Ein Auto wird mit einem Kanister und der Aufschrift "Klimaschutz könnte man Tanken" an einer Tankstelle - vor einer E-Fuels-Probefahrt im Rahmen der Stuttgarter Mobilitätswoche
Experten halten es für unwahrscheinlich, dass synthetische Kraftstoffe bald an Tankstellen zu kaufen sind. Bildrechte: picture alliance/dpa | Tom Weller

Verbrennungsmotoren Was sind E-Fuels und können sie eine sinnvolle Alternative sein?

09. März 2023, 13:54 Uhr

Synthetische Kraftstoffe, sogenannte E-Fuels, werden von ihren Befürwortern – in Deutschland vor allem die FDP – als Chance gesehen, dass bei einem EU-Verbot auch nach 2035 noch Autos mit Verbrennungsmotoren fahren können. Sie gelten als sauber. Ob sie eine sinnvolle Alternative sein können, wird von Kritikern jedoch bezweifelt.

Was sind E-Fuels und wie werden sie produziert?

Electrofuels sind synthetische Kraftstoffe, hergestellt aus Wasserstoff. Verbunden etwa mit dem klimaschädlichen Kohlendioxid können sie die Eigenschaften von Diesel, Benzin oder Kerosin haben. Sie sind dann wie konventionelle Motor-Brennstoffe kohlenstoffhaltig und flüssig.

Bei der Herstellung aus Wasserstoff und CO2 wird Wasser technisch in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten und dann der Wasserstoff mit aus der Luft abgeschiedenen Kohlendioxid zu Kraftstoff verbunden.

Sind solche Kraftstoffe auch wirklich sauber?

Das kommt auf ihre Herstellungsweise an. E-Fuels gelten nur dann als klimaneutral, wenn der für die sehr energie-intensive Produktion nötige Strom aus erneuerbaren Quellen stammt, etwa aus Wind-, Wasserkraft oder Solaranlagen, und wenn der Atmosphäre dabei Kohlendioxid entzogen wird. Dessen Abscheidung aus der Luft braucht allerdings ebenfalls viel Energie, da die CO2-Konzentration in der Luft für die E-Fuel-Produktion zu gering ist.

Die Verbrennung der E-Fuels in Motoren erzeugt tatsächlich, wie bei Kraftstoffen aus fossilen Quellen, ebenfalls umweltschädliche Abgase. Nur eine geringere Freisetzung von Ruß und Stickoxiden ist möglich. Auch wird das in dem Kraftstoff zunächst gebundene CO2 dann wieder freigesetzt.

Wie effizient sind diese E-Fuels überhaupt?

Dem Umweltbundesamt zufolge ist ihr Einsatz in Pkw-Verbrennungsmotoren "hochgradig ineffizient". Für dieselbe Fahrleistung ist demnach die drei- bis sechsfache Menge an Strom im Vergleich zu einem Elektro-Pkw nötig.

Die TU-Ingenieure der Bergakademie im sächsischen Freiberg rechneten vor, dass vor einem Verbrauch von fünf Litern E-Fuel auf 100 Kilometern rund 50 Kilowattstunden Strom für die Herstellung nötig sein könnten. Das entspricht etwa dem halben Monatsverbrauch eines deutschen Single-Haushalts. Auch der ADAC spricht von hohen Wirkungsverlusten: Von der eingesetzten Energie würden im Auto nur zehn bis 15 Prozent wirksam, weshalb E-Fuel-Autos wohl mindestens fünf Mal so viel Energie wie heutige Elektro-Autos bräuchten.

Funktioniert die Technik in der Praxis?

Der ADAC hat E-Fuels Mitte 2022 in einigen Autos getestet und bei Leistung und Fahrverhalten keine Unterschiede im Vergleich zu fossilen Brennstoffen festgestellt. Auch gilt das bestehende Tankstellen-System als geeignet, E-Fuels zu vertreiben, entweder als Beimischung oder in Reinform.

Werden E-Fuels schon produziert?

Ja, aber nur in Pilotanlagen. Der Kraftstoff für Testfahrten des ADAC etwa stammte aus einer Versuchsanlage der Bergakademie Freiberg in Chemnitz. Der Autohersteller Audi betreibt eine solche Anlage in der Schweiz, Porsche baut eine in Chile. Der Aufbau großer Produktionsanlagen kostet laut ADAC neben technologischem Know-how viel Zeit, Fläche und immens viel Geld.

Was könnten E-Fuels an der Tankstelle kosten?

Nach Angaben des ADAC "scheint heute ein Preis von weniger als zwei Euro pro Liter machbar". Dafür spreche, dass die Produktionskosten für grünen Strom fallen und "Massenherstellung" die E-Fuels so erschwinglich machen.

Was sagen die Befürworter dazu?

Nach Einschätzung des Sportwagenherstellers Porsche könnten die E-Fuels bis zu 90 Prozent der bisherigen CO2-Emissionen von Verbrennungsmotoren vermeiden. Die deutsche Mineralöl- und Energiewirtschaft argumentiert, dass beim Wirkungsgrad nicht nur betrachtet werden dürfe, wie viel Energie eine Fahrt verbrauche. Es gehe vielmehr darum, wie viel Energie es brauche und wie viel CO2 ein Fahrzeug von der Herstellung über die Fahrleistung bis zum Recycling verursache. Hier schnitten E-Fuel-Autos besser ab als andere.

Weltweit gibt es nach Angaben der Bergakademie Freiberg aktuell noch etwa 1,4 Milliarden Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren. Sie könnten kaum alle in kurzer Zeit verschwinden, ohne für die Produktion alternativer Autos enorme Mengen von Energie aufzuwenden. Für Verbrenner könnten E-Fuels deshalb eine Lösung für diesen Übergang sein. Autohersteller wie Mercedes oder VW gehen aber davon aus, dass sich langfristig das Elektroauto durchsetzt.

Was entgegnen Kritiker der E-Fuels im Pkw?

Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) sieht die E-Fuels nicht als sinnvolle Alternative für private Autos. Sie sollten nur für unvermeidbaren Flug- und Schiffsverkehr genutzt werden. Greenpeace spricht hier von einer Verschwendung sauberer Energie und die Heinrich-Böll-Stiftung davon, dass "grüner Wasserstoff" eine rare Ressource bleibe, eine Art "Champagner der Energiewende", der nicht in die Tanks von privat genutzten Autos gehöre.

Auch das Umweltbundesamt sieht die Zukunft synthetischer Kraftstoffe wegen ihres schlechten Wirkungsgrads vor allem im Schiffs- und Flugverkehr. Wasserstoff soll demnach "nur in den Bereichen eingesetzt werden, in denen direkte Nutzung von erneuerbarem Strom nicht möglich ist" und nur "unter bestimmten Umständen" auch im Güter-Fernverkehr aus der Straße.

Haben E-Fuels eine Zukunft?

Die Frage