eines Menschen, und das sollten wir immer bedenken.
Es ist eine Lehre für uns, die ihre Anwendung in der Bildung und Erziehung, im Arbeitsleben und grundsätzlich im gesellschaftlichen Zusammenleben finden sollte. So zumindest wünsche ich es mir und uns allen!
In diesem Sinne – Schabbat Schalom!
Zur Person: Katia Novominski Katia Bruria Novominski, geboren 1985 in Kiew, aufgewachsen in Dresden. Studierte Gymnasiallehrerin für Physik und Russisch. Vor 20 Jahren fing sie mit jüdischer Jugendarbeit in Sachsen an, später arbeitete sie sechs Jahre im Vorstand der Jüdischen Gemeinde in Dresden und leitete Bildungsprojekte bei der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST). Geschäftsführerin der Jüdischen Kultusgemeinde Karlsruhe, anschließend Leiterin der Repräsentanz der Jewish Agency for Israel in Berlin, jetzt Geschäftsführerin des Bundes traditioneller Juden in Deutschland (BtJ), Rebbetzin der jüdischen Gemeinden in Halle und Dessau, Religionslehrerin in Sachsen-Anhalt und – das ist ihr am wichtigsten: Ehefrau von Rabbiner Portnoy und Mutter von vier Söhnen.
Schabbat Schalom bei MDR KULTUR
Die Sendung bezieht sich auf die jüdische Tradition, die fünf Bücher Moses im Gottesdienst der Synagoge innerhalb eines Jahres einmal vollständig vorzulesen. Dabei wird die Thora in Wochenabschnitte unterteilt. Zugleich ist es häufige Praxis, die jeweiligen Wochenabschnitte auszulegen.
Bei MDR KULTUR geben die Autorinnen und Autoren alltagstaugliche Antworten auf allgemeine Lebensfragen, mit denen sie auch zur persönlichen Auseinandersetzung anregen. Zugleich ist "Schabbat Schalom" eine Einführung in die jüdische Religion, Kultur und Geschichte.
"Schabbat Schalom" ist immer freitags um 15:45 Uhr bei MDR KULTUR zu hören sowie online abrufbar bei mdr.de/religion.
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | MDR KULTUR | 14. März 2025 | 15:45 Uhr