Zweiter Weltkrieg Kursk 1943 – Die größte Panzerschlacht der Geschichte
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05. Juli 2023, 05:00 Uhr
Im Juli 1943 wollen Hitler und seine Generale bei Kursk noch einmal einen großen Sieg gegen die Sowjetarmee erzwingen. "Die besten Verbände, die besten Waffen" sollen den Erfolg der am 5. Juli beginnenden Operation garantieren. Knapp 800.000 Soldaten mit 2.500 Panzern und Sturmgeschützen bietet die Wehrmacht noch einmal auf. Doch die letzte deutsche Großoffensive des Zweiten Weltkrieges scheitert.
Frühjahr 1943, deutsche Ostfront: Fast zwei Jahre sind seit dem Überfall des Deutschen Reiches auf die Sowjetunion vergangen. Längst hat die Wehrmacht den Nimbus der Unbesiegbarkeit verloren. Der Untergang der 6. Armee in Stalingrad am 2. Februar 1943 markiert symbolhaft den Wendepunkt des Krieges. Hitlers Eroberungs- und Vernichtungsfeldzug im Osten ist gescheitert.
Defensive an allen Fronten
Auch an anderen Fronten geraten Deutschland und seine Verbündeten zunehmend in die Defensive. In Tunesien kapituliert am 13. Mai 1943 die deutsch-italienische Heeresgruppe Afrika vor Briten und US-Amerikanern. Ein alliierter Angriff auf den Süden Italiens samt einem Kriegsaustritt der verbündeten Italiener droht. Im Pazifik ist Deutschlands Verbündeter Japan nach der verlorenen Schlacht um die Midwayinseln im Juni 1942 in die Defensive geraten.
Südflügel vorerst gerettet
Nach der Niederlage in Stalingrad, bei der 300.000 deutsche und verbündete Soldaten fallen oder in Gefangenschaft geraten, droht sogar der gesamte deutsche Südflügel mit weit über einer Million Mann durch sowjetische Vorstöße abgeschnitten und vernichtet zu werden. Doch die vorpreschenden sowjetischen Panzerverbände werden stattdessen selbst von ihren rückwärtigen Verbindungen abgeschnitten und teils vollständig aufgerieben. Am Ende erleiden die sowjetischen Truppen bei Stalingrad und in den darauffolgenden Operationen sogar Verluste, die jene der deutschen Truppen um ein Vielfaches übersteigen.
Keine Kraft für raumgreifende Operationen
Dennoch ist den deutschen Militärs und selbst Hitler nach den äußerst verlustreichen Winterkämpfen 1942/43 bewusst, dass raumgreifende deutsche Großoperationen wie 1941 und 1942 nicht mehr möglich sind. Bereits seit 1941 ist das deutsche Heer nicht mehr in der Lage, seine personellen Ausfälle zu ersetzen. Die Vernichtung der 6. Armee Anfang 1943 sowie die anschließenden Abnutzungskämpfe im Süden der Ostfront verschärfen die ohnehin schon schwierige Situation des deutschen Ostheeres noch einmal dramatisch.
Zangenangriff am Kursker Frontbogen
Unter den deutschen Generalen entbrennt deshalb eine Debatte, ob man im Kriegsjahr 1943 sein Heil im "Schlagen aus der Nachhand" - also im Parieren gegnerischer Offensivhandlungen - oder weiterhin im "Schlagen aus der Vorhand" - also der eigenen Offensive - suchen sollte. Letztlich setzt sich noch einmal der Offensivgedanke in der deutschen Führung durch. Bei Kursk, einer Stadt im Westen Russlands, soll der große Schlag gegen die Rote Armee erfolgen. Dort ragt seit den letzten Winterkämpfen ein sowjetischer Frontbogen weit in das von den Deutschen besetzte Gebiet hinein. Der deutsche Plan sieht vor, die zahlreichen sowjetischen Verbände im Kursker Bogen in einer großen Zangenbewegung vom Hinterland abzuschneiden und anschließend zu vernichten.
Streit um richtigen Angriffszeitpunkt
Uneins sind sich Hitler und seine Militärs zunächst über den besten Zeitpunkt der Großoffensive. Der Chef der Heeresgruppe Süd, Generalfeldmarschall Erich von Manstein, dessen Truppen von Süden auf Kursk vorstoßen sollen, plädiert für ein möglichst schnelles Losschlagen. Andere Generale wollen die Offensive terminlich möglichst weit nach hinten verschieben. Sie argumentieren, dass sie die Zeit brauchen, um ihre Verbände für den erwarteten schweren Kampf auszurüsten. Manstein wiederum will den Frontbogen liquidieren, bevor die "Russen" diesen durch ein tiefgestaffeltes Verteidigungssystem zur "Festung" ausbauen können.
