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Fluch kann sich in Segen verwandeln. Und ganz gleich, welche Pläne sich Menschen ausdenken – es ist Gott, der ihr Leben lenkt. Davon erzählt der Wochenabschnitt Balak, den Michal Natovich auslegt.

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Schabbat Schalom mit Michal Natovich| MDR KULTUR | 19.07.2024 Wochenabschnitt Balak - Wenn ein Fluch zum Segen wird

18. Juli 2024, 09:48 Uhr

Fluch kann sich in Segen verwandeln. Und ganz gleich, welche Pläne sich Menschen ausdenken – es ist Gott, der ihr Leben lenkt. Davon erzählt der Wochenabschnitt Balak, den die Leipziger Religionspädagogin Michal Natovich auslegt.

In dieser Woche lesen wir im Wochenabschnitt "Balak" eine der interessantesten und überraschendsten Geschichten, die den Israeliten in der Wüste widerfahren ist. Es ist die Geschichte eines Fluchs, der sich in einen schönen und mächtigen Segen verwandelte. Dieser Segen wurde von einer mysteriösen Person namens Bileam ausgesprochen, die versuchte, die Israeliten zu verfluchen.

Aber als Bileam seinen Mund öffnete, legte G‘tt Worte des Segens und des Lobes für Israel hinein. Wer war dieser mysteriöse Bileam? Warum versuchte er überhaupt, Israel zu verfluchen? Und was können wir aus dieser Geschichte lernen?

Bileam wird in den jüdischen Quellen einerseits als ein Mann mit großen magischen Kräften beschrieben, ein mächtiger Prophet, der mit G‘tt sprechen konnte. Aber andererseits hatte er schlechte Absichten gegenüber den Israeliten und versuchte, gegen den Willen G‘ttes zu arbeiten. In unserem Wochenabschnitt wurde Bileam vom König von Moav, Balak, gebeten, zu gehen und die Israeliten zu verfluchen, als sie in der Wüste in die Nähe der Region von Moav zogen.

König Balak fühlte sich von der unerklärlichen Macht der Israeliten bedroht. Denn er sah, dass sie es geschafft hatten, aus Ägypten zu fliehen und beobachtete, dass sie in der Wüste überlebten und immer näher an sein Land kamen. Er hoffte, dieses außergewöhnliche Volk mit der Magie der Worte bekämpfen zu können und sie zu verfluchen, damit sie verschwinden.

Balak schickt also Leute zu Bileam und bittet ihn, seine Kräfte einzusetzen, um die Israeliten zu verfluchen. Bileam weigert sich zunächst, denn er weiß, dass G‘tt das nicht zulassen würde. Also sagt er zu Balaks Männern, dass er nur die Worte sagen kann, die G‘tt ihm in den Mund legt.

Doch Balaks Versprechen, ihm Reichtum zu schenken, und vielleicht auch sein Hass auf die Israeliten überzeugen Bileam schließlich davon, G‘tt erneut darum zu bitten, ihn mit den Männern Balaks ziehen zu lassen. Als G‘tt sieht, dass Bileam unbedingt gehen will, sagt er ihm, dass er gehen kann.

Die Tora betont aber, dass G‘tt eigentlich sehr zornig auf ihn war, weil Bileam dachte, er könne sich gegen G‘ttes Willen stellen oder ihn ändern. Vielleicht um Bileam seine eigene Blindheit zu zeigen, stellt G‘tt ihm einen Engel mit einem Schwert in den Weg, der ihm den Weg versperrt. Bileam aber ist zu blind, um das zu sehen, so wie er zu blind ist, um den klaren Willen G‘ttes zu erkennen. Schließlich kommt Bileam bei Balak an und versucht, das zu tun, wofür er gekommen ist. Dreimal versucht er es, aber statt eines schrecklichen Fluchs kommen prächtige lobende Worte aus seinem Mund, die uns zeigen, dass der Wille G‘ttes und sein Bund mit Israel stärker sind.

Auf Jiddisch gibt es ein berühmtes Sprichwort: "Mann Tracht, Un G‘tt Lach" - "Der Mensch plant, und G‘tt lacht."  So verkehrten sich die Pläne von Bileam und Balak ironischerweise ins Gegenteil. Und so kamen Israels größte Worte der Lobpreisung aus dem Mund ihres Feindes:

"Wie schön sind deine Zelte, o Jakob; wie schön sind deine Häuser, Israel!" Numeri 24,5

 und in diesem Sinne - Schabbat Schalom!

Zur Person: Michal Natovich Michal Natovich wurde 1979 in Israel geboren und wuchs in einer modernen orthodox-jüdischen Familie auf. Sie studierte Literatur auf Lehramt und arbeitete nach ihrem Diplom-Abschluss mehrere Jahre als Lehrerin für Hebräische Sprache und Literatur an einer israelischen Schule.

Seit 2012 wohnt sie mit ihrer Familie in Leipzig. Dort war sie als Hebräisch-Dozentin in verschiedenen Institutionen tätig.

Seit 2020 arbeitet sie als Lehrerin für Jüdische Religion in Leipzig und Dresden.

Schabbat Schalom bei MDR KULTUR Die Sendung bezieht sich auf die jüdische Tradition, die fünf Bücher Moses im Gottesdienst der Synagoge innerhalb eines Jahres einmal vollständig vorzulesen. Dabei wird die Thora in Wochenabschnitte unterteilt. Zugleich ist es häufige Praxis, die jeweiligen Wochenabschnitte auszulegen.

Bei MDR KULTUR geben die Autorinnen und Autoren alltagstaugliche Antworten auf allgemeine Lebensfragen, mit denen sie auch zur persönlichen Auseinandersetzung anregen. Zugleich ist "Schabbat Schalom" eine Einführung in die jüdische Religion, Kultur und Geschichte.

"Schabbat Schalom" ist immer freitags um 15:45 Uhr bei MDR KULTUR zu hören sowie online abrufbar bei mdr.de/religion.

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | MDR KULTUR | 19. Juli 2024 | 15:45 Uhr