Arbeitgebertag Scholz will Lieferkettengesetz noch 2024 abschaffen
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22. Oktober 2024, 21:17 Uhr
Bundeskanzler Olaf Scholz hat der Wirtschaft zugesagt, sie schnell von Bürokratie zu entlasten. Der SPD-Politiker sagte beim Arbeitgebertag in Berlin, das Lieferkettengesetz komme dieses Jahr noch weg. Es ist der Wirtschaft ein Dorn im Auge. Unternehmen beklagten dadurch einen hohen bürokratischen Aufwand und Nachteile gegenüber ausländischen Wettbewerbern. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger forderte zuvor mit Nachdruck bessere Bedingungen für die Wirtschaft.
- Scholz kündigt Abschaffung von Lieferkettengesetz an
- Dulger fordert Veränderungen für die Wirtschaft
- Ampel hatte bereits Aufweichung vereinbart
- Scholz verteidigt Wirtschaftspolitik
Bundeskanzler Olaf Scholz hat den Unternehmen in Deutschland schnelle Entlastung zugesichert. Auf dem Arbeitgebertag in Berlin kündigte er an, dass das Lieferkettengesetz noch in diesem Jahr abgeschafft werde. Scholz reagierte damit auf die Kritik des Präsidenten der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Rainer Dulger, dass vom Bürokratieabbau etwa beim Lieferkettengesetz in den Betrieben nichts ankomme.
Das haben wir ja gesagt, das kommt weg. Dieses Jahr noch.
Dulger fordert Veränderungen für die Wirtschaft
Das Lieferkettengesetz ist der Wirtschaft ein Dorn im Auge. Unternehmen beklagen dadurch einen hohen bürokratischen Aufwand und Nachteile gegenüber ausländischen Wettbewerbern.
Dulger sagte auf der Veranstaltung der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), man habe mehrfach darum gebeten, dieses Gesetz entweder zu lockern oder außer Kraft zu setzen. Wirtschaftsminister Robert Habeck habe zugesichert, er werde sich an die Arbeit machen – doch "geliefert" habe er nicht. Auch mit der jetzigen Ankündigung der Abschaffung zum Jahresende konnte Scholz ihn noch nicht überzeugen.
Ich glaube Ihnen das, wenn die Tinte trocken ist und es bei mir auf dem Lieferschein steht.
Zudem kritisierte Dulger zuvor den Kurs der Ampelregierung. Die Wirtschaft schrumpfe. Die Arbeitslosigkeit steige. Der Standort Deutschland habe für Investoren an Attraktivität verloren. Nötig seien etwa Bürokratieabbau, ausgeglichene Sozialsysteme und mehr Digitalisierung. Wettbewerbsfähigkeit müsse man sich erarbeiten. Das könne man nicht herbei subventionieren.
Ampel hatte bereits Aufweichung vereinbart
Die Koalitionsspitzen hatten bereits im Juli auf Druck der FDP vereinbart, das Lieferkettengesetz aufzuweichen, als Teil der "Wachstumsinitiative" zur Belebung der Konjunktur. Die Vorschriften sollen dann für deutlich weniger Firmen gelten als bisher.
Zwei Drittel der Unternehmen sollen nicht mehr unter die deutschen Vorschriften zur Prüfung von Menschenrechts- und Umweltverstößen entlang ihrer Lieferkette fallen. Bei der Umsetzung von Sorgfalts- und Berichtspflichten gelte es, unverhältnismäßige Belastungen der Unternehmen zu vermeiden, hieß es. Die Europäische Lieferkettenrichtlinie solle demnach so bürokratiearm wie möglich umgesetzt werden.
Das europäische Lieferkettengesetz wurde vor Kurzem verabschiedet. Die EU-Staaten haben nun gut zwei Jahre Zeit, die neuen Regeln in nationales Recht umzusetzen. Ziel des EU-Lieferkettengesetzes ist es, Menschenrechte weltweit zu stärken. Große Unternehmen sollen zur Rechenschaft gezogen werden können, wenn sie von Menschenrechtsverletzungen wie Kinder- oder Zwangsarbeit profitieren. Das deutsche Lieferkettengesetz ist bereits in Kraft.
Scholz und Habeck verteidigen Wirtschaftspolitik
Scholz verteidigte in seiner Rede zudem die Wirtschaftspolitik seiner Regierung. Die Wachstumsinitiative setze an entscheidenden Wachstumsfaktoren an, das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz gehe das Problem der fehlenden Arbeitskräfte entschlossen an, beim Bürgergeld werde zielgenau nachgesteuert, sagte er. Das Bürgergeld sei kein bedingungsloses Grundeinkommen. Wer arbeiten könne, solle auch arbeiten. Wer sich entziehe – und das gelte nicht für die übergroße Zahl der Bürgergeldempfänger – der habe die Botschaft verdient: "Das ist nicht das, was wir wollen". Die Menschen seien "geboren, um zu arbeiten", betonte der Kanzler unter großem Applaus.
Wir sind als Menschen dazu geboren zu arbeiten.
Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck verteidigte sein Vorgehen. Er wolle die energieintensive Industrie auch mit der Umstellung auf klimafreundlichere Produktionsweisen in Deutschland halten. Und er warnte vor zu großer Abhängigkeit bei kritischen Zukunftstechnologien wie Halbleitern.
Der Arbeitgeberpräsident sieht indes mehr Handlungsbedarf beim Bürgergeld. Die "missratene Bürgergeldreform" müsse korrigiert werden. Dulger zufolge bremst sie mehr, als sie nützt. Das Rentenpaket II gehöre ins Museum für verkorkste Reformen, verlangte er. Anreize für Frühverrentung sollten abgebaut werden, Arbeit müsse auch über das Renteneintrittsalter hinaus attraktiv sein.
Der Deutsche Arbeitgebertag wird seit 1999 einmal im Jahr von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände veranstaltet. Vertreter von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft kommen zusammen, um u.a. darüber zu sprechen, wie die Wirtschaft langfristig gestärkt werden kann.
AFP/dpa (das)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 22. Oktober 2024 | 12:00 Uhr