Arbeitsmarkt in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen Arbeitslosigkeit auf hohem Niveau – was bringt die Zukunft?
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03. Februar 2025, 06:31 Uhr
Mit über 2,9 Millionen Menschen ist die Zahl der Arbeitslosen deutschlandweit auf dem höchsten Stand seit zehn Jahren. Wie stellt sich das in Mitteldeutschland dar, wo liegen die Gründe und welche Entwicklung sehen Experten?
- Unternehmen wie InfraLeuna wollen in den kommenden Jahren spürbar Personal abbauen.
- Auch in der Gastronomie werden weiterhin Verluste verzeichnet.
- Einem Experten zufolge wird die Arbeitslosenzahl weiter ansteigen, der Markt sich aber mit der Zeit anpassen.
Die Zahlen sind deutlich: In Thüringen waren im Januar 72.500 Menschen ohne Arbeit und damit 4.500 mehr als im Dezember. In Sachsen-Anhalt gab es 91.800 Arbeitslose und damit 6.000 mehr als im Vormonat. Die meisten Arbeitslosen hier in Mitteldeutschland wurden in Sachsen registriert mit über 149.000. Das waren 9.000 mehr als im Dezember.
Winter wirkt sich auf Zahlen aus
Zu den Gründen sagt Klaus-Peter Hansen, Chef der sächsischen Arbeitsagentur, diese seien im saisonalen Bereich zu suchen: "Wir haben die Branchen, die im Winter witterungsbedingt weniger Beschäftigung ermöglichen und wir haben die Entlassung von befristeten Arbeitsverhältnissen."
Hinzu kämen die Gesamtlast der Wirtschaft und die Marktentwicklung. Und die üblichen Gründe wie Energiekosten, Lohnkosten, Absatzschwierigkeiten, die Hansen zufolge dazu führen, dass auch andere Branchen Schwierigkeiten haben, ihr Personal zu halten.
Leuna will Personal abbauen
Die Auswirkungen der hohen Energiekosten hat im letzten Jahr unter anderem der Chemiepark InfraLeuna in Sachsen-Anhalt zu spüren bekommen. Das Unternehmen kündigte im Dezember einen Sparkus an: Etwa 100 Stellen sollen in den nächsten zwei Jahren abgebaut werden.
InfraLeuna sei kein Einzelfall bei den energieintensiven Unternehmen, sagt Wolfgang Große-Entrup, Hauptgeschäftsführer beim Verband der Chemischen Industrie: "Die Stimmung in unserer Branche ist leider nicht gut. Der Industriestandort Deutschland ist – ja, man muss es so sagen – ins neue Jahr gestolpert. Wir fallen im internationalen Wettbewerb immer weiter zurück."
Sollte die deutsche Wirtschaft dieses Jahr erneut schrumpfen, wäre dies das dritte Rezessionsjahr in Folge. Eine solche lange Schwächephase habe es in der Geschichte der Bundesrepublik noch nicht gegeben, sagt Große-Entrup: "Energiekosten, Arbeitskosten, Steuern – alles das sind gewaltige Bremsklötze. Hier muss eine neue Bundesregierung ganz ganz dringend ansetzen."
Auch Gastro verzeichnet weiter Verluste
Was sagen andere Branchen, wie zum Beispiel das Hotel- und Gaststättengewerbe, das ja immer wieder Arbeitskräfte sucht? Traditionell sei die Branche zwar flexibel und aufgeschlossen neuen Mitarbeitern gegenüber, sagt Sandra Warden vom Branchen-Verband Dehoga.
Allerdings müsse man sagen, dass die aktuell schwierige Wirtschaftslage auch an Hotellerie und Gastronomie nicht spurlos vorübergehe: "Wir haben im letzten Jahr das fünfte Verlustjahr in Folge verzeichnet. Wir sehen eine kritische Stimmung bei den Verbrauchern, eine große Konsumzurückhaltung und einfach auch nachhaltig schlechte Wirtschaftsdaten", erklärt Warden.
Experte: Arbeitsmarkt wird sich anpassen
Vor Panik bei der Entwicklung der Arbeitslosenzahlen warnt aber der Wirtschaftswissenschaftler Steffen Müller. Der Experte vom Institut für Wirtschaftsforschung Halle sieht keinen Trend zu einer neuen Massenarbeitslosigkeit wie etwa in den 1990er Jahren. Er sagt, langfristig griffen die großen Themen Strukturwandel und demografischer Wandel ineinander – also Veränderungen in der Industriestruktur, ausgelöst durch Dekarbonisierung, Veränderungen bei der Globalisierung sowie technologische Durchbrüche wie Robotik und Künstliche Intelligenz.
Müller erklärt weiter: "Ich denke, Deutschland wird sich erfolgreich diesen Herausforderungen stellen können, aber manchmal wird es auch schmerzhafte Anpassungsprozesse geben, die auch Jahre dauern können." So sei kurzfristig in den nächsten Monaten mit weiter steigenden Arbeitslosenzahlen zu rechnen, sagt Müller.
Langfristig aber würde vor allem in Ostdeutschland auch der Alterungsprozess in der Bevölkerung eine neue Massenarbeitslosigkeit verhindern. Beispiel Südwest-Sachsen: Hier geht in den nächsten 15 Jahren fast ein Drittel der Beschäftigten in Rente.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 03. Februar 2025 | 06:08 Uhr