Verhandlungsmarathon Einigung im Tarifstreit bei Volkswagen, sofortige Werksschließungen abgewendet

20. Dezember 2024, 22:39 Uhr

Im Tarifstreit mit Volkswagen ist der Gewerkschaft IG Metall zufolge ein Durchbruch gelungen. Mit der Einigung seien kurzfristige Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen abgewendet worden. Im Gegenzug verzichten die Mitarbeiter in den kommenden Jahren auf Lohnerhöhungen, zudem werden Boni gekürzt. In zwei Werken, darunter Dresden, soll die Produktion auf längere Sicht allerdings eingestellt werden.

  • "Sozialverträglicher" Abbau von mehr als 35.000 Stellen bis 2030, Produktion in zwei Werken langfristig vor dem Aus
  • Längste Verhandlungen in der Geschichte von VW
  • IG Metall spricht von Perspektiven für die Belegschaft

Nach einem beispiellosen Verhandlungsmarathon haben Europas größter Autobauer Volkswagen und die IG Metall ihren Tarifkonflikt offenbar beigelegt. Beide Seiten einigten sich laut Gewerkschaft in mehr als 70-stündigen Verhandlungen auf den Erhalt sämtlicher VW-Werke. Eine unmittelbare Schließung von VW-Werken habe abgewendet werden können, teile die Gewerkschaft mit.

Produktion in zwei Werken langfristig vor dem Aus

Gläserne Manufaktur von VW Transparente Fertigung in der Gläsernen Manufaktur.
Gläserne Manufaktur von VW in Dresden Bildrechte: imago images/Sylvio Dittrich

Bis 2030 sollen dem Konzern zufolge dennoch mehr als 35.000 Stellen gestrichten werden. Der Abbau solle sozialverträglich erfolgen, hieß es. Zudem soll in zwei Werken die Produktion, wie sie jetzt gestaltet ist, auf längere Sicht eingestellt werden: So ist dem Kompromiss zufolge vorgesehen, dass in Dresden Ende kommenden Jahres die Fahrzeugfertigung endet. Für die Zeit ab 2026 werde "ein alternatives Gesamtkonzept erarbeitet", hieß es.

In Osnabrück soll die dortige Produktion im Spätsommer 2027 enden, für die Zeit danach solle eine "Zukunftsperspektive für den Standort" entwickelt werden.

Ich freue mich sehr, dass wir kurz vor Weihnachten noch zu einem Ergebnis gekommen sind.

Daniela Cavallo VW-Betriebsratschefin

IG Metall spricht von Perspektiven für die Belegschaft

Thorsten Gröger (M), Daniela Cavallo und Jan Mentrup, geben nach Tarifverhandlungen mit Volkswagen im Wyndham Hannover Atrium ein Pressestatement ab.
Thorsten Gröger, (Mitte), Bezirksleiter IG Metall, Daniela Cavallo, VW-Betriebsratschefin, und Jan Mentrup, Pressesprechner IG Metall Bildrechte: picture alliance/dpa | Moritz Frankenberg

Die seit drei Jahrzehnten geltende Beschäftigungssicherung wird laut IG Metall wieder in Kraft gesetzt und gilt nun bis 2030. Im Gegenzug verzichten die Mitarbeiter in den kommenden Jahren auf Lohnerhöhungen, Boni werden gekürzt.

IG-Metall-Chefunterhändler Thorsten Gröger sagte, es sei ein Paket geschnürt worden, "das schmerzliche Beiträge der Beschäftigten beinhaltet, aber im gleichen Atemzug Perspektiven für die Belegschaften schafft." VW-Betriebsratschefin Daniela Cavallo betonte, unter schwierigsten konjunkturellen Bedingungen sei eine grundsolide Lösung erkämpft worden.

Längste Verhandlungen in der VW-Geschichte

Begonnen hatten die Gespräche am 25. September. Die fünfte Verhandlungsrunde in dem Konflikt lief seit Montag. Es ist mit mehr als 70 Stunden der längste Verhandlungsmarathon in der Geschichte von Volkswagen. Beide Seiten haben mehrere Nächte durchverhandelt, nur unterbrochen durch kurze Schlafpausen.

Es war ein hartes Ringen um eine Lösung in dem Konflikt: Der VW-Vorstand – unterstützt von den Eigentümerfamilien Porsche und Piech – pochte auf Einsparungen. Finanzchef Arno Antlitz verwies auf massive Überkapazitäten, weil auf dem europäischen Automarkt dauerhaft weniger Fahrzeuge verkauft würden als vor der Pandemie. Zudem stecke das China-Geschäft in einer Krise.

Um die Überkapazitäten in den Griff zu bekommen, hatten die Arbeitnehmer einen eigenen Vorschlag vorgelegt, der unter anderem den Verzicht auf Boni und einen Arbeitszeitfonds beinhaltete. Betriebsratschefin Daniela Cavallo hatte immer wieder betont, dass es mit ihr keine Werksschließungen geben werde. Auch betriebsbedingte Kündigungen und einen Eingriff in das monatliche Entgelt hatten die Arbeitnehmer abgelehnt.

MDR (dpa/reuters/isc)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 20. Dezember 2024 | 19:00 Uhr

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