Britischer Soldat in der Schlacht am Monte Cassino im Mai 1944
Britischer MG-Schütze in der dritten Schlacht am Monte Cassino im Mai 1944. Oben rechts die Ruinen des zerbombten Montecassino-Klosters. Bildrechte: IMAGO / piemags

"Krieg im Museum" Monte Cassino 1944 – Zweiter Weltkrieg in Italien

10. März 2024, 05:00 Uhr

Im Sommer 1943 landen Briten und US-Amerikaner im Süden Italiens. Mühsam kämpfen sie sich nach Norden auf Rom vor. Doch am Monte Cassino versperrt die Wehrmacht ihnen Anfang 1944 den Weg. Ein viermonatiger erbitterter "Krieg im Museum" tobt, dem neben zehntausenden Soldaten und Zivilisten auch das weltberühmte Montecassino-Kloster zum Opfer fällt.

Es ist eine Hölle aus Explosionen und Feuer, die am 15. Februar 1944 über die altehrwürdige Benediktinerabtei Montecassino 120 Kilometer südöstlich von Rom hereinbricht. 567 Tonnen Spreng- und Brandbomben aus den Schächten von 249 US-Bombern verwandeln eine der bedeutendsten Klosteranlagen der Christenheit in einen Trümmerberg. Mindestens 250 Mönche und schutzsuchende Zivilisten sterben.

Vierte Zerstörung von Montecassino

Beschädigte Abtei Montecassino, 1944
Die Montecassino-Abtei nach ihrer Zerstörung am 15. Februar 1944. Bildrechte: IMAGO / UIG

Es ist die vierte Zerstörung des Klosters seit seiner Gründung durch den Heiligen Benedikt von Nursia im Jahr 529. Doch weder der Furor der Langobarden 577 und Sarazenen 883 noch das verheerende Erdbeben von 1349 kommen der Vorstellung von der Hölle als Ort der Vernichtung so nahe wie das Bombardement des Jahres 1944.

Die Zerstörung der Abtei Montecassino ist das bekannteste Beispiel für die Verluste an Denkmälern, die der "Krieg im Museum" – so die Bezeichnung deutscher Offiziere für den an Kulturgütern reichen italienischen Kriegsschauplatz – mit sich bringt.

Alliierte Landung auf Sizilien

Dass Italien zu einem Schlachtfeld des Zweiten Weltkrieges wird, "verdankt" es maßgeblich Großbritanniens Premierminister Winston Churchill. Während die US-Amerikaner nach dem angestrebten Sieg über die deutsch-italienische Heeresgruppe Afrika 1943 schnellstmöglich eine zweite Front in Westeuropa eröffnen wollen, plädiert Churchill dafür, zunächst den "weichen Unterleib" des deutschen Machtbereichs in Südeuropa anzugreifen.

Ein Universal-Transporter wird an Land geschleppt, während im Hintergrund Truppen Munition aus einem Landungsboot entladen, 10. Juli 1943.
Landung britischer Truppen auf Sizilien am 10. Juli 1943. Bildrechte: IMAGO/piemags

Am 10. Juli 1943 landen 181.000 Briten, Kanadier und US-Amerikaner auf Sizilien. Dem aus Naumburg an der Saale stammenden kommandierenden General Hans-Valentin Hube gelingt es in hinhaltenden Rückzugskämpfen, bis zum 17. August 130.000 deutsche und italienische Soldaten über die Straße von Messina auf das italienische Festland zu retten.

Sturz Mussolinis und Kriegsaustritt Italiens

Von Wehrmacht entwaffnete italienische Soldaten in Bozen.
Von der Wehrmacht entwaffnete italienische Soldaten in Bozen, September 1943. Bildrechte: imago/United Archives International

In Rom hat mittlerweile Marschall Pietro Badoglio den gestürzten Diktator Benito Mussolini abgelöst und geheime Waffenstillstandsverhandlungen mit den Alliierten aufgenommen. Die Deutschen rechnen längst mit einem "Verrat" und verlegen bereits seit Mai immer mehr Truppen nach Italien. Als schließlich am 8. September der Waffenstillstand zwischen Italien und den Westalliierten bekannt wird, entwaffnen Wehrmacht, SS und deutsche Polizei innerhalb weniger Tage eine Million italienischer Soldaten. Weitere zwei Millionen tauchen unter.

Landung im Golf von Salerno

Zeitgleich setzen auch die Alliierten auf das italienische Festland über. Am 9. September landen 100.000 US-Amerikaner und Briten im Golf von Salerno südlich von Neapel. Am selben Tag geht ein britisches Kontingent im apulischen Tarent an Land. Sechs Tage zuvor waren britische Soldaten bereits in Reggio di Calabria gelandet.