"Die besten Verbände, die besten Waffen"
Am Ende entschließt sich Hitler, das "Unternehmen Zitadelle", so der Angriffsplan für die Offensive bei Kursk, am 5. Juli zu beginnen. Die bevorstehende Schlacht wird durch den "Führer" zur Prestige- und Schicksalsfrage erhoben, welche die Fähigkeit des deutschen Heeres dokumentieren soll, nach wie vor einen großen Sieg zu erzwingen. Besonders große Hoffnungen setzt Hitler dabei auf neu zugeführte Waffen wie den Jagdpanzer "Ferdinand", der gegnerische Panzer aus zwei Kilometer Entfernung abschießen kann, die neuen "Panther"- und die schweren "Tiger"-Panzer, die ihren sowjetischen Konkurrenten in Panzerung und Feuerkraft deutlich überlegen sind. "Die besten Verbände, die besten Waffen", verspricht Hitler in seinem Operationsbefehl zum "Unternehmen Zitadelle".
Größte Schlacht des Zweiten Weltkrieges
Als die Kursker Schlacht in den frühen Morgenstunden des 5. Juli 1943 losbricht, entwickelt sie sich tatsächlich zur größten Schlacht des Zweiten Weltkrieges und zur größten Panzerschlacht der Geschichte, aber auch zu einer der größten Luftschlachten der Menschheit. Knapp 800.000 deutschen Soldaten mit fast 2.500 Panzern und Sturmgeschützen, fast 7.500 Artilleriegeschützen und knapp 1.400 Flugzeugen sollen die Entscheidung erzwingen. Ihnen stehen rund 1,9 Millionen Sowjetsoldaten mit fast 5.000 Panzern und Sturmgeschützen, über 31.000 Geschützen und mehr als 3.600 Flugzeugen gegenüber.
Panzer an Panzer bei Prochorowka
Zwar können die Deutschen die nominelle Überlegenheit der Sowjets zum Teil durch bessere Waffen und bessere taktische Fähigkeiten ausgleichen, doch die tief gestaffelten sowjetischen Verteidigungsstellungen und Minenfelder im Kursker Bogen verhindern ein zügiges Vorankommen der deutschen Soldaten. Lediglich im Süden gelingt es, die sowjetische Front 50 Kilometer tief einzudrücken. Bei dem Ort Prochorowka kommt es am 11. und 12. Juli zur größten Panzerschlacht der gesamten Operation, bei der sich die gegnerischen Panzer auf nächste Distanz umkurven, gegenseitig abschießen und sogar rammen. Trotz ihrer Überlegenheit bei Prochorowka gelingt es den deutschen Verbänden aber nicht, den Kursker Frontbogen abzuschneiden.
Abbruch nach starken Gegenoffensiven
Als die Sowjetarmee am 12. Juli nördlich des Bogens bei Orel die deutsche Front durchbricht und wenige Tage später südlich davon eine Großoffensive in Richtung Donezk beginnt, bricht das Oberkommando des Heeres das "Unternehmen Zitadelle" am 16. Juli ab. Über 54.000 Mann an Gefallenen, Verwundeten und Vermissten haben die Deutschen bis dahin zu beklagen. Bis zum 23. August steigen die deutschen Gesamtverluste an der Ostfront sogar auf über 200.000 Mann. Die sowjetische Seite verliert bis zum 16. Juli sogar fast 178.000 und bis zum 23. August rund 863.000 Soldaten in der Kursker Schlacht sowie bei den anschließenden Operationen.
Während die Sowjetarmee ihre Verluste jedoch auch weiterhin ersetzen kann, ist die Offensivkraft des deutschen Heeres im Osten endgültig gebrochen. Von nun an geht es nur noch zurück. Ende 1944 erreicht der Krieg gegen die Sowjetunion, der am 22. Juni 1941 begann, erstmals deutschen Boden.
Dieser Artikel erschien erstmals am 5. Juli 2020.
Literaturhinweise
- Töppel, Roman: Kursk 1943. Die größte Schlacht des Zweiten Weltkrieges, Paderborn 2017.
- Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg, Band 8. Die Ostfront 1943/44. Der Krieg im Osten und an den Nebenfronten. Von Karl-Heinz Frieser, Klaus Schmider, Klaus Schönherr, Gerhard Schreiber, Krisztián Ungváry, Bernd Wegner. Hrsg. Vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt, Stuttgart 2007.
- Pöhlmann, Markus: Der Panzer und die Mechanisierung des Krieges. Eine deutsche Geschichte 1890 bis 1945, Paderborn 2016.