Öffentlich-rechtlicher Rundfunk Was bezahlen andere?
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13. Dezember 2024, 12:44 Uhr
Die Ministerpräsidenten haben keine Erhöhung des Rundfunkbeitrags beschlossen und sich auf ein neues Finanzierungsmodell geeinigt. Doch wie finanziert sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk in unseren Nachbarländern? Die Briten sind stolz auf ihre BBC, Dänemark und Norwegen haben ihren Rundfunkbeitrag in eine Steuer verwandelt und in Ungarn bestimmt die Regierung, worüber Medien berichten. Wir blicken über den deutschen Tellerrand hinaus.
Die Mehrheit der europäischen Länder finanziert seine öffentlichen Rundfunkanstalten heute aus Steuern. Länder wie Norwegen und Frankreich stellten in den letzten Jahren um - weg von einer pro Haushalt zu entrichtenden Rundfunkgebühr und hin zu einer Finanzierung aus öffentlichen Mitteln.
Eine Steuer klingt erstmal gerechter und unbürokratischer, birgt aber die Gefahr der Einflussnahme durch den Staat. An Ländern wie Ungarn lässt sich beobachten, was geschehen kann, wenn die Regierung eines Landes über das Budget seiner öffentlichen Medien bestimmt. In vielen südosteuropäischen Ländern formiert sich derzeit Protest gegen die dortigen öffentlich-rechtlichen Medien, die häufig als Sprachrohr der Regierung verstanden werden.
Hier zahlen die Menschen einen Rundfunkbeitrag oder eine Rundfunkgebühr
Großbritannien
Die britische BBC gilt als Vorbild für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Europa. Die älteste nationale Sendeanstalt der Welt erhebt eine Haushaltsgebühr von umgerechnet etwa 178 Euro im Jahr, günstigere Konditionen gibt es für Schwarz-Weiß-Programm und für Sehbehinderte.
Österreich
Der österreichische Sender ORF finanziert sich zu einem Großteil aus Gebühren und zu einem kleinen Teil aus Werbung. Er betreibt vier TV-Kanäle und zwölf Radioprogramme. Die Höhe der ORF-Gebühr variiert regional. Österreichweit zahlt jeder Haushalt 15,30 Euro, in vier Bundesländern (Burgenland, Kärnten, Steiermark und Tirol) kommt noch eine Landesabgabe in Höhe von 3,10 bis 4,70 Euro hinzu. Somit liegt die Rundfunkgebühr zwischen 184 und 240 Euro pro Jahr.
Schweiz
Rund 355 Euro pro Jahr fließen pro Schweizer Haushalt an die SRG SSR, einem privatrechtlichen Verein mit öffentlichem Versorgungsauftrag. Im März 2018 forderte die Initiative "No Billag" eine Volksabstimmung über die Abschaffung der Rundfunkgebühr. Die Mehrheit der Schweizer stimmte allerdings dagegen.
Deutschland
Der Rundfunkbeitrag in Deutschland ist eine Haushaltspauschale von jährlich 220 Euro. Daraus werden in erster Linie ARD, ZDF und Deutschlandradio finanziert. Insgesamt gehören zur öffentlich-rechtlichen Programmfamilie 21 Fernseh- und 69 Radiosender.
Italien
Die Kanäle der öffentlich-rechtlichen RAI werden aus einer jährlichen Haushaltsabgabe finanziert, die zum Jahr 2024 von 90 auf 70 Euro gesenkt wurde. Zusätzlich hatte die Regierung beschlossen die RAI von 2024 bis 2026 mit jeweils 420 Millionen Euro aus dem Haushalt zu unterstützen.
Polen
In Polen gibt es ein duales Finanzierungskonzept. Rund 68 Euro Rundfunkgebühr sind jährlich pro Haushalt zu entrichten. Haushalte, die nur ein Radio besitzen, zahlen ca. 22 Euro. Daneben finanzieren sich die öffentlich-rechtlichen Fernseh- und Radiokanäle aus Werbeeinnahmen. Aktuell werden auch alternative Finanzierungsmodelle in Polen diskutiert, beispielsweise eine Finanzierung aus dem Staatshaushalt oder die Einführung eines sog. audiovisuellen Beitrags, der von allen Steuerzahlern gezahlt wird.
Tschechien
In Tschechien gibt es die Möglichkeit, die Gebühren für Fernsehen (ca. 5,30 Euro pro Monat) und Hörfunk (ca. 1,80 Euro pro Monat) einzeln zu entrichten. Die Jahresgebühr für beides beträgt 85,20 Euro. Davon und aus zusätzlichen kommerziellen Einnahmen werden sechs Fernsehsender und sieben Radiosender finanziert. Aktuell wird über eine Erhöhung der Beiträge auf jährlich 97,14 Euro diskutiert.
Irland
In Irland muss für Haushalte mit Fernsehgerät eine TV-Lizenz erworben werden, die im Jahr 160 Euro kostet. Personen ab 70 Jahren sind davon befreit. Die fünf Fernsehsender und vier Radiostation des RTÉ finanzieren sich zusätzlich durch Werbung.
