MDR KULTUR | 22.11.2014 Schabbat Schalom: Rebekka – starke Frau aus der Bibel
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22. November 2024, 12:12 Uhr
Hilfsbereit und einfühlsam, doch zugleich entschlossen, der Wahrheit zu ihrem Recht zu verhelfen: Das ist Rebekka, eine der starken Frauen in der Bibel. So porträtiert sie die Leipziger Religionspädagogin Michal Natovich in ihrer Auslegung des Wochenabschnitts "Chaje Sara".
Was ist das Vorbild für eine Frau in die Bibel? Was können wir aus den Geschichten von Frauen in der Bibel lernen? Unser Wochenabschnitt, Chaje Sara, "Saras Leben", beginnt, ironischerweise, nicht mit dem Leben, sondern mit dem Tod der ersten Erzmutter, Sara, Abrahams Frau. Er fährt fort mit der Darstellung des komplexen und starken Charakters von Rebekka, der zweiten Erzmutter.
Nach dem Tod und der Beerdigung Saras in Chebron beginnt Abraham, nach einer geeigneten Frau für seinen Sohn Isaak zu suchen. Abraham versteht, dass seine künftige Schwiegertochter nicht unter den Frauen des Ortes, die Götzendienerinnen sind, zu suchen ist. Sondern dass sie vielmehr aus seiner alten Heimatstadt Nahor stammen muss, wo seine ursprüngliche Familie lebt. Daher schickt er seinen treuen Diener Elieser nach dort. Elieser nimmt Kamele und Schmuck mit auf seine Reise, damit er nicht mit leeren Händen kommt. Und er beschließt, dass die Frau für Isaak eine Frau sein sollte, die die Fähigkeit hat, sich um andere in Not zu kümmern. Und so bittet er Gott, ihm die Frauen zu senden, die dem Kamel und ihm Wasser geben werden.
Gnade und Großzügigkeit
Er hat noch nicht einmal die Gelegenheit, sein Gebet zu Gott zu beenden, als er Rebekka, die Enkelin von Abrahams Bruder, mit einem Wasserkrug vom Brunnen kommen sieht. Er bittet sie, ihm etwas von dem Wasser zu geben, was sie sofort tut und dabei auch seine Kamele tränkt, was für ein junges Mädchen offensichtlich eine schwere Arbeit ist. Dem Leser des biblischen Textes ist klar, dass dies genau die Frau ist, nach der Elieser gesucht hat: schnell und voller Energie, bereit, selbst einem Fremden zu helfen. Diese Eigenschaften der Gnade und Großzügigkeit machten sie zur geeigneten Frau für Isaak, als zweite Erzmutter und als Vorbild für die kommenden Frauen-Generationen. Aber zwischen den Zeilen kann man auch noch eine andere Eigenschaft erkennen, die hervorragt.
Rebekka stammt aus einer schwierigen Familie. Ihr Vater und ihr Bruder sind ziemlich bekannt für ihre Gier und ihr Schummeln. Sie interessieren sich für das Gold und die Kamele, die Elieser mitbringt, sind aber nicht wirklich bereit, Rebekka mit Elieser auf dem Weg nach Kennan gehen zu lassen. Jedenfalls nicht so schnell. "Lasst uns das Mädchen noch ein Jahr oder zehn Monate behalten", sagen sie zu Elieser (Genesis, 24, 55). Aber Elieser, der vielleicht versteht, mit wem er es zu tun hat, bittet darum, sofort gehen zu dürfen. Also versuchen sie es mit einem anderen Trick. "Wir wollen das Mädchen rufen und sie selbst befragen", sagen sie zu Elieser (Genesis, 24, 57). Sie versuchen es. Sie denken, dass ein junges Mädchen wie Rebekka ihre Familie und ihre Heimatstadt nicht so schnell verlassen möchte, nur um einen unbekannten Mann zu heiraten. Aber überraschenderweise antwortet Rebekka, dass sie gehen möchte. Wie Abraham, der sein Zuhause und seine Heimat hinter sich gelassen hat, möchte auch sie einen neuen Weg und eine neue Bedeutung für ihr Leben finden.
Mut, sich auf das Unbekannte einzulassen
Es ist klar, dass es absolut ihre eigene Entscheidung ist. Man kann an ihrem Charakter erkennen, dass sie schon in jungen Jahren eine starke Meinung hat, sogar gegen den Willen ihrer Familie. Sie hat den Mut, sich auf das Unbekannte einzulassen und Risiken einzugehen. Diese innere Stärke kommt auch später in ihrem Leben zum Tragen, als sie erkennt, dass von ihren beiden Söhnen Jakob – und nicht Esau – die Führung der Familie übernehmen sollte. Also handelt sie, nein, sie fordert Jakob auf, den Segen der Erstgeburt zu übernehmen und das gegen Isaaks Willen. In ihrer Geschichte erfahren wir, dass sie beides in sich trug: eine Seite, die bereit war, anderen in Not zu helfen und sich um sie zu kümmern, aber auch eine Seite, die in der Lage war, selbst gegen den Willen anderer harte Entscheidungen zu treffen, um der Wahrheit zu folgen.
Rebekka beweist, dass wahrer Mut nicht nur darin liegt, Risiken einzugehen, sondern auch in der Entschlossenheit, für eine größere Wahrheit einzustehen.
Rebekkas Leben erinnert uns daran, dass es oft diese Mischung aus Mitgefühl und Entschlossenheit ist, die es einem Menschen ermöglicht, das Leben anderer zu prägen und den Lauf der Geschichte zu verändern.
Ihre Charakterstärke, gepaart mit ihrem Glauben, machen sie zu einem Vorbild für Frauen und Männer gleichermaßen – damals wie heute.
Schabbat Schalom!
Zur Person: Michal Natovich
Michal Natovich wurde 1979 in Israel geboren und wuchs in einer modernen orthodox-jüdischen Familie auf. Sie studierte Literatur auf Lehramt und arbeitete nach ihrem Diplom-Abschluss mehrere Jahre als Lehrerin für Hebräische Sprache und Literatur an einer israelischen Schule.
Seit 2012 wohnt sie mit ihrer Familie in Leipzig. Dort war sie als Hebräisch-Dozentin in verschiedenen Institutionen tätig.
Seit 2020 arbeitet sie als Lehrerin für Jüdische Religion in Leipzig und Dresden.
Schabbat Schalom bei MDR KULTUR
Die Sendung bezieht sich auf die jüdische Tradition, die fünf Bücher Moses im Gottesdienst der Synagoge innerhalb eines Jahres einmal vollständig vorzulesen. Dabei wird die Thora in Wochenabschnitte unterteilt. Zugleich ist es häufige Praxis, die jeweiligen Wochenabschnitte auszulegen.
Bei MDR KULTUR geben die Autorinnen und Autoren alltagstaugliche Antworten auf allgemeine Lebensfragen, mit denen sie auch zur persönlichen Auseinandersetzung anregen. Zugleich ist "Schabbat Schalom" eine Einführung in die jüdische Religion, Kultur und Geschichte.
"Schabbat Schalom" ist immer freitags um 15:45 Uhr bei MDR KULTUR zu hören sowie online abrufbar bei mdr.de/religion.
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | MDR KULTUR | 22. November 2024 | 15:45 Uhr