Rabbiner Alexander Nachama 3 min
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Schabbat Schalom | MDR Kultur | 04.10.2024 Wochenabschnitt "Ha’asinu": Versöhnung finden und Treue halten

02. August 2024, 11:00 Uhr

Die Zeit zwischen Rosch ha-Schana und Jom Kippur erinnert Jüdinnen und Juden daran, wie mächtig Gott ist. Sie lehrt, dass Gott ihnen die Treue hält, aber auch wie wichtig es ist, Gott treu zu bleiben, meint Rabbiner Alexander Nachama in seiner Auslegung des Wochenabschnitts.

Wir befinden uns gerade in der Zeit zwischen Rosch ha-Schana, dem jüdischen Neujahrsfest und Jom Kippur, dem Versöhnungstag. Es ist die Zeit der Zehn Bußtage, passend dazu auch der besondere Name, den der Schabbat in dieser Woche trägt: Schabbat Schuwa, benannt nach den ersten Worten der Haftara, wo es heißt: "Kehre zurück, Israel, zum Ewigen, deinem Gott, denn du bist gestrauchelt durch deine Sünde."

Tatsächlich bleibt nicht mehr viel Zeit zur Umkehr, denn in genau einer Woche beginnt Jom Kippur. So sollten man diese Woche nutzen, um zu reflektieren, wo man anderen Unrecht getan hat, und um Versöhnung zu finden! So bekommen wir jedes Jahr die wunderbare Möglichkeit, alles Negative und Schlechte hinter uns zu lassen: Es liegt an uns dies mit Aufrichtigkeit und Dankbarkeit wahrzunehmen.

Die Treue von Gott zu den Israeliten

Der Wochenabschnitt Ha‘asinu zeichnet sich dadurch aus, dass er, bis auf einige Verse zum Schluss, ein Lied der Hoffnung und der Warnung ist. Es ist eines von insgesamt drei Liedern, die Mosche zugeschrieben werden. Die Hoffnung, die in dem Lied ausgedrückt wird, beruht unter anderem darauf, dass Gott den Israeliten immer treu bleiben wird: "Ein Fels ist er (…). Ein Gott der Treue, ohne Fehl."

Treue zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass man nicht nur in guten Zeiten, sondern auch in schweren, konfliktreichen Zeiten zusammenhält. Das ist einfacher gesagt als getan – schließlich hängen Krisen oft mit der Frage zusammen, wer daran "schuld" ist.

Denken wir an das ständige Murren der Israeliten, weil sie Hunger und Durst haben. Es mag gar nicht aufhören, dennoch bleibt Gott den Israeliten schlussendlich treu. Das gibt ein Gefühl der Sicherheit, dass auch alle Herausforderungen, die in der Gegenwart oder Zukunft liegen mögen, gemeistert werden.

Es heißt weiter: „Wie der Adler sein Nest bewacht, über seinen Jungen schwebt, wie er seine Flügel ausbreitet und es hoch auf seinen Schwingen trägt, so führt der Ewige dieses Volk, er allein, kein fremder Gott mit ihm.“

Keinem fremden Gott verfallen

Kurz vor seinem Tod äußert Mosche die Zuversicht, dass Gott die Israeliten stets anführen wird. Dass die Israeliten niemals einem fremden Gott verfallen werden. Heute liegt das in unseren Händen: Wir sollen keinen fremden Göttern verfallen.

Zu diesem Thema könnte man viel sagen. Wie bestimmte Leute, meist Stars, vergöttert werden: Zum Beispiel der sogenannte "Fußballgott" oder auch so manche Musikerin oder so mancher Musiker.

So passt dieses Lied gut in die Zeit zwischen Rosch ha-Schana und Jom Kippur, denn es erinnert uns noch einmal daran, wie mächtig Gott ist. Es lehrt, dass Gott uns die Treue hält, aber auch wir Gott treu bleiben sollen.

Ich wünsche allen Hörerinnen und Hörern versöhnliche Tage.

Schabbat Schalom!

Zur Person: Alexander Nachama Geboren 1983 in Frankfurt am Main. 2005 erhielt er von Rabbiner Zalman Schachter-Shalomi, dem Gründer der Rabbiner- und Kantorenschule "Aleph", eine Urkunde als Kantor. 2008 erhielt er einen Bachelor in Judaistik (Freie Universität Berlin), 2013 einen Master (Universität Potsdam).

Ab 2007 absolvierte er eine Ausbildung am Abraham Geiger Kolleg mit Studienaufenthalten in Israel, die er 2013 mit der Ordination zum Rabbiner abschloss. 1998 - 2011 amtierte Alexander Nachama zunächst als ehrenamtlicher Vorbeter, später als Kantor in der Jüdischen Gemeinde zu Berlin.

In den Jahren 2012 - 2018 war er Gemeinderabbiner der Jüdischen Gemeinde zu Dresden, bis August 2023 Landesrabbiner der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen. Inzwischen ist Alexander Nachama der zuständige Militärrabbiner für Berlin und Brandenburg.

Schabbat Schalom bei MDR KULTUR Die Sendung bezieht sich auf die jüdische Tradition, die fünf Bücher Moses im Gottesdienst der Synagoge innerhalb eines Jahres einmal vollständig vorzulesen. Dabei wird die Thora in Wochenabschnitte unterteilt. Zugleich ist es häufige Praxis, die jeweiligen Wochenabschnitte auszulegen.

Bei MDR KULTUR geben die Autorinnen und Autoren alltagstaugliche Antworten auf allgemeine Lebensfragen, mit denen sie auch zur persönlichen Auseinandersetzung anregen. Zugleich ist "Schabbat Schalom" eine Einführung in die jüdische Religion, Kultur und Geschichte.

"Schabbat Schalom" ist immer freitags um 15:45 Uhr bei MDR KULTUR zu hören sowie online abrufbar bei mdr.de/religion.

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | MDR KULTUR | 04. Oktober 2024 | 15:45 Uhr