Slowenien
153 Euro pro Jahr kostet die Bürger der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Slowenien. Davon werden neben zwei nationalen Fernseh- und drei nationalen Radiosendern auch regionale und internationale Programme finanziert.
Portugal
Der portugiesische öffentlich-rechtliche Sender RTP über eine Rundfunkgebühr in Höhe von 36,25 Euro finanziert, diese wird zusammen mit der Stromrechnung bezahlt. Nachdem die Regierung RTP 2012 teilweise privatisieren wollte, trat die Leitung des Senders aus Protest geschlossen zurück. Eine Privatisierung wurde vorerst abgewendet, der Sender wird weiterhin aus Steuern finanziert.
Griechenland
Die griechische öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt ERT A.E. wird durch eine Rundfunkgebühr in Höhe von 36 Euro im Jahr finanziert, die mit der Stromrechnung erhoben wird.
Bosnien und Herzegowina
Die nationale Rundfunkanstalt für Bosnien und Herzegowina, BHRT, betreibt ein nationales Fernsehprogramm und einen nationalen Hörfunksender. Die Rundfunkabgabe beträgt umgerechnet 46,20 Euro im Jahr.
Kroatien
Die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt HRT wird durch Rundfunkgebühren in Höhe von umgerechnet 123,12 Euro pro Jahr finanziert. HRT gilt als regierungsnah und das Vertrauen der Bevölkerung in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk fällt geringer aus, als das Vertrauen in private Medien.
Albanien
Die öffentlich-rechtliche Sendeanstalt Albaniens, RTSH, betreibt drei Fernsehprogramme und drei nationale Hörfunksender. Finanziert wird das durch eine Servicegebühr, die über die Stromrechnung bezahlt wird und umgerechnet 12,23 Euro pro Jahr beträgt. RTSH konkurriert mit zahlreichen privaten Sendern, die zum größten Teil politisiert sind. Auch RTSH wird eine tendenziöse Berichterstattung, vor allem bei Nachrichten, vorgeworfen.
Hier wird der Rundfunk aus öffentlichen Mitteln finanziert
Frankreich
Frankreich hat im Jahr 2022 die Rundfunkgebühr von 138 Euro im Jahr durch eine Finanzierung über Steuern ersetzt. Seitdem erfolgt die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch öffentliche Mittel, unter anderem auch durch die Mehrwertsteuer.
Norwegen
Die Rundfunkgebühr wurde zum 1. Januar 2020 durch eine einkommensabhängige Steuer ersetzt. Der Höchstbetrag für eine Person beläuft sich auf umgerechnet 142 Euro pro Jahr. Von dem Geld werden drei nationale Fernsehsendern und 15 Radioprogrammen finanziert.
Dänemark
Seit 2018 existierte der Plan, die Rundfunkgebühr in Dänemark bis 2022 schrittweise abzuschaffen. Schrittweise wurde so der Rundfunkbeitrag von umgerechnet 388,40 Euro im Jahr 2018 auf 83 Euro im Jahr 2021 abgesenkt, mit der Folge, dass drei von sechs Fernseh- und drei von acht Radiokanälen gestrichen wurden. Seit Januar 2022 wird der Rundfunk aus Steuermitteln finanziert.
Ungarn
Ungarns Premierminister Victor Orbán hat die öffentlich-rechtlichen Medien in Ungarn zum Staatsfunk umgebaut. Unterstützt durch öffentliche Mittel, sind inzwischen nahezu alle relevanten Medien in einer regierungsnahen Stiftung zusammengeschlossen und werden zentral gesteuert. Medienvielfalt und Pressefreiheit sind stark eingeschränkt.
Rumänien
Spätestens seit Rumänien seinen Rundfunkbeitrag 2017 abgeschafft hat und über direkte Staatszuschüsse finanziert wird, beobachten Kritiker eine zunehmende Einflussnahme durch die Regierungsparteien, nicht nur auf die privaten Sender, sondern auch auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunksender TVR.
Luxemburg
Der luxemburgische Staat beauftragt den privaten Anbieter CTL-UFA, ein Tochterunternehmen der RTL Group, mit der Fernsehübertragung öffentlich-rechtlicher Inhalte. Seit 2024 wird RTL mit finanziellen Hilfen in Höhe von 15 Millionen Euro pro Jahr unterstützt.
Schweden
Zum 1. Januar 2019 wurde die Haushalts-Fernsehgebühr in Schweden durch eine sogenannte Public-Service-Steuer ersetzt. Ein Prozent des Brutto-Einkommens (maximal 106 Euro im Jahr) eines jeden Bürgers über 18 Jahren werden seitdem zur Teilfinanzierung von in erster Linie fünf Sendern der nationalen Fernsehanstalt (SVT) und vier nationalen Radiokanälen genutzt.
Finnland
Seit 2013 gibt es in Finnland eine spezielle Steuer für den Rundfunk (0,68 Prozent des Bruttoeinkommens, max. 160 Euro pro Jahr), mit der die öffentliche Gesellschaft "Yle" finanziert wird, die dem finnischen Staat gehört. Sie betreibt drei landesweite TV- und sechs landesweite Radiokanäle. Die Steuereinkünfte werden in einem eigenen Fonds unabhängig vom Staatsbudget verwaltet.
Spanien
Der spanische Sender RTVE betreibt aus Steuergeldern sechs Radiokanäle und acht TV-Kanäle. Dort wird seit 2010 keine Werbung mehr gesendet.
Belgien
In Belgien gibt es drei öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten: RTB für die französischsprachigen Belgier, BRT für die Flamen und BRF für die deutschsprachige Gemeinschaft. Sie werden seit der Abschaffung der Rundfunkgebühr 2002 dual finanziert, das heißt zu 65 bis 70 Prozent aus Steuern und ansonsten durch kommerzielle Tätigkeiten.
Niederlande
Die Sender der öffentlich-rechtlichen Vereinigung NPO werden von neun Rundfunkanstalten betrieben, die als Vereine oder Stiftungen organisiert sind und jeweils unterschiedliche religiöse Gemeinschaften oder gesellschaftliche Gruppierungen repräsentieren. Je mehr Mitglieder sie haben, desto mehr Sendezeit und finanzielle Unterstützung aus Steuermitteln steht ihnen zu.
Estland
Die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt in Estland, ERR, wird aus der Staatskasse finanziert und hat unter anderem den Auftrag, die estnische Kultur zu fördern und die staatliche Einheit zu stärken. Sie betreibt drei nationale Fernseh- und fünf nationale Hörfunkprogramme.
Lettland
Die staatliche lettische Fernsehgesellschaft LTV wurde bis 2021 zu ca. 60 Prozent durch öffentliche Beiträge finanziert, den Rest erwirtschaftet sie durch Werbeeinnahmen. 2020 beschloss die lettische Regierung den Ausstieg der öffentlichen Medien aus dem Werbemarkt zum Jahr 2021. Die mögliche Einführung einer Rundfunkgebühr wird seit langem diskutiert, wurde aber bisher von den Regierungen immer wieder verworfen.
Litauen
Die öffentlich-rechtliche Sendeanstalt LRT finanziert sich über staatliche Ausgaben, Sponsoring und kommerzielle Tätigkeiten. Zuletzt spürte auch sie einen zunehmenden Druck durch das litauische Parlament. Journalisten fürchten, dass ihre Arbeit ähnlich wie in Ungarn oder Polen zunehmend eingeschränkt wird.
Bulgarien
In Bulgarien gibt es zwei öffentlich-rechtliche Sendeanstalten: BNT (Fernsehen) und BNR (Hörfunk). Beide werden aus Werbeerlösen und staatlichen Geldern finanziert. Eine Rundfunkgebühr wurde bislang nicht eingeführt.
Ukraine
Nach der Revolution 2014 beschloss das Parlament, das staatliche Fernsehen in einen öffentlich-rechtlichen Sender umzuwandeln. Die UA:Suspilne mowlennja ist eine Aktiengesellschaft in Staatsbesitz, ihr steht ein fester Prozentsatz des Staatshaushaltes zu, finanziell kann sie aber derzeit nur durch Unterstützung seitens der EU und einzelner Länder bestehen.
Liechtenstein
Der Liechtensteinische Rundfunk (LRF) betreibt einen Radiosender und wird aus dem Staatshaushalt sowie Werbeeinnahmen finanziert.
Malta
Die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt PBS wird vom maltesischen Staat finanziert und erwirtschaftet zusätzlich Werbeeinnahmen. Sie betreibt drei Radio- und drei Fernsehsender.
Slowakei
Zum 1. Juli 2024 ist der öffentlich-rechtliche Sender RTVS formell aufgelöst und durch ein Staatsmedium ersetzt worden. Die slowakischen Oppositionsparteien warfen der Regierung vor, damit ein Propagandamedium schaffen zu wollen. Bereits ein Jahr zuvor wurde die Rundfunkgebühr durch eine staatliche Direktzahlung ersetzt.
Republik Moldau
Seit 2010 gibt es in der Republik Moldau einen öffentlich-rechtlichen Sender nach europäischem Vorbild: Teleradio-Moldova (TRM). Finanziert wird TRM zum Großteil aus dem Staatshaushalt, 2023 betrug dieser Anteil 88,3 Prozent, der Rest stammt unter anderem aus Werbeeinnahmen, Spenden und Sponsorings. Offiziell ist die TRM eine autonome Institution, deren Betrieb nicht durch politische oder kommerzielle Interessen beeinflusst werden soll. In der Praxis wird die Unabhängigkeit des Rundfunks aber immer wieder in Zweifel gezogen und bemängelt, dass kritische und oppositionelle Stimmen nicht ausreichend im Programm vorkommen.