Unterbringung von Geflüchteten Erstaufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge – Was tun, wenn sie voll sind?

06. Oktober 2023, 09:26 Uhr

In vielen Kommunen sind die Unterkünfte für Geflüchtete überfüllt, weswegen sie keine neuen mehr aufnehmen könnten. Doch es kommen immer mehr Menschen an, die in Deutschland Schutz suchen. Ein Hörer von MDR AKTUELL fragt sich, wo die Geflüchteten unterkommen, wenn die Aufnahmeeinrichtungen voll sind.

MDR AKTUELL Autorin Kristin Kielon
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Ursprünglich war die Thüringer Erstaufnahmeeinrichtung in Suhl nur für 400 Menschen gedacht. Heute lebten dort knapp 1.400 Geflüchtete, sagt der Präsident des Thüringer Landesverwaltungsamts, Frank Roßner. Deshalb ist jetzt Aufnahmestopp: Neuankömmlinge müssten nach Eisenberg oder Hermsdorf, sagt Roßner.

Zwar gebe es rechnerisch in den großen Hallen in Hermsdorf noch wenige Kapazitäten, aber: "Das ist eigentlich ein Notquartier, das für wenige Tage ist. Wenn die Abnahme in die Kommunen nicht funktioniert, heißt das, dass wir dort Leute möglicherweise eine sehr lange Zeit unterbringen müssen. Das ist schwierig, da es sich da nur um eine alte Werkhalle handelt", sagt Roßner.

In der fensterlosen Halle werden allein reisende Männer untergebracht. Das Land sucht aktuell nach einer weiteren Immobilie für eine Erstaufnahmeeinrichtung. Derzeit kämen täglich 38 Personen, sagt Roßner. Doch die Kommunen nähmen nur acht Menschen auf. Dadurch stauten sich die Menschen in der Erstaufnahme.

Kommunen fast am Limit – bald bleiben nur noch Turnhallen

Doch die Kommunen wissen auch nicht mehr, wohin mit den Geflüchteten, erklärt Carsten Rieder vom Gemeinde- und Städtebund Thüringen. Die Unterkünfte seien voll, in ehemals freien Wohnungen wohnten inzwischen Menschen aus der Ukraine. "Dann gibt es irgendwann nur noch die Möglichkeit, Turnhallen oder ähnliche Unterbringungsmöglichkeiten in Anspruch zu nehmen", erklärt Rieder. Zwar wolle er keine Panik verbreiten, sagt Rieder, aber irgendwo müsse man hin mit den Menschen.

Die Sporthallen seien für die Landkreise in Sachsen-Anhalt die letzte Option, erklärt Michael Struckmeier vom Landkreistag Sachsen-Anhalt. Das Land teilte indes mit, die Erstaufnahme-Plätze kontinuierlich weiter zu erhöhen, um den Kommunen etwas Luft zu verschaffen.

Die Landräte könnten jedenfalls angesichts der angespannten Lage nichts mehr ausschließen, sagt Struckmeier. "Natürlich ist das Ziel, irgendwo alle in Wohnungen unterzubringen, aber es werden möglicherweise auch Unterkünfte errichtet werden müssen, eben in Modularbauweise – sprich Containerdörfer. Mindestens ein Landrat sprach auch davon, möglicherweise Zelte beschaffen zu müssen."

Unterbringung in Zelten in Leipzig

Solche winterfesten Zelte gehören in Sachsen längst zum Alltag: In Leipzig leben bereits Geflüchtete in einer Zeltstadt und es könnten noch mehr werden, befürchtet der Geschäftsführer des Sächsischen Städte- und Gemeindetags, Mischa Woitscheck. Denn in den großen Städten herrsche ohnehin Wohnungsmangel.

Deshalb versuchten die Kommunen, alle denkbaren Unterkünfte zu erschließen, sagt er. Das seien Sammelunterkünfte, ehemalige Lagerhallen, Verkaufsmärkte oder ähnliches. "Aber auch dort gibt es nur begrenztes Angebot. Und um ehrlich zu sein, auch die Eigentümer dieser Märkte wissen, dass wir mehr suchen. Die haben auch Preise, die jenseits von Gut und Böse sind", sagt Woitscheck.

Auch Woitscheck kann nicht komplett ausschließen, dass auch Turnhallen wieder zur Geflüchteten-Unterkunft werden könnten. Allerdings gebe es eine Vereinbarung mit dem Land, das möglichst zu vermeiden. Und der Freistaat habe immerhin für etwas mehr Puffer gesorgt, sagt Woitscheck: In den Erstaufnahmeeinrichtungen sollen die Kapazitäten auf 10.000 Plätze erhöht werden. Aber am Ende kommen die Menschen trotzdem irgendwann in den überlasteten Kommunen an.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 06. Oktober 2023 | 06:21 Uhr

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