Einzelhandel Warum viele Unverpackt-Läden wieder schließen
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31. Januar 2025, 07:03 Uhr
36 Kilo Verpackungsmüll produziert jeder von uns im Schnitt pro Jahr. Die Kunststoffabfälle in Deutschland haben in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Gegen diesen Trend stemmen sich sogenannte Unverpackt-Läden. Das sind Geschäfte, die Lebensmittel und andere Waren des täglichen Bedarfs verkaufen. Nur eben ohne Plastikverpackung. Seit 2014 sind viele solcher Läden entstanden, auch in kleinen Städten und ländlichen Gebieten. Doch inzwischen müssen viele wieder schließen.
- Die Umsätze in Unverpacktläden sind angesichts der multiplen Krisen eingebrochen.
- Vom Konzept ihrer Läden sind die Macher dennoch überzeugt, die Gründe für den Knick sind branchenübergreifend.
Hülsenfrüchte, Nudeln, Gewürze und anderes gibt es bei "Emmas Tante" in Görlitz. Ganz ohne Plastikverpackung zum Selbstabfüllen. 2016 hat Susanne May das Lebensmittelgeschäft in der Görlitzer Innenstadt eröffnet. Bei ihr kaufen ganz unterschiedliche Menschen ein, erzählt sie: "Ich hab Rentner, die hier regelmäßig einkaufen kommen, weil sie Milchprodukte oder ein bisschen Zucker brauchen – 'ne Hand voll Zucker oder so, das ist immer ganz niedlich." Sie habe auch junge Familien und "tatsächlich" auch solche, "bei denen man schon merkt, die haben tatsächlich bisschen mehr Geld zur Verfügung. Die machen dann auch ihren Wocheneinkauf hier."
Corona, Krieg, Inflation: Umsätze eingebrochen
Susanne May kann nur kleinere Mengen einkaufen. Außerdem stammen die Produkte aus nicht-konventioneller Landwirtschaft. Deshalb kosten Lebensmittel bei „Emmas Tante“ im Schnitt mehr als in einem Supermarkt. Ein paar Jahre schon merkt Susanne May, dass sich das weniger Menschen leisten können und wollen. Nicht erst seit der Inflation, sondern schon mit Beginn der Corona-Pandemie. Da konnte ihr Laden während des Lockdowns zwar geöffnet bleiben, weil sie Waren des täglichen Bedarfs verkauft. Auf Laufkundschaft musste sie aber mehr und mehr verzichten.
Die Innenstadt sei praktisch tot gewesen, erzählt Susanne May. Glücklicherweise seien die Banken und die Post in der Nähe ihres Ladens gewesen. "Dann ist ja der Krieg ausgebrochen. Mit den Energiepreisen, die sind ja so in die Höhe gegangen." Da habe die Kundschaft gesagt, man habe jetzt kein Geld mehr, man könne es sich nicht mehr leisten, Öko einzukaufen.
Unverpackt-Verband: Konzept nicht für Schließungen verantwortlich
Nicht nur ihrem Geschäft geht es so. Manche Unverpackt-Läden mussten sogar dicht machen, auch in größeren Städten. So hatte kürzlich erst ein Geschäft in Halle angekündigt zu schließen. Christine Holzmann, Sprecherin des Verbands "Unverpackt", bestätigt den Trend: "Unser Verband existiert seit 2019. Und wir haben seitdem schon 30 Prozent weniger Mitgliederläden."
Gründe dafür sieht Holzmann aber nicht im Konzept des Unverpacktladens: "Das ist eigentlich wie in jeder anderen Branche auch. Wenn man sich überlegt, wie oft neueröffnete Cafés oder Restaurants schließen – das ist auch branchenunabhängig. Da ist vielleicht der falsche Standort gewählt, da stecken die falschen Personen dahinter, da ist die Kalkulation falsch, da sind die Erwartungen falsch." Außerdem habe der Einzelhandel in den Innenstädten generell ein Problem. Davon seien eben alle Branchen betroffen.
Susanne May muss für Geschäft in Görlitz immerhin deutlich weniger Miete zahlen als Händler in anderen Städten, sagt sie. Als das Geschäft im vergangenen Jahr gerade nicht so gut lief, starteten ihre Freundinnen eine Crowdfunding-Kampagne. 4.000 Euro kamen dabei zusammen. Das hatte der Händlerin einstweilen geholfen.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 31. Januar 2025 | 06:55 Uhr