Inklusive Technologien Voll im Game: Wie barrierefrei ist die Welt der Spiele?
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27. September 2024, 08:46 Uhr
Gaming ermöglicht Menschen mit Behinderung soziale Teilhabe. Doch längst nicht alle digitalen Spiele sind barrierefrei gestaltet. Innovative Technologien und barrierefreie Spieloptionen sollen Hürden abbauen. Wie kommen die inklusiven Lösungen bei der Community an? MDR Selbstbestimmt war unterwegs mit Dennis Winkens alias "WheelyWorld" und dem Verein "Gaming ohne Grenzen", auch auf Deutschlands größter Spielemesse, der Gamescom.
Wie barrierefrei ist die Gaming-Welt und welche Hilfsmittel gibt es für Menschen mit Behinderung? Das hat Influencerin Gina Rühl für das inklusive MDR-Format "Selbstbestimmt" erkundet. Dafür hat sie unter anderen Dennis Winkens getroffen, der im Netz unter dem Namen "WheelyWorld" über Inklusion im Gaming aufklärt und sich im Projekt "Gaming ohne Grenzen" engagiert.
Durch das Zocken hat er viele Leute kennengelernt, die er sonst nie getroffen hätte. Für ihn ist Gaming mehr als nur ein Hobby. Es bringt ihm Spaß und Ablenkung, vor allem bedeutet es nicht Isolation, sondern gerade soziale Teilhabe. Hinter dem Bildschirm seien alle gleich, es zähle nur, was im Spiel passiert, sagt der 36-Jährige, der seit einem Unfall vor fast 20 Jahren querschnittgelähmt ist.
Barrierefreiheit im Gaming: Die Spieleindustrie passt sich an
Die Spieleindustrie richtet sich zunehmend nach den Bedürfnissen behinderter Menschen und bietet barrierefreie Funktionen an: mit Untertiteln, visuellen Hinweisen für Menschen mit Hörbehinderung, anpassbaren Schwierigkeitsgraden oder Farbkontrasten.
Die Entwicklerinnen und Entwickler von Spielen arbeiten dafür oft direkt mit den Menschen zusammen, die besondere Bedürfnisse beim Spielen haben. Bei Xbox gibt es laut Kaitlyn Jones, Produktmanagerin des Teams Barrierefreiheit, "ein großartiges Team, wir treffen uns mit der Community, hören zu und fragen, was funktioniert und tun unser Bestes, all das zu integrieren."
Zocken mit dem Mund: Spezielle Controller, Eyetracking, Sprachsteuerung
Der Bedarf an innovativen Lösungen ist groß: Laut Angaben des Verbands der deutschen Games-Branche haben etwa 8,2 Millionen Gamerinnen und Gamer in Deutschland eine Behinderung. Rund 14 Prozent von ihnen nutzen spezielle Eingabegeräte zum Spielen. Dennis Winkens zockt zum Beispiel mit einem QuadStick. Das ist ein Mundjoystick, der mit Blas- oder Zugbewegungen bedient wird. Dennis kann sich damit völlig selbstständig in der virtuellen Welt bewegen.
Hilfsmittel für barrierefreies Gaming
Spezielle Controller: Adaptive Controller werden an die motorischen Fähigkeiten der Nutzenden angepasst, One-Handed Controller können mit nur einer Hand bedient werden. QuadSticks bieten die Möglichkeit, Spiele mit dem Mund zu steuern (Joystick und Sip-and-Puff-Technologie).
Eye-Tracking-Geräte: Die Technologie erfasst die Augenbewegungen und übersetzt sie in Aktionen im Spiel. So können Games allein durch Blickbewegungen gesteuert werden.
Sprachsteuerung: Sprachsteuerungssysteme ermöglichen es, bestimmte Spielaktionen oder Funktionen nur mit Sprachbefehlen auszuführen. Diese Technik ist hilfreich für Menschen, die Schwierigkeiten haben, Eingaben physisch zu tätigen.
Adaptive Software: Die Software ermöglicht es, die Tastenbelegung zu verändern. So können zum Beispiel mehrere Aktionen mit einem einzigen Tastendruck ausgeführt werden. Das macht die Bedienung für Menschen mit motorischen Einschränkungen leichter.
Verein "Gaming ohne Grenzen" für mehr Inklusion
Trotz der technischen Fortschritte stoßen viele Gamerinnen und Gamer mit Behinderung noch auf unüberwindbare Grenzen. Das Projekt "Gaming ohne Grenzen" bewertet deshalb Spiele auf ihre Barrierefreiheit. Die Initiative ist einzigartig in Deutschland und setzt sich für mehr Diversität und Inklusion in der Gaming-Welt ein. Seit 2023 verleiht sie in Kooperation mit congstar den Gaming ohne Grenzen Award. Ausgezeichnet werden Spiele, Projekte und Personen, die Barrierefreiheit im Gaming besonders voranbringen. Die Preisverleihung findet jährlich im Rahmen der Gamescon statt.
Obwohl sich in den letzten Jahren schon einiges in der Branche getan hat, gibt es also immer noch Nachholbedarf. In einer idealen Welt könnten alle Spiele von allen Menschen gespielt werden. Ganz so weit ist die Gaming-Welt aber noch nicht.
Ich wünsche mir noch mehr Aufmerksamkeit für das Thema. Im Idealfall können wir uns irgendein Spiel aussuchen, ohne uns Gedanken machen zu müssen, ob wir es spielen können oder nicht. Das wäre das Nonplusultra.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Gaming ohne Grenzen? fragt Gina Rühl | 29. September 2024 | 08:00 Uhr