Ein Mann ist in drei Situationen abgebildet: in nachdenkender Pose, mit einem Tablet in der Hand, mit einer Kamera in der Hand. Im Hintergrund ist eine Fernsehregie zu sehen. 7 min
Reporter wie Olaf Nenninger arbeiten oft unter Zeitdruck, damit ein Nachrichtenbeitrag noch am selben Tag gesendet werden kann. Bildrechte: MDR MEDIEN360G | Foto: Daniela Dufft

ARD Nachrichtentag Vom Ereignis zur Nachricht

19. September 2024, 00:01 Uhr

Für viele Journalistinnen und Journalisten gehört das Aufbereiten und Verbreiten aktueller News zum Redaktionsalltag. Dafür müssen Nachrichtenmacher täglich schnell entscheiden, welche Meldung einen wirklichen Nachrichtenwert hat. Bis ein Newsbeitrag gesendet wird, ist es aber auch dann noch ein weiter Weg. Wie also funktioniert das mit den Nachrichten eigentlich wirklich?

Wann ist eine Nachricht eine Nachricht?

Ein nächtlicher Polizeihubschraubereinsatz über der Stadt, Ausschreitungen auf einer Demo, Hochwasser nach einem Starkregen und seltener Löwennachwuchs im Zoo – von frühmorgens bis spät in die Nacht versorgen Pressestellen, Nachrichtenagenturen, Korrespondenten und Regionalstudios Newsredaktionen mit jeder Menge Informationen aus aller Welt und lokalen Themen. Aber auch Zeitungen, Nachrichtensendungen und Social Media sind weitere Informationskanäle, die allesamt einen endlosen Strom täglicher Geschehnisse liefern.

Aus diesen gilt es für Journalistinnen und Journalisten die wichtigsten Nachrichten herauszufiltern und diese für die jeweiligen Sendungen zusammenzustellen, sie zu recherchieren und vorzubereiten. Doch wie findet eine solche Auswahl statt? Und wer entscheidet darüber, was gesendet wird?

In den täglichen Redaktionssitzungen der Nachrichtenredaktionen von Medienhäusern und Verlagen werden alle aktuellen Meldungen zusammengetragen und für die einzelnen Sendungen, Formate und Ausspielwege in den Teams besprochen. Alle Informationen der jeweiligen Themen, wie Fakten und Hintergründe, sowie deren Relevanz und Nutzwert als Nachricht werden hier bewertet und schließlich als Produktion beauftragt. Auch Details zur Umsetzung, die Art der Präsentation sowie die Länge beziehungsweise der zeitliche Umfang, den die einzelnen Nachrichten haben dürfen, werden hier festgelegt. Beauftragt werden meist Reporterinnen und Reporter, die an diesem Tag vor Ort im Dienst sind.

Medienredaktionen, die auf einen lokalen Themenbezug setzen, achten bei der Auswahl ihrer Themen und Meldungen zusätzlich auf den regionalen Bezug. Hierfür liefern vor allem die Korrespondenten aus den einzelnen Regionen wertvolle Themeninhalte. Die alltagsrelevanten, lebensnahen Geschichten transportieren Informationen und Service zu Ereignissen in der näheren Umgebung und sind damit oft von besonderer Relevanz.

Dennoch bleiben die Voraussetzungen, die eine Nachricht zur Nachricht machen auch im "regionalen Newsgeschäft" stets gleich:

  • Betroffenheit – Wen betrifft die Nachricht (räumlich, politisch, kulturell etc.)?
  • Zeit – Ist das Thema aktuell? Gibt es eine relevante Weiterentwicklung?
  • Nutzwert – Wie wichtig ist das, worüber berichtet wird und wie betrifft es die Leute?
  • Gesprächswert – Spricht man über diese Nachrichten (kurios, emotional etc.)?

Im Wettlauf mit der Zeit

Wie in den meisten Redaktionen beginnt vor allem bei den Fernsehteams nach der Redaktionsbesprechung für die Redakteure und die Reporter vor Ort und in den Regionalstudios der Wettlauf gegen die Zeit, denn es bleiben oft nur wenige Stunden für Recherche, Interviews und Schnitt, um eine Nachricht in Bild und Ton zu fassen. In den meisten Fällen müssen die Beitrage bis zu einem bestimmten Veröffentlichungstermin, beispielsweise dem jeweiligen Sendungsbeginn, am selben Tag vorliegen.

