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Unternehmen wenden sich mit Offenem Brief an Minister Özdemir

MDR AKTUELL Sa 21.12.2024 06:20Uhr 03:19 min

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Offener Brief an Minister Start-ups warten auf zugesagte Fördergelder

21. Dezember 2024, 05:00 Uhr

Eine Haushaltssperre im Bundesministerium für Bildung und Forschung stellt das Programm "Innovation und Strukturwandel" seit Monaten vor Probleme. In einem offenen Brief haben die Betroffenen jetzt auf sich und die schwierige Situation für deutschlandweit insgesamt 350 Projekte aufmerksam gemacht. Betroffene gibt es auch in Mitteldeutschland.

Verschiedene Gegenstände auf und neben Holzpaletten
Aus Stroh kann "Fuse" so einiges herstellen. Bildrechte: Kay Kölzig

Kay Kölzig schwärmt von den Ideen seines Leipziger Startups "Fuse": "Wir bauen hier vor der Halle Hanf an und verpressen das zu Ballen". Mit einer großen Anlage, die in der Halle gerade aufgebaut werde, werde Stroh verarbeitet. "Das ist die Rohstoffgrundlage, mit der man die Textilindustrie beliefern kann, aber auch technische Produkte wie Vliesstoffe, die im Automobilbereich eingesetzt werden".

"Fuse" steht für "Natural Fibers in Use", für nachhaltige, umweltfreundliche Produkte aus Naturfasern, zum Beispiel aus Hanf. Jahrelange Arbeit stecke in diesen Innovationen und ersten Produkten, sagt Kölzig. Doch nun steht er in der unbeheizten, großen Halle ein paar Kilometer südlich von Leipzig, die er extra angemietet hat, und nichts läuft. Der Grund: wichtige Fördergelder vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fehlen. Sie werden dringend benötigt, sind seit Monaten versprochen und fest eingeplant.    

Start-up wartet auf Projektgelder in Höhe von 200.000 Euro

Dabei geht es dem Unternehmer zufolge um 200.000 Euro. Die Firma warte seit dem Projektstart im April auf das Geld, sagt der Unternehmer. "Für den haben wir auch unsere internen Planungen gemacht, also Personal zur Verfügung gestellt, unsere eigenen Ressourcen. Wir haben einen Eigenanteil in den Projekten, den wir leisten müssen. Das ganze Projekt heißt ja "Wandel und Innovationen in der Region". Innovativ könne man aber nicht sein, wenn man mit seinen Ideen jahrelang warten müsse, meint Kölzig. "Wir haben einen potenziellen Kunden, ein Orthopädie-Unternehmen, mit ins Projekt eingebracht, mit denen eigentlich einen Anwendungsfall entwickelt." Die Firma überlege jetzt, ob sie überhaupt noch mitmachen wolle. "Die kommen sich einfach verarscht vor."

Offener Brief an das BMBF fordert Freigabe der Gelder

Über Jahre aufgebautes Vertrauen in sein Start-up gehe dadurch verloren, sagt Kölzig – und bei vielen Beteiligten der Glaube an die staatliche Förderlandschaft. So sieht das auch Christina Peters. Sie ist eine von insgesamt 32 Koordinatorinnen verschiedener Bündnisse, die alle im Bereich Innovationen und Strukturwandel angesiedelt sind und aktuell auf Gelder aus dem BMBF warten.

In einem offenen Brief haben sie deshalb an Bildungs- und Forschungsminister Cem Özdemir appelliert, die Gelder freizugeben. "Die aktuellen Haushaltsmittel sind seit Frühjahr 2024 gesperrt. Hier kommen wirklich keine Projekte, obwohl die bewilligungsreif vorbereitet sind, zum Zug und können nicht weitermachen." Zusätzlich sei die Evaluierung für eine zweite Förderphase, die ab 2025 finanziert werden sollte, ausgesetzt, sagt Peters. Die Projekte und Ideen hätten keine Planungssicherheit und die Politik setze hier ein falsches Signal.

Insgesamt 84 Millionen Euro an Fördergeldern

Rund 350 Projekte könnten deutschlandweit nicht starten, sagt Peters, insgesamt gehe es um etwa 84 Millionen Euro an Fördergeldern. Die sollten eigentlich zum Wandel in strukturschwachen Gebieten beitragen. "Wandel durch Innovation in der Region" (WIR), verspricht das Programm. Ein Schwerpunkt dabei: der Kohleausstieg und die Frage, was kommt danach, gerade in Mitteldeutschland. In den vergangenen Jahren seien in der Region viele Arbeitsplätze verloren gegangen, sagt Peters. "Wir brauchen eine Perspektive und da haben wir in der Region einfach unglaublich gute Voraussetzungen, eine Bioökonomie zu etablieren. Allein bei uns im Bündnis sind es weit über 90 Unternehmen, die hier in der Region aktiv geworden sind, die sich hier einbringen."

Keine Rückmeldung aus dem Ministerium

Den offenen Brief haben sie Ende November verschickt, an Cem Özdemir als aktuell verantwortlichen Minister im BMBF, aber auch an viele andere Politiker und Entscheider. Mit der Bitte um Antwort bis zum 6. Dezember. Das Ergebnis: ernüchternd. "Bisher gab es leider kaum Rückmeldungen. Ich habe eigentlich nur Eingangsbestätigungen bekommen und dass man das Problem auf dem Schirm hat und sich melden wird", so Peters. Passiert sei bislang aber noch nichts.

Auf Nachfrage teilt eine Sprecherin des Ministeriums MDR AKTUELL mit, der Brief sei bekannt und werde in Kürze beantwortet. Und weiter: "Die Mittel für "Innovation & Strukturwandel" sind nicht gesperrt. Die im Einzelplan des BMBF für das Programm bereitgestellten Mittel wurden bereits im Frühjahr 2024 vollständig für Projekte des Programms verbucht. Weitere Mittel stehen gegenwärtig nicht zur Verfügung."

Antwort wirft Fragen auf

Verbucht, aber offensichtlich nicht ausgezahlt. Für Christina Peters wirft diese Antwort des BMBF Fragen auf. Denn die Mittel seien den WIR-Bündnissen zugesichert worden, bisher jedoch nicht verausgabt worden und auch nicht ausgezahlt worden. "Und da stellt sich bei uns doch die Frage: Wo sind die Mittel hin oder wofür wurden sie ausgegeben?" Peters Resthoffnung nun: die vom BMBF "in Kürze" angekündigten Antworten auf den offenen Brief. Fakt ist für sie: wenn die Gelder nicht bald ausgezahlt werden, wird es eng für die innovativen Bündnisse, Firmen und Startups.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 21. Dezember 2024 | 06:00 Uhr

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