US-Truppen landen im Golf von Salerno Italien
US-Truppen nach ihrer Landung im Golf von Salerno am 9. September 1943. Bildrechte: imago/United Archives

Anders als von den Alliierten erwartet, lähmt der Kriegsaustritt der Italiener die Abwehrbereitschaft der deutschen Truppen keineswegs. In Kalabrien und Apulien zwingen ihre Nachhuten dem vorrückenden Gegner verlustreiche Rückzugskämpfe auf. Bei Salerno gelingt es der deutschen 10. Armee am 13. September sogar fast, den alliierten Brückenkopf aufzuspalten und die Briten und US-Amerikaner ins Meer zurückzutreiben. Die schwere Schiffsartillerie der Alliierten und ihre Luftüberlegenheit verhindern das.

Verlust Neapels und Debatte im OKW

Der anschließende Versuch der Deutschen, südlich von Neapel eine neue Verteidigungslinie aufzubauen und die wichtige Hafenstadt zu halten, scheitert an einem Volksaufstand. Am 1. Oktober ziehen die US-Amerikaner in Neapel ein.

US-Soldaten begutachten zerstörten Panzer IV bei Salerno 1944.
US-Soldaten begutachten zerstörten Panzer IV unweit der Stadt Salerno, 1944. Bildrechte: IMAGO/Pond5 Images

Zwei Tage später bringt eine amphibische Operation der Briten den Adria-Flügel der neuen deutschen Verteidigungslinie nördlich von Neapel zum Einsturz. Das Ereignis bestätigt jene Generalstabsoffiziere im Oberkommando der Wehrmacht (OKW) und an der Front, die für eine Räumung Süd- und Mittelitaliens und eine Rücknahme der deutschen Truppen auf eine Verteidigungsstellung in Norditalien plädieren. Sie erkennen, dass die italienische Halbinsel mit ihren langen Küsten den Alliierten permanente Möglichkeiten bietet, die deutschen Abwehrlinien durch Amphibienunternehmen im Rückraum auszuhebeln.

Hitler lässt Kesselring Gustav-Linie anlegen

Adolf Hitler entscheidet jedoch am 4. Oktober, Italien möglichst weit im Süden zu verteidigen. Unter anderem will der deutsche Diktator auf dem italienischen Kriegsschauplatz möglichst viele alliierte Truppen binden und von einer Invasion in Frankreich abhalten.

Albert Kesselring
Der Oberbefehlshaber in Italien, Generalfeldmarschall Albert Kesselring, an der Cassino-Front 1944. Bildrechte: IMAGO / Photo12

Der Oberbefehlshaber Süd (später Südwest), Generalfeldmarschall Albert Kesselring, lässt an der engsten Stelle des italienischen Stiefels eine starke Verteidigungsstellung ausbauen. Die 150 Kilometer lange "Gustav"-Linie lehnt sich im Norden an den in die Adria fließenden Fluss Sangro und im Süden an den ins Tyrrhenische Meer mündenden Garigliano mit seinen Zuflüssen Gari und Rapido an. Dazwischen bildet der Abruzzische Appenin mit dem knapp 2.800 Meter hohen Majella-Massiv um den Monte Amaro ein schwer zu überwindendes Hindernis.

Cassino ist der Schlüssel für Rom

Karte von Italien aus dem II. Weltkrieg von G. H. Davis
Die britische Karte zeigt das Schlüsselgelände um Monte Cassino (Bildmitte), das den Weg durchs Liri-Tal nach Rom versperrt. Bildrechte: IMAGO / Gemini Collection

Der direkte Weg nach Rom führt südlich der Abruzzen durch das brettebene Tal des Flusses Liri. Hier verlaufen die Straßen- und Bahnverbindungen zwischen Rom und Neapel. Nördlich des Eingangs ins Liri-Tal thront die Benediktinerabtei Montecassino auf dem 519 Meter hohen Bergkegel des Monte Cassino, einem Ausläufer des knapp 1.700 Meter hohen Monte Cairo. In der Ebene zu Füßen des Monte Cassino liegt die Stadt Cassino. Im Süden wird der Zugang zum Liri-Tal durch den zum Anti-Apennin gehörenden 940 Meter hohen Monte Maio beherrscht. Für den Militärhistoriker Magnus Pahl ist der Raum um Monte Cassino ein klassisches Schlüsselgelände: "Cassino war der Schlüssel, mit dem das Tor nach Rom aufzusperren war."

