Eine junge Frau sitzt umgeben von Büchern auf dem Boden und filmt sich mit einem Smartphone. 6 min
Auf der Videoplattform TikTok diskutieren, empfehlen und rezensieren vor allem junge Frauen in kurzen Videos Bücher. Bildrechte: MDR MEDIEN360G | Panthermedia

Bücher auf TikTok BookTok – Der neue Hype ums Lesen

20. März 2024, 16:00 Uhr

Schnell, direkt und mitten ins Herz: BookToker und BookFluencer – also Menschen, die auf TikTok und Instagram Buchempfehlungen geben, haben einen ganz beachtlichen Trend kreiert, der Marketingspezialisten und Werbeasse nahezu neidisch werden lässt. Denn die persönlichen Buchtipps der Buchblogger werden von ihren Followern gefeiert. Und das sorgt nicht nur für Ansturm im Buchhandel.

Was ist BookTok?

Durch sie wird das Lesen wieder zum Trend: Buchbloggerinnen und -blogger animieren mit ihren Videoposts zum Lesen und erschaffen damit insbesondere bei ihren Followern nahezu ein neues Lebensgefühl. Denn so manche Buchpräsentation in den sozialen Medien schafft das, was man sich sonst in einem Artikel mitunter mühevoll erlesen muss und eine klassische Buchkritik oder ebenso auch Plakatwerbung nicht vermag – sie vermittelt auf emotionale Weise Leseeindrücke. Und das kommt an!

Da kommen junge Frauen, junge Mädchen rein, die dann wirklich 'Hurra' und 'Hi' schreien - wie früher bei den Beatles.

Günter Harnecker | Buchhändler

"Ja, es ist ein Phänomen, wie viele das erreicht, mit welcher Begeisterung diese Bücher gefeiert werden", weiß Buchhändler Günter Harnecker und beschreibt aus eigenem Erleben: "Da kommen junge Frauen, junge Mädchen rein, die dann wirklich 'Hurra' und 'Hi' schreien - wie früher bei den Beatles -, wenn sie ein neues Buch entdeckt haben."

Was sind Bookstagram und BookTok?
Bookstagram ist eine Community des sozialen Netzwerks Instagram, ebenso wie BookTok auf TikTok. Viele Buchbloggerinnen und Buchblogger posten hier Bilder und Videos ihrer gelesenen oder zu lesenden Bücher, teilen ihre Lese-Erfahrungen oft in emotionalen Rezensionen und kommen mit anderen Gleichgesinnten ins Gespräch.

Auf TikTok können Bücher aus dem Nichts zum Bestseller werden

Was die digitalen Buchbesprechungen unter anderem so außergewöhnlich macht? Bücher, die über Social Media viral gehen, können einen extremen Hype erleben und Werke unbekannter Autorinnen und Autoren somit wie aus dem Nichts zum Bestseller werden.

Stilisierte Grafik: Mensch vor einer Pinnwand mit TikTok-Logo, Fotos und Texten.
Die Plattform Tiktok lebt von kurzen unterhaltsamen Videos, die durch einen Algorithmus vorausgewählt werden. Wie funktioniert dieser Algorithmus und was spricht für den Erfolg von TikTok? Bildrechte: MDR MEDIEN360G

Zielgruppe der vornehmlich weiblichen BookToker sind, so wie sie selbst, vor allem junge Frauen, die sich besonders mit den Genres Romance, Fantasy oder auch Young Adult (für junge Erwachsene) angesprochen fühlen. Inhaltlich darf es hier also gerne auch romantisch werden und eine Liebesgeschichte dabei sein.

Ich liebe starke weibliche Charaktere.

Anna | Leserin

Leserinnen wie Anna und Lily verschlingen die von ihren BookTokern empfohlenen Bücher nahezu stapelweise und kommen dabei schätzungsweise auf bis zu 90 Bücher im Jahr.

"Ich liebe starke weibliche Charaktere. Ich mag es, wenn sie für sich selbst einstehen und auch gern mal den Leuten in den Hintern treten", schildert Anna, welche Geschichten sie am meisten ansprechen. Und Lily überlegt: "Also ich finde schon 'ne gute Story ist wichtig und ein gutes Setting."

Abtun als reine "Literatur für Mädchen" dürfe man die Bücher aber nicht, weiß Buchhändler Günter Harnecker, der den Trend mitverfolgt: "In vielen dieser rosa Bücher, wo man denkt da ist alles Eiteitei und Herzschmerz, da werden zum Teil krasse Themen aufgearbeitet oder aufgenommen. Da war ich auch erstaunt."

Autoren und Autorinnen profitieren vom BookTok-Hype

Für BookTok-Follower wie Anna und Lily zählen in einer BookTok-Community vor allem das Gespräch und die Interaktion untereinander: "Ich finde es schon cool, wenn ich mich darüber austauschen kann oder einfach mal sagen kann: Hey das war cool, vielleicht willst du das auch lesen?", erklärt Lily. "Und dann tauschst du Theorien aus, was das Zeug hält. Es macht einfach riesigen Spaß! Andere Leute kommen auf andere Ideen als du, die sehen Szenen anders", zeigt sich Anna begeistert.

Doch nicht nur Leserinnen und Leser sowie Bloggerinnen und Blogger mischen in einer solchen Community in den sozialen Netzwerken mit, sondern auch immer mehr Autorinnen und Autoren.

Man hat die Chance, dass das Buch auch außerhalb der eigenen Bubble gesehen wird.

Jenny Rubus, Schriftstellerin

Eine Vertreterin der neuen Schriftstellergeneration, die auf BookTok und Bookstagram mitmischen, ist Jenny Rubus. Sie selbst ist überzeugt, vom BookTok-Trend profitiert zu haben: "Als mein neuestes Buch auf den Markt kommen sollte, habe ich mir gedacht: Jetzt könntest du vielleicht auch mal TikTok mit ausschöpfen. [...] Du erreichst völlig fremde Leute und man hat vielleicht wirklich die Chance, dass das Buch auch außerhalb der eigenen Bubble gesehen wird", erzählt sie im MDR MEDIEN360G-Interview und bestätigt: "Das kam richtig gut an. Es sind immer noch keine Dimensionen, aber ich hatte 13.000 Aufrufe. Ich denke - es wurde recht viel vorbestellt -, dass es auch an TikTok lag."

Verlage nutzen TikTok gezielt für ihre Werbestrategie

So finden viele Quereinsteiger und Schreiblustige, fern von klassischem Schriftsteller- oder Autorendasein, ihre Leser auf Bookstagram und BookTok – vermittelt durch eine weitere Art von Influencern: den Bookbloggern.

Ein Trend, den inzwischen auch Verlage für sich entdeckt haben. Hier sind BookTokerinnen Teil der Werbestrategie. "Man bekommt im Vorfeld Einladungen zu Bloggertreffen oder wenn das neue Programm vorgestellt wird und dann gibt’s auch Einzeltermine mit den Pressereferenten und -referentinnen. Die stellen dir ein paar Bücher vor, die zu dir passen könnten", vermittelt Bookbloggerin Lea Steininger alias @leaaxbeck und meint: "Ich glaube, die wertschätzen es, wie man sich Gedanken macht, so ein Buch zu präsentieren."

Eine junge Frau liegt mit Smartphone auf dem Sofa und davor steht ein analoger Wecker. mit Video
Bei der Nutzung von TikTok verliert man schnell mal die Zeit aus den Augen. Auch die internen Einstellungsmöglichkeiten helfen nicht unbedingt dabei, die eigene Bildschirmzeit zu verkürzen. Bildrechte: PantherMedia / natali_brill (YAYMicro)

So zeichnen BookTok und Bookstagram einen neuen Trend, von dem viele Seiten profitieren. Wie weit dieser Hype ums Buch geht, zeigte sich beispielsweise auch auf der Frankfurter Buchmesse im vergangenen Jahr. Hier sind zum ersten Mal in Deutschland "Tiktok Book Awards" verliehen und unter anderem Autoren und Verlage ausgezeichnet worden, die unter dem Hashtag: #Booktok auf TikTok aktiv sind.

Dabei trifft BookTok vor allem bei jüngeren Menschen einen absoluten Nerv, bei dem die Empfehlungen dazu animieren, das Lesen (wieder) neu zu entdecken – und vielleicht auch mal zu einem ganz anderen Buch zu greifen, als man es sonst tun würde.

Medien im Fokus

Ein Mann ist in drei Situationen abgebildet: in nachdenkender Pose, mit einem Tablet in der Hand, mit einer Kamera in der Hand. Im Hintergrund ist eine Fernsehregie zu sehen.
Reporter wie Olaf Nenninger arbeiten oft unter Zeitdruck, damit ein Nachrichtenbeitrag noch am selben Tag gesendet werden kann. Bildrechte: MDR MEDIEN360G | Foto: Daniela Dufft
Eine Person hat ein Smartphone in den Händen. An den Handgelenken ist die Person mit einer Kette gefesselt.
Ob Bahnticket oder Arzt- und Behördentermin – ohne Smartphone und Internet geht fast nichts mehr. Wer sich dem verweigert, läuft Gefahr, abgehängt zu werden. Bildrechte: MDR MEDIEN360G | Panthermedia
Ein Mann im Rollstuhl spricht in eine Kamera auf einem Stativ.
Aus dem digitalen Austausch mit Menschen, die ähnliche Erfahrungen mit einer Krankheit machen, können Betroffene Hoffnung und Mut schöpfen. Bildrechte: MDR MEDIEN360G | Panthermedia

Sicher in der digitalen Welt

Ein Politiker steht vor Mikrofonen, lächelt in die Kamera und reckt beide Daumen nach oben. Das Foto hat mehrere digitale Bildfehler.
Eine überwältigende Mehrheit der Deutschen meint, Desinformation gefährde die Demokratie. Manche Experten halten die Angst vor Fake News für übertrieben. Bildrechte: MDR MEDIEN360G | Panthermedia
Kinder arbeiten im Unterricht auf ihren Tablets.
Ab dem nächsten Schuljahr werden Schulkinder in Thüringen im neuen Fach Medienbildung und Informatik unterrichtet. Bildrechte: IMAGO / Funke Foto Services
Ein Mann und eine Frau posieren mit ihrem Säugling für ein Selfie.
Bevor Kinder fünf Jahre alt sind, sind bereits durchschnittlich 1500 Bilder von ihnen im Netz, so eine Studie. Und einmal online, haben die Eltern keine Kontrolle mehr darüber, wie die Bilder verwendet werden. Bildrechte: MDR MEDIEN360G | Panthermedia
Zwei Kleinkinder sitzen nebeneinander und haben ein Smartphone und ein Tablet in der Hand.
Der Medienkonsum von Kindern kann mittels verschiedener Apps besser von den Eltern kontrolliert werden. Bildrechte: Panthermedia | MDR MEDIEN360G

Rundfunk, Presse und Politik

Im Hintergrund sitzt eine Person. Sie ist nicht erkennbar. Im Vordergrund ist ein Mikrofon zu sehen.
Lokaljournalisten, die in Dörfern und Kleinstädten arbeiten, laufen Gefahr, dass sich ihr Berufsleben auch auf ihr Privatleben auswirkt. Sie haben Sorge vor Übergriffen, weil nicht nur sie selbst, sondern auch ihre Wohnorte oder Autos häufig bekannt sind. Bildrechte: MDR MEDIEN360G
Stilisierte Grafik zur ARD-Reform mit dem ARD-Logo am Haken eines Krans und einem grafisch dargestellten Baugerüst mit einem Bauarbeiter sowie Geldscheinen im Bildhintergrund. mit Video
Was soll der Öffentlich-Rechtliche leisten? Was soll er kosten? Darüber wird derzeit viel diskutiert. Dass es Reformbedarf gibt, das ist weitgehend Konsens. Nicht nur in der Politik, auch in den Rundfunkanstalten selbst. Bildrechte: MDR | MEDIEN360G