Koalitionsverhandlungen Cannabis könnte bald wieder verboten werden
Hauptinhalt
02. April 2025, 15:59 Uhr
Ein Jahr nach dem Beginn der Cannabis-Teillegalisierung in Deutschland ist deren Rücknahme anscheinend weiter Thema in den Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD. Insbesondere die bayerische CSU macht Druck.
- CSU macht Druck in den laufenden Koalitionsverhandlungen.
- Rücknahme bisher nicht vereinbart – SPD will sich nicht äußern.
- Cannabis-Anbauvereine müssten wieder aufgelöst werden.
Die CSU macht jetzt Druck, die von der SPD-geführten Ampel-Regierung beschlossene Teillegalisierung von Cannabis wieder abzuschaffen. "Wir wollen den Fehler der Ampel rückgängig machen und Cannabis wieder verbieten", sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann der Zeitung "Augsburger Allgemeine" und ergänzte mit Blick auf die SPD, dass sich die Innenminister der Länder darüber "parteiübergreifend einig" seien.
Die Hoffnung, durch die teilweise Legalisierung die kriminelle Szene zu schwächen, nannte Herrmann "total trügerisch". Zudem "stellen wir fest", dass es im Verkehr mehr Drogendelikte gebe, was jedoch in Bezug auf legales Cannabis die Deutsche Verkehrswacht noch nicht feststellen konnte.
Weit weniger vehement als ihre bayerische Schwesterpartei trat bisher die CDU in dieser Sache auf. Ihr aktuelles Sprachrohr Thorsten Frei hatte schon Anfang März erklärt, dass Cannabis in den Koalitionsverhandlungen kein Schwerpunkt für die CDU sei. Ein Kompromiss scheint also möglich.
Doch auch Bayerns CSU-Gesundheitsministerin Judith Gerlach forderte in der Zeitung: "Die Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken muss jetzt rasch und vollständig zurückgenommen werden." In den Verhandlungen über eine Koalition solle die SPD den Weg freimachen. "Mit der Ampel-Koalition ist auch ihr gefährlicher Cannabis-Irrweg abgewählt worden", meinte Gerlach.
Im bisher bekannten Papier der Koalitions-Arbeitsgruppe für Gesundheit wird die Cannabis-Legalisierung oder ihre Rücknahme nicht erwähnt, womit das aktuelle Cannabisgesetz bleiben würde. Im Papier zur Innenpolitik heißt es jedoch unter Randnummer 265 und blau unterlegt als Wunsch der Union: "Wir machen die Teillegalisierung von Cannabis rückgängig."
Auch Ärztekammer für Re-Kriminalisierung
Unterdessen forderte nun auch die Bundesärztekammer, zu dem Verbot zurückzukehren. So sprach BÄK-Präsident Klaus Reinhardt in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" erneut von einer Gefährdung für Jugendliche. Es bleibe ein Irrglaube, dass mit dieser Legalisierung deren Gesundheitsschäden reduziert werden. Suchtmediziner und andere Experten sehen das bisweilen anders. So hatte etwa auch der Forscher Jakob Manthey im Interview mit MDR AKTUELL für "mehr Wissenschaftlichkeit" bei dem Thema plädiert.
Doch auch unabhängig von einer neuen Bundesregierung setzt Bayern weiterhin auf Restriktion. Das gelte auch für den Cannabis-Anbau in Vereinen, sagte Gesundheitsministerin Gerlach der "Augsburger Allgemeinen". Bisher sei "noch keine einzige Erlaubnis erteilt". Damit ist Bayern jetzt das einzige Bundesland ohne legalen Cannabis-Anbau außerhalb privater Räume.
Was passiert mit den Anbauvereinen?
Die Ampel-Regierung hatte das Gesetz zur Teillegalisierung von Cannabis beschlossen, es gilt seit 1. April 2024. Besitz und kontrollierter Anbau zum privaten Gebrauch sind erlaubt, allerdings mit vielen Einschränkungen. Auch der Cannabis-Konsum im öffentlichen Raum ist nur beschränkt zulässig.
Die Union hatte schon früh angekündigt, das Gesetz wieder rückgängig machen zu wollen und das auch in ihr Wahlprogramm geschrieben. Würde sie sich durchsetzen, wären wohl unter anderem auch in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen schon zugelassene Cannabis-Anbauvereine wieder aufzulösen. Was dann mit deren Investitionen geschieht, ist offen. Zudem dürften auf Polizei und Justiz auch wieder mehr Verfahren zukommen.
Von der Berliner Sanity Group, die bisher noch nicht ermöglichte Modell-Projekte zu legalen Cannabis-Abgabe an Erwachsene betreuen möchte, kam Widerspruch: Das Unternehmen verweist unter anderem darauf, dass das Cannabisgesetz gerade ein Jahr in Kraft sei und seine erste wissenschaftlich fundierte Evaluation im Herbst dieses Jahres geplant gewesen.
Vorläufig keine klare Reaktion der SPD
Die SPD, deren Gesundheitsminister Karl Lauterbach die Cannabis-Teillegalisierung immer verteidigt hatte, wollte sich zu ihrer Haltung dazu jetzt und dem Stand der Koalitionsgespräche vorläufig nicht äußern. Das wurde MDR AKTUELL auf Nachfrage aus Verhandlungskreisen mitgeteilt.
Als SPD-Politiker verteidigt indes der derzeitige Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Burkhard Blienert, die teilweise Legalisierung von Cannabis. Sie "hat für einen ehrlicheren und entkriminalisierten Umgang mit Drogen einen wichtigen Beitrag geleistet", sagte er den Zeitungen der Mediengruppe Bayern vom Dienstag. Er forderte "eine Suchtpolitik, die schützt, hilft und unterstützt" und nicht auf Vermutungen und Vorurteilen beruht". Blienert riet deshalb dazu, die im Herbst ohnehin geplante Evaluierung abzuwarten.
mit AFP, dpa, LTO, MDR AKUELL
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 01. April 2025 | 08:30 Uhr