Trend: Serienmarathon Was ist Binge-Watching?
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22. Dezember 2023, 00:01 Uhr
Mit den Streamingdienst-Angeboten ist das unaufhaltsame "Weg-Konsumieren" von Serien erst so richtig in Fahrt gekommen. Auch wenn man vielleicht bereits früher schon hin und wieder mal einige Serien oder Filme hintereinander geschaut hat, so steht "Bingen", wenn auch als ziemlich unproduktive Tätigkeit, erst jetzt sinnbildlich für ausgesprochenes Marathonschauen und Dauerberieselung bewegter Bilder. Doch was hat es mit dem Binge-Watching eigentlich noch auf sich?
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Wofür steht Binge-Watching?
Es ist "quasi das Durschauen einer Serie in sehr sehr kurzer Zeit", weiß eine junge Frau aufzuklären, die sich dieser Frage unserem Kamerateam in der Erfurter Fußgängerzone stellt, während sich einige ältere Semester hier mit der Antwort mitunter ein wenig schwertun.
Dabei kennen, unabhängig vom Alter, so ziemlich alle von uns das Phänomen des Serien-Durchschauens und marathonartigen Dranbleibens – wenn auch nicht direkt unter dem Begriff des Binge-Watchings.
Was ist Binge-Watching?
2015 erklärte das "Collins English Dictionary" "binge-watch" zum Wort des Jahres. Binge-Watching steht für einen kulturellen Trend, bei dem jemand Videomaterial suchtartig, bildlich etwa wie im Rausch, mehrere Episoden am Stück sieht. Wörtlich übersetzt bedeutet es: "Gelage-artiges Zuschauen".
Dabei ist "Binge-Watching" dem ursprünglichen, englischen Begriff "binge drinking" entlehnt, der eine Form des Alkoholmissbrauchs beschreibt und in der Übersetzung "Rauschtrinken" beziehungsweise umgangssprachlich "Komasaufen" bedeutet.
Schon gewusst? Mittlerweile gehört es zum guten Ton mit neuen Bekanntschaften oder alten Freunden den aktuellen Serienkonsum zu diskutieren. Daher liegt Binge-Watching voll im Trend. Und wer es mit dem Bingen bewusst auf die Spitze treiben will oder "effizienter" Bingen möchte, überspringt nicht nur die Intros, sondern schaut Serien mitunter in doppelter Geschwindigkeit.
Denn das "Dauerglotzen", wie man das Phänomen umgangssprachlich auch benennen könnte, liegt einigen von uns fast schon in den Genen und bot schon früher eine Möglichkeit des Zeitvertreibs: etwa mit Serienveröffentlichungen auf VHS-Kassetten und DVDs. Das Bingen an sich ist jedoch erst durch die großen Streaminganbieter und Mediatheken aber auch durch Videoplattformen, auf denen man nahezu unendlich Videomaterial anschauen kann, zum Trend geworden.
War früher noch stundenlanges Fernsehen verpönt, gilt das in Zeiten von Binge-Watching heute nicht mehr, weiß Maren Lickhardt. Die Medienwissenschaftlerin gibt an, dass die Gründe dafür beispielsweise an der hohen Qualität beliebter und ausgezeichneter (TV-)Serien liegen und meint: "Das ist ganz entscheidend. Gäbe es diese guten Serien nicht, wäre Bingen sicherlich heute auch noch verpönt."
Ein Go fürs Marathonschauen?
Bessere Serien gleich besseres Image? Maren Lickhardt erklärt: "Tatsächlich muss man sagen, dass dieses bessere Image auch nicht immer ganz gerechtfertigt ist. Denn in der Masse produzieren die Streamingdienste natürlich nicht alle geniale Serien. Aber der Diskurs hat sich, glaube ich, nachhaltig verändert durch diese wenigen wirklich ganz grandiosen Serien die es gab, über die jeder gesprochen hat. Dadurch wurde das salonfähig."
In Zeiten der ausschließlich linearen Ausstrahlung im Fernsehen war Bingen noch nicht möglich. Ob "Dallas", "Denver", "Miami Vice" und Co.: Man musste früher auf die Ausstrahlung seiner Lieblingsserie warten und konnte nicht einfach so mehrere Episoden schauen. Hätten es jedoch, beispielsweise bereits in den 90ern, die technischen Voraussetzungen zugelassen, hätte es das Binge-Watching bereits früher schon gegeben, ist sich die Medienwissenschaftlerin sicher: "Die Menschen haben schon immer versucht, sich lange Rezensionserlebnisse zu verschaffen. Und das Bingen gibt ihnen eigentlich das, was sie immer schon wollten."
Heute schon gebinged?
Ob fünf Folgen am Stück oder etwa bis zu 15 Stunden Dauerberieselung am Wochenende: Serien sind für uns heute in der Regel jederzeit verfügbar – immer und auf jedem Gerät. Kaum ist eine Folge zu Ende, springt auch schon die nächste an. Das führt dazu, dass viele von uns häufiger als gedacht bereits mitten in einem Serienmarathon-Modus sind.
Einige Studien geben an, dass zu viel exzessives Serienschauen unter anderem zu Schlaf- und Gedächtnisstörungen, Angstzuständen, Depressionen und zur Suchtneigung führen kann. Der Suchtfrage ist Maren Lickhardt auf den Grund gegangen und ist der Ansicht, dass es keine wirklich valide Ursprungsstudie zu den Suchtgefahren des Binge-Watchings gebe. Sie erläutert: "Ich habe festgestellt, dass (sich) die (Studien) immer wechselseitig zitieren und auch, dass die immer wieder zitiert werden." Hingegen, so sagt sie: "belegen Studien, die Menschen befragen, wie sie Binge Watchen empfinden, dass die sich eben sehr befriedigt und unterhalten fühlen."
So zählten unter anderem gute Unterhaltung und Stressabbau zu den positiven Eigenschaften des Binge-Watchings, die von Konsumenten genannt würden. Und was Maren Lickhardt hierbei ebenso verdeutlicht ist, dass es Binge Watchern auch gefalle, wenn sie sich beim Serienschauen in andere Welten begeben könnten. Was die Befragten jedoch ebenso angeben sei, "dass sie doch sehr selbstbestimmt ein- und ausschalten."