Oft wird von unterwegs telefoniert, organisiert und recherchiert. Welche Interviewmöglichkeiten, beispielsweise mit Betroffenen, Augenzeugen oder auch Experten, habe sind vor Ort? Was darf gefilmt werden? Welches Archivmaterial lässt sich vorbestellen, damit man die Nachricht auch bildlich gut darstellen kann? Das sind Dinge, die es für die Regionalreporter zu klären gilt. Am wichtigsten aber ist, alle relevanten Fragen am Ende der Nachricht beantwortet zu haben.

Wer, was, wann, wie, wo und warum?

Im besten Fall herrscht am Ende Klarheit über alle W-Fragen. Wobei die ersten sechs W-Fragen ein Ereignis insbesondere inhaltlich beschreiben und greifbar machen sollen:

  • Was geschah?
  • Wer ist beteiligt?
  • Wo geschah es?
  • Wann geschah es?
  • Wie ist es abgelaufen?
  • Warum geschah es?

Die siebte W-Frage darf vor allem in Zeiten von Desinformation und Fake News nicht fehlen:

  • Woher stammt die Information?

Denn eine Quellennennung ist wichtig – auch, weil sie dadurch Vertrauen in ein Medium schafft.

Ein Politiker steht vor Mikrofonen, lächelt in die Kamera und reckt beide Daumen nach oben. Das Foto hat mehrere digitale Bildfehler.
Eine überwältigende Mehrheit der Deutschen meint, Desinformation gefährde die Demokratie. Manche Experten halten die Angst vor Fake News für übertrieben. Bildrechte: MDR MEDIEN360G | Panthermedia

Hintergrund- und Faktencheck

Die Quellen und die Fakten zu prüfen gehört zum kleinen Einmaleins des journalistischen Handwerks – ebenso wie unterschiedliche Positionen zu Wort kommen zu lassen und verschiedene Perspektiven auf ein Thema aufzuzeigen. Zudem gilt vor der Veröffentlichung eines journalistischen Beitrags das Zwei-Quellen-Prinzip.

Das Zwei-Quellen-Prinzip zählt zu den wichtigsten Grundlagen der journalistischen Arbeit, insbesondere bei einer Verdachtsberichterstattung. Um zu überprüfen, ob eine Information richtig und zuverlässig ist, müssen mindestens zwei unabhängige Quellen zur Bestätigung herangezogen werden können. Dadurch soll vermieden werden, dass falsch, einseitig oder voreingenommen berichtet wird.

Auch Meldungen und Themen, die aus dem Internet, beispielsweise über die Sozialen Medien kommen, bei denen sich die Quelle nicht eindeutig zuordnen lässt, bieten letztlich nur einen Ansatz für eine Recherche und müssen in jedem Fall geprüft werden. Ganz ähnlich verhält es sich mit Bildern. Diese können inzwischen so manipuliert werden, dass es auf den ersten Blick gar nicht zu erkennen ist.

Nach der Recherche: Wie ein Beitrag Form annimmt

Ist alles "im Kasten" verschaffen sich die Reporterinnen und Reporter einen Überblick über das ganze Material, bündeln alle Fakten und fassen die wichtigsten Informationen zusammen - oft gemeinsam mit technischem Support wie Cuttern oder Grafikern.

Wenn der letzte Satz geschrieben, das finale Bild ausgewählt und der richtige Ton gepegelt ist, steht der Veröffentlichung eine letzte Prüfung bevor: Da im Journalismus das Vier-Augen-Prinzip gilt, wird jeder Beitrag vor Veröffentlichung von einer weiteren Person geprüft. Dabei werden nochmals die Quellen hinterfragt und es wird sichergestellt, dass die Berichterstattung ausgewogen und frei von der eigenen Meinung ist – journalistische Prinzipien, die auf jede Nachricht angewendet werden.