Vormarsch im Schneckentempo

Karikatur "It s a long way to Rome", 1944
"Es ist ein langer Weg nach Rom." Ein Propagandaplakat der NSDAP-Auslandsorganisation in Frankreich verspottet das Schneckentempo des alliierten Vormarschs in Italien, 1944. Bildrechte: IMAGO / KHARBINE-TAPABOR

Nach ihren vorangegangenen Erfolgen sind die Alliierten Anfang Oktober 1943 optimistisch, binnen eines Monats in Rom einzumarschieren. Doch allein der Vormarsch bis zur "Gustav"-Linie, der im Süden der Front zwischen 30 und 70 Kilometer beträgt, dauert dreieinhalb Monate. Verlustreiche Rückzugsgefechte mit deutschen Nachhuten, zerstörte Brücken, Hinterhalte, Minensperren, langwierige Stadt- und Häuserkämpfe und extrem schlechtes Wetter halten die Alliierten immer wieder auf. Erst am 17. Januar 1944 erreicht die 5. US-Armee, zu der neben US-amerikanischen auch britische und freifranzösische Verbände gehören, ihre Angriffspositionen vor der "Gustav"-Linie im Raum Cassino. Von dort sind es noch 120 Kilometer bis Rom.

Landung bei Anzio und Nettuno

Sherman-Panzer geht 1944 in Anzio an Land
Landung eines britischen Sherman-Panzers bei Anzio am 22. Januar 1944. Bildrechte: IMAGO / United Archives International

Wie zuvor bei Neapel wollen die Alliierten auch die deutsche Verteidigungslinie vor Rom mithilfe einer amphibischen Operation im Rückraum aushebeln. Am 22. Januar landen 50.000 Briten und US-Amerikaner bei Anzio und Nettuno 40 Kilometer südlich von Rom. Die Deutschen haben zunächst kaum Truppen in der Gegend. Doch die Alliierten verpassen ihre Chance, durch einen schnellen Vorstoß nach Norden die rückwärtigen Verbindungen der deutschen Cassino-Front zu kappen. Auch ein vorausgegangener Angriff einer US-Elitedivision auf die "Gustav"-Linie bei Cassino mit geplantem Vorstoß ins Liri-Tal endet in einem Fiasko. 2.000 US-Soldaten fallen innerhalb weniger Stunden.

Deutsche Gegenoffensive bei Anzio

Deutsches Eisenbahngeschütz nimmt alliierte Landungstruppen bei Anzio unter Feuer 1944.
Ein deutsches Eisenbahngeschütz Krupp K5 (E), Kaliber 28 Zentimeter, nimmt den Brückenkopf von Anzio unter Feuer. Bildrechte: imago/United Archives International

Ein Versuch der alliierten Landungstruppen bei Anzio/Nettuno, Ende Januar doch noch aus ihrem Brückenkopf auszubrechen, wird von der mittlerweile dort zusammengezogenen 14. Armee der Wehrmacht verhindert. Aus 40 Kilometern Entfernung nehmen zwei riesige deutsche 28 cm-Eisenbahngeschütze den Landungskopf bei Anzio unter Feuer. Dem deutschen Großverband gelingt es im Gegenzug sogar fast, die Räumung des alliierten Brückenkopfs zu erzwingen. Die Reaktion der Alliierten ist ein erneuter Großangriff auf die von der deutschen 10. Armee gehaltene "Gustav"-Linie im Raum Cassino. Ziel des Angriffs ist es, endlich den Durchbruch ins Liri-Tal zu erzwingen und zugleich den hart bedrängten Anzio/Nettuno-Brückenkopf zu entlasten.

Gurkhas sollen Montecassino stürmen

Historische Farbaufnahme: Monte Cassino-Gebiet Britische Soldaten feuern Granaten auf deutsche Wehrmachtseinheiten
Britische Soldaten mit Granatwerfer an der Cassino-Front, vermutlich Februar 1944. Bildrechte: IMAGO / Reinhard Schultz

Den Hauptstoß an der Cassino-Front führt diesmal das Neuseeland-Korps von Lieutenant-General Bernard Freyberg, zu dem auch im Nah- und Gebirgskampf erfahrene indische Sikh- und Gurkha-Soldaten gehören. Sie sollen das Schlüsselgelände des Monte Cassino mit der Abtei einnehmen, während südlich davon eine neuseeländische Division den Fluss Rapido überqueren und ins Liri-Tal vorstoßen soll. Freyberg besteht darauf, dass das Montecassino-Kloster, in dem er deutsche Abwehr- und Beobachterstellungen vermutet, vorher sturmreif bombardiert wird.

Bombardierung des Montecassino-Klosters

Historische Schwarweiß-Aufnahme: Bombeneinschläge auf einem Hügel
Die Bombardierung des Montecassino-Klosters am 15. Februar 1944. Bildrechte: IMAGO / Pond5 Images

Tatsächlich liegt die Abtei innerhalb der deutschen Hauptkampflinie. Hitler persönlich, der zwar kunstsinnig, aber wenig kirchenfreundlich ist, soll dies veranlasst haben. Allerdings verbietet der Oberbefehlshaber in Italien, Kesselring, seinen Soldaten, das Gelände im Umkreis von 300 Metern um das Kloster zu besetzen. Vorsorglich lassen deutsche Offiziere die Archiv- und Kunstschätze aus Montecassino in den Vatikan nach Rom evakuieren. Freyberg kann sich jedoch nicht vorstellen, dass die Deutschen die festungsartige Klosteranlage nicht für ihre Verteidigung nutzen und beharrt auf ihrer Bombardierung. Am 15. Februar 1944 wird das Kloster durch 576 Tonnen Bomben und Artilleriefeuer schwer zerstört.

Deutsche Fallschirmjäger halten Klosterberg

Deutsche Fallschirmjäger mit MG 42 in einem ausgebomten Turm des Klosters Montecassino, 1944
Deutsche Fallschirmjäger im Kampf um die Ruinen des Klosters Montecassino, 1944. Bildrechte: imago images / Everett Collection

Die meisten im weiteren Umfeld des Klosters liegenden Stellungen der deutschen Fallschirmjäger, die mittlerweile den Monte Cassino verteidigen, werden aber nicht getroffen. Zudem versäumt es Freyberg, seine Infanterie rechtzeitig in günstige Ausgangsstellungen vorrücken zu lassen, aus der sie unmittelbar nach der Bombardierung den Berg hätten stürmen können. Das gibt den deutschen Fallschirmjägern Zeit, sich zu sammeln und auch die Klosterruine zu besetzen. Als die indischen Soldaten schließlich zum Angriff auf den Klosterberg antreten, rennen sie ins offene Messer. Auch die Angriffe der Neuseeländer über den Rapido scheitern.

Drei Schlachten am Monte Cassino

Britische Soldaten im Kampf um die Stadt Cassino März 1944
Britische Soldaten im Kampf um die Stadt Cassino im März 1944. Bildrechte: imago/United Archives International

Am 18. Februar brechen die Alliierten die erste Schlacht am Monte Cassino nach hohen Verlusten ab. Noch zwei weitere Schlachten um den Klosterberg und die vorgelagerte Stadt sollen folgen. Erst mit der dritten Cassino-Schlacht endet am 18. Mai 1944 das blutige Ringen am Monte Cassino. Die Alliierten kostet der viermonatige Kampf über 50.000, die Deutschen über 20.000 gefallene, verwundete und vermisste Soldaten. Nach dem Fall der "Gustav"-Linie steht den Alliierten der ersehnte Weg durch das Liri-Tal nach Rom offen. Am 4. Juni 1944 ziehen US-Truppen in die Ewige Stadt ein. Die Deutschen ziehen sich nach Norditalien zurück.

Krieg in Italien tobt bis Mai 1945

US-Soldaten mit Panzern rücken im Juni 1944 in Rom ein
Am 4. Juli 1944 ziehen die ersten US-Soldaten in Rom ein. Bildrechte: IMAGO / Leemage

Der Krieg in Italien geht danach noch fast ein Jahr lang weiter und beschert dem Land weiteres großes Leid. Jeweils 100.000 alliierte und deutsche Soldaten fallen insgesamt in den Kämpfen auf der Apenninhalbinsel. Zudem sterben bis zu 160.000 italienische Soldaten und Zivilisten im Zuge der Kampfhandlungen, davon mindestens 60.000 durch alliierte Bombenangriffe. Weitere 10.000 Zivilisten werden Opfer deutscher Vergeltungsmaßnahmen infolge des Partisanenkriegs. Erst am 2. Mai 1945 endet der "Krieg im Museum" mit einer deutschen Teilkapitulation.

Literaturhinweise

  • Pahl, Magnus: Monte Cassino 1944. Der Kampf um Rom und seine Inszenierung, Paderborn 2021.
  • Stimpel, Hans-Martin: Die deutsche Fallschirmtruppe 1942-1945. Einsätze auf Kriegsschauplätzen im Süden, Hamburg 1998, S. 282-328.
  • Vogel, Thomas: Der Zweite Weltkrieg in Italien 1943-1945, Ditzingen 2021.