
Network-Marketing Tupperware, Vorwerk und Co: Verkaufspartys als Umsatzgarant
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02. April 2025, 10:28 Uhr
Tupperware hat den Vertrieb in Deutschland gerade eingestellt. Neue Pläne machen Hoffnung, dass die Kultmarke und ihre Verkaufspartys noch im April wiederbelebt werden. Experten sehen das Network-Marketing generell kritisch.
Tupperware-Verkaufspartys erstmal vorbei
Die 1946 in den USA gegründete Marke Tupperware dürfte das bekannteste Beispiel für den Direktvertrieb sein. Die Plastik-Dosen wurden jahrzehntelang bei Parties in Wohnzimmern direkt an die Kundschaft verkauft. Doch mit der Insolvenz des US-amerikanischen Unternehmens im September 2023 war auch das Ende des Geschäftsbetriebes in Deutschland eingeläutet, weil der Nachschub versiegte. 2022 hatte der Umsatz nach offiziellen Zahlen des Unternehmens weltweit noch 1,3 Milliarden Dollar betragen, das war jedoch ein Rückgang um 42 Prozent in fünf Jahren.
Im Februar war auch Schluss für den Vertrieb in Deutschland. Kerstin Müller war eine der Tupperware-Verkäuferinnen in den eigenen vier Wänden. 35 Jahre lang hat sie das mit Herzblut gemacht, wie sie dem MDR-Magazin Umschau gesagt hat. "Es gab bestimmte Wochen. Gerade im Weihnachtsgeschäft weiß ich, dass die Leute gerne tuppern. Da wurde alles andere hinten angestellt. Da haben wir schon gut verdient", erinnert sie sich gerne zurück.
Der französiche Unternehmer Cédric Meston will nach Medienberichten die Kultmarke Tupperware in Europa wiederbeleben. Wie das Handelsblatt mitteilt, hat er zunächst den französischen Ableger gekauft und führt Verhandlungen zu den Lizenzen in einzelnen Ländern. Noch diesen April wolle er wieder mit dem Direktvertrieb und den Tupperpartys loslegen.
Direktvertrieb legte 40 Prozent in zehn Jahren zu
Der Direktvertrieb mit seinen verschiedenen Produkten in Deutschland floriert im Allgemeinen. 900.000 Menschen sind hierzulande dort beschäftigt. Der Umsatz der Branche sei in den letzten zehn Jahren um 40 Prozent gestiegen, auf zuletzt 20 Milliarden Euro im Jahr, wie Elke Kopp, Vorstandsvorsitzende des Bundesverband Direktvertrieb Deutschland, gegnüber der Umschau erklärte. Zu den 44 Mitgliedsunternehmen des Verbandes gehören unter anderem Firmen wie Bofrost, Heim und Haus, Bücher-Party und Vorwerk.
Vorwerk ist ein Haushaltegerätehersteller und vor allem bekannt für seine Staubsaugervertreter. Stefanie Günther-Haller ist Verkäuferin bei dem Wuppertaler Unternehmen und vertreibt den Thermomix, der auch aus seinem Hause ist. Dafür fährt sie auch direkt zu ihrer Kundschaft. Mit knapp 1.500 Euro pro Stück ist der Thermomix eine der teuersten Küchenmaschinen der Welt. Sie verkauft auf eigenes Risiko: "Mache ich viel, verdiene ich viel. Mache ich weniger, verdiene ich weniger", sagt sie. "Das Schöne bei Thermomix ist, dass wir eine leistungsorientierte Bezahlung haben.“
Networking als Verkaufskomponente
Zum Vertriebskonzept von Vorwerk zählt auch die Thermomix-Party. Der Slogan: "Erlebniskochen unter Freunden". Hinter diesen Verkaufs-Partys steckt oft das sogenannte Network-Marketing: Kunden, die ein Gerät gekauft haben, laden Verwandte und Freunde zum nächsten Probekochen ein und die dann wiederum ihre Freunde. Damit hatte auch Tupperware lange Erfolge gefeiert. Der Kunde wird in seiner Wohnung vom Vertriebsmitarbeiter individuell beraten, kann das entsprechende Produkt in aller Ruhe auswählen und direkt – also ohne Zwischenhändler – kaufen.
Claudia Groß von der Radboud-Universität Nijmegen in den Niederlanden hat das Prinzip Network-Marketing für eine Studie untersucht. Sie sieht dieses Vertriebskonzept aber kritisch: "Es sind ja eigentlich soziale Beziehungen, Privatbeziehungen, die haben nicht unbedingt eine wirtschaftliche Funktion. Wenn dann das Produkt nichts taugt oder sehr teuer ist, dann entstehen Enttäuschungen oder Freunde fühlen sich auch abgestoßen oder ausgenutzt.“
Lange Vertriebskette sorgt für hohe Preise
Nicht nur Küchengeräte wie der Thermomix, sondern auch Staubsauger, Kosmetik und Nahrungsergängzungsmittel werden von Unternehmen häufig über Network-Marketing vertrieben. Ein Nachteil des Direktvertriebs ist der hohe personelle und organisatorische Aufwand für die Firmen, um ihre Kunden zu erreichen, der sich oft in den höheren Preisen der Produkte niederschlägt. "Beraterin, Gruppenberaterin, Chefberaterin, Direktorin, Seniordirektorin und so weiter. Manchmal haben die zehn oder 20 Level in so einem Unternehmen und die verdienen alle mit", so Claudia Groß.
MDR (cbr)
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Umschau | 01. April 2025 | 20:15 Uhr