Mehr Infos zum ARD Nachrichtentag

Mehr Wissen über Nachrichten

Bildausschnitt von einem Handy-Display mit Nachrichten-Apps.
Täglich strömen zahlreiche Nachrichten und Meldungen auf uns ein. Die Folge: Bei vielen zeigt sich Nachrichtenmüdigkeit. Warum uns Bad News frustrieren, wird wissenschaftlich untersucht. Bildrechte: MDR | MEDIEN360G
Porträt von Christian P. Hoffmann.
"Die Vorstellung, dass Bürger unbescholten im Internet rumsurfen, eine Falschmeldung sehen und dann in ihrem politischen Weltbild erschüttert werden, ist unplausibel", sagt Christian P. Hoffmann. Bildrechte: MDR MEDIEN360G | Universität Leipzig Tobias Tanzyma

Medien im Fokus

Eine Person hat ein Smartphone in den Händen. An den Handgelenken ist die Person mit einer Kette gefesselt.
Ob Bahnticket oder Arzt- und Behördentermin – ohne Smartphone und Internet geht fast nichts mehr. Wer sich dem verweigert, läuft Gefahr, abgehängt zu werden. Bildrechte: MDR MEDIEN360G | Panthermedia
Ein Mann im Rollstuhl spricht in eine Kamera auf einem Stativ.
Aus dem digitalen Austausch mit Menschen, die ähnliche Erfahrungen mit einer Krankheit machen, können Betroffene Hoffnung und Mut schöpfen. Bildrechte: MDR MEDIEN360G | Panthermedia
Ein Reporter steht in kniehohem Wasser und spricht in ein Mikrofon. Eine Person mit Kamera filmt ihn.
Der Klimawandel beeinflusst alle Lebensbereiche. Die Herausforderung für Journalisten ist es, das Thema als Teil ihrer Berichterstattung anzusehen und lösungsorientiert zu berichten. Bildrechte: MDR MEDIEN360G | dpa
Eine junge Frau sitzt umgeben von Büchern auf dem Boden und filmt sich mit einem Smartphone.
Auf der Videoplattform TikTok diskutieren, empfehlen und rezensieren vor allem junge Frauen in kurzen Videos Bücher. Bildrechte: MDR MEDIEN360G | Panthermedia

Rundfunk, Presse und Politik

Im Hintergrund sitzt eine Person. Sie ist nicht erkennbar. Im Vordergrund ist ein Mikrofon zu sehen.
Lokaljournalisten, die in Dörfern und Kleinstädten arbeiten, laufen Gefahr, dass sich ihr Berufsleben auch auf ihr Privatleben auswirkt. Sie haben Sorge vor Übergriffen, weil nicht nur sie selbst, sondern auch ihre Wohnorte oder Autos häufig bekannt sind. Bildrechte: MDR MEDIEN360G
Stilisierte Grafik zur ARD-Reform mit dem ARD-Logo am Haken eines Krans und einem grafisch dargestellten Baugerüst mit einem Bauarbeiter sowie Geldscheinen im Bildhintergrund. mit Video
Was soll der Öffentlich-Rechtliche leisten? Was soll er kosten? Darüber wird derzeit viel diskutiert. Dass es Reformbedarf gibt, das ist weitgehend Konsens. Nicht nur in der Politik, auch in den Rundfunkanstalten selbst. Bildrechte: MDR | MEDIEN360G

Sicher in der digitalen Welt

Ein Politiker steht vor Mikrofonen, lächelt in die Kamera und reckt beide Daumen nach oben. Das Foto hat mehrere digitale Bildfehler.
Eine überwältigende Mehrheit der Deutschen meint, Desinformation gefährde die Demokratie. Manche Experten halten die Angst vor Fake News für übertrieben. Bildrechte: MDR MEDIEN360G | Panthermedia
Kinder arbeiten im Unterricht auf ihren Tablets.
Ab dem nächsten Schuljahr werden Schulkinder in Thüringen im neuen Fach Medienbildung und Informatik unterrichtet. Bildrechte: IMAGO / Funke Foto Services
Ein Mann und eine Frau posieren mit ihrem Säugling für ein Selfie.
Bevor Kinder fünf Jahre alt sind, sind bereits durchschnittlich 1500 Bilder von ihnen im Netz, so eine Studie. Und einmal online, haben die Eltern keine Kontrolle mehr darüber, wie die Bilder verwendet werden. Bildrechte: MDR MEDIEN360G | Panthermedia
Zwei Kleinkinder sitzen nebeneinander und haben ein Smartphone und ein Tablet in der Hand.
Der Medienkonsum von Kindern kann mittels verschiedener Apps besser von den Eltern kontrolliert werden. Bildrechte: Panthermedia | MDR MEDIEN360G