Neues Schulfach "Medienbildung und Informatik" Medienkunde ist Bildungsauftrag
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14. Juni 2024, 00:11 Uhr
Mit dem neuen Schuljahr 2024/25 gibt es in Thüringen ein neues Schulfach: Es heißt Medienbildung und Informatik und soll an allen 370 Schulen im Freistaat den Schülerinnen und Schülern ab Klasse fünf grundlegendes Wissen in Sachen Medienbildung vermitteln.
Cybermobbing, Urheberrecht und Datenschutz: Medienbildung ist längst schon in allen Bundesländern zumindest hin und wieder Bestandteil des Unterrichts. Was bisher insbesondere sporadisch und fächerübergreifend bereits ab der Grundschule ein grundlegendes Verständnis für den Umgang mit Medien schaffen soll, wird für Fünft- bis Zehntklässler in Thüringen zum fest verankerten Unterrichtsfach.
Für sie steht ab sofort "Medienbildung und Informatik" fest im Lehrplan. Damit avanciert Medienkunde in Thüringen nach Bayern, Baden-Württemberg, Saarland und Mecklenburg-Vorpommern zum klaren Bildungsauftrag.
Ein Schritt, den Michael Tzschirner nur begrüßen kann. In den letzten drei Jahren hat der Informatiklehrer bereits ausgiebig Erfahrungen in der Medienkompetenzvermittlung in einem Pilotprojekt gesammelt und dabei die Tweens und Teens am Arnoldi-Gymnasium in Gotha im bewussten Umgang mit Handy und Internet geschult.
Kinder und Jugendliche sollen die Möglichkeiten und Gefahren von Medien kennenlernen
"Die Dinger kleben ja an den Händen von den Schülern heutzutage, sind ständig in Benutzung", beschreibt Michael Tzschirner das alltägliche Bild, dass sich ihm beim Blick über den Schulhof und in den Klassenräumen über alle Klassenstufen hinweg offenbart.
Deshalb sollten alle Kinder und Jugendliche die Möglichkeiten aber auch Gefahren beim Surfen kennen lernen und wissen: "Welche Spuren hinterlässt eigentlich mein Handy auf irgendwelchen Websites bei irgendwelchen Anbietern, wenn ich mich da entsprechend bewege. Und da ist das Ziel, das Bewusstsein zu schärfen, dass die Kids datensparsam im Netz unterwegs sind", verdeutlicht Tzschirner.
Wir sind zu der Erkenntnis gekommen, dass wir dieses Fach als eigenständiges Fach benötigen.
Mit durchschnittlich 4 Stunden und 15 Minuten verbringen die 16- bis 19-Jährigen eine große Zeit des Tages am Smartphone, zeigt das Ergebnis der jährlichen JIM-Studie aus dem Jahr 2023.
Jedes Bundesland setzt Medienbildung in den Schulen anders um
Für einen bewussten Umgang braucht es Medienbildung, meint Thüringens Bildungsminister Helmut Holter: "Die Zeit hat es mit sich gebracht, dass wir Medienbildung und Informatik verstärkt und auch verpflichtend in den Schulen unterrichten müssen. Es geht darum, die verschiedenen Angebote, Software, Apps – also, was alles im Angebot ist, auch bedienen zu können. Aber es geht am Ende auch um Urteilsvermögen. Urteilsvermögen das, was mir der Computer anbietet, auch mit meinem Verstand bewerten zu können."
Ein deutschlandweit einheitliches Konzept für Medienbildung im Lehrplan gibt es nicht, denn Bildung ist bekanntermaßen Ländersache: Es gäbe 16 Länder und damit auch 16 Konzepte, die alle sehr unterschiedlich seien, beschreibt Helmut Holter und sagt: "Wir sind zu der Erkenntnis gekommen, dass wir dieses Fach als eigenständiges Fach benötigen, um an allen weiterführenden Schulen genau die Verpflichtung zu haben, an diesem Fach teilzunehmen."
In Weiterbildungen werden die Lehrkräfte auf das neue Fach vorbereitet
Damit nimmt der Medienbildungsauftrag nicht nur die Schülerinnen und Schüler, sondern auch die Lehrerinnen und Lehrer in die Pflicht. Lehrkräfte, die sonst Ethik, Religion, Sport oder Mathe unterrichten, müssen für das neue Fach Medienkunde und Informatik, fit gemacht werden, wie etwa in Weiterbildungen an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
"Der informatische Aspekt beschäftigt sich natürlich damit, die Architektur von Computern kennenzulernen oder sich mit Datenstrukturen auseinanderzusetzen, wo auch die Algorithmik eine Rolle spielt, die ja zunehmend wichtiger wird: Stichwort KI", bietet Rigobert Möllers vom Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, einen kurzen Einblick. Hinzu kommen noch weitere Schulungen des Instituts zu Themen wie Cybermobbing, Urheberrecht, Fake News und Social Media. Das bedeutet viel Lernstoff für die Lehrerinnen und Lehrer, die sich der neuen Aufgabe jedoch gewappnet fühlen:
"Ich steige jetzt komplett neu ein mit dem Fach. Und ich sehe, dass die Schüler auch einen großen Wissensdurst danach haben und dass das auch für die spätere Praxis dann durchaus wichtig ist", vermittelt beispielsweise Robin Griesbach, der Lehrer an der Gemeinschaftsschule in Triptis ist. Und auch Tanja Trautmann von der Thüringer Gemeinschaftsschule Rodeberg ist sichtlich erfreut: "Es wird Zeit, dass das Fach eingeführt wird. Und ich hoffe, dass es genügend begeisterte Lehrer dafür gibt", erzählt sie.
Schülerinnen und Schüler finden das neue Unterrichtsfach gut
Medienunterricht – nah am Leben der Kinder und Jugendlichen, das ist zukünftig das Ziel des neuen Pflichtfachs Medienbildung und Informatik in Thüringen, das dann ein bis zweimal pro Woche ab der fünften Klasse auf dem Stundenplan steht.
Am Arnoldi-Gymnasium haben die ersten Fünftklässler beim Pilotprojekt von Michael Tzschirner jedenfalls schon jetzt eine gute Vorstellung davon, was die Thüringer Schülerinnen und Schüler im neuen Unterrichtsfach nach den Sommerferien zwischen Datenschutzfragen, App-Berechtigungen und Co. erwartet.
"Ich finde das gut. Das ist einfach mal was anderes. Aber zum anderen ist es auch wichtig zu wissen, welche Gefahren es zum Beispiel im Internet gibt", beschreibt Alfred, während sein Klassenkamerad Lukas einschätzt: "Ich lerne halt hier im Unterricht relativ viel, was ich jetzt zu Hause nicht lernen würde. Wenn ich meiner Mutter davon erzähle, was ich jetzt hier im Unterricht gelernt habe, sagt sie: 'Das weiß ich doch selbst gar nicht.'"