Energiewende Freiberger Unternehmen entwickelt Eisenkugeln als Speichermedium für Wasserstoff
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04. Februar 2025, 06:26 Uhr
Grüner Wasserstoff gilt als das Gas der Zukunft. Denn mit ihm lassen sich ganze Industrien klimaneutral machen. Doch wie lässt sich das Gas gut speichern? Und wie kommt es zu den Industrieunternehmen? Bislang sind Pipelines geplant, doch die werden nicht ganz Deutschland erreichen. Ein Unternehmen aus Freiberg arbeitet deshalb an einer Idee, mit der sich jeder Ort der Republik mit grünem Wasserstoff versorgen ließe.
- Die Eisenkugeln des Freiberger Unternehmens können tausende Male zur Speicherung von Wasserstoff genutzt werden.
- Das sächsische Wirtschaftsministerium ist von der Idee überzeugt und fördert das Projekt.
- Die Eisenkugeln sind im Transport viel sicherer als Gasflaschen, die explodieren können.
Das Speichermaterial von Unternehmer Uwe Pahl sieht simpel aus. Es handelt sich um kleine Eisenkugeln, die in seiner Firma Ambartec in Behältern stehen. Wenn jemand in Zukunft bei Pahl Wasserstoff bestellt, bekommt er im Container diese Kugeln geliefert. Am Zielort macht sich Pahl dann eine chemische Eigenschaft des Eisens zunutze. Es reagiert mit Wasser, wobei Wasserstoff entsteht.
"Dort, wo der Wasserstoff benötigt wird, gebe ich Wasserdampf hinein", erklärt Pahl. "Das Eisen möchte oxidieren. Das ist ja ein natürlicher Prozess", sagt er. "Das Eisen nimmt sich aus dem H2O, was Wasserdampf ist, das O heraus. Und wenn ich dem H2O das O wegnehme, bleibt also Wasserstoff übrig."
Kugeln können tausende Male genutzt werden
Diesen Wasserstoff kann Pahls Kunde dann nutzen. Die Kugeln oxidieren bei dem Prozess zwar, aber das macht nichts. Pahl holt sie wieder ab und bringt sie dorthin, wo Wasserstoff gespeichert werden soll. Kommen die Kugeln mit heißem Wasserstoff in Kontakt, verwandeln sie sich wieder in glänzendes Eisen, wobei Wasserdampf entsteht.
Damit können die Kugeln als indirekter Speicher tausende Male hin und her gefahren werden. Laut Pahl ist es die günstigste Art, Wasserstoff dorthin zu bringen, wo keine Pipeline anliegt. "Diese Speicherbehälter mit den Eisen-Nuggets drin sind am Ende genauso schwer wie die Gasflaschen", erklärt er. "Die Gasflaschen haben das Gewicht in der Wand und wir haben es im Inhalt. Und da wir auf das gleiche Volumen doppelt bis drei Mal so viel Energie transportieren können wie die klassische Gasflasche, sinken demzufolge die Transportkosten."
Förderung vom sächsischen Wirtschaftsministerium
Die Idee, Wasserstoff über die Oxidation von Eisen nutzbar zu machen, ist nicht neu. Schon in den 1970er-Jahren arbeiteten Wissenschaftler im sächsischen Freiberg an entsprechenden Verfahren. Pahl hat die Idee gemeinsam mit Freiberger Forschern nun weiterentwickelt.
Sachsen fördert das Projekt mit EU-Geld. Wirtschaftsminister Dirk Panter (SPD) sagt, man gebe vier Millionen Euro: "Wir brauchen solche Verfahren, um dann auch die letzte Meile zu überbrücken. Wir werden nicht überall Wasserstoff-Netze bauen können", meint Panter. Das wäre zu teuer. "Da bauen wir natürlich drauf, mit sächsischer Ingenieurskunst, mit der Expertise, die es an der Bergakademie gibt und gab und guten Unternehmern, was zur Serienreife bringen können."
Eisenkugeln statt Gasflaschen: keine Explosionsgefahr
Zur Serienreife gehört am Ende mehr als ein Container mit Eisenkugeln und etwas Wasserdampf. Die Behandlung der Eisenkugeln findet teilweise bei 800 Grad statt. Jeder Endkunde benötigt eine spezielle Anlage, um die Reaktion von Eisen mit Wasser zu ermöglichen und den Wasserstoff einzufangen.
Verfahrenstechniker Martin Gräbner sagt, in Freiberg habe man entsprechende Anlagen schon gebaut und getestet. "Da ist sind ein spezielles Knowhow, Apparate und Komponenten notwendig, die sogar hier am Standort in Freiberg produziert werden können", erklärt Gräbner. Die könne man hier zusammenführen. "Da haben sich andere durchaus schwer damit getan, die systemische Lösung zu finden und genau auf diesen Weg machen wir uns hier gemeinsam."
Noch in diesem Jahr will Ambartec-Vorstand Uwe Pahl ein erstes Wasserstoff-Speicher-Kraftwerk serienreif vorstellen. Von Freiberg aus will er dann erste Industriekunden beliefern. Die Wasserstoff-Versorgung über Eisenkugeln hat noch einen weiteren Vorteil: Beim Transport kann kein Gas entweichen und nichts explodieren.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 04. Februar 2025 | 06:15 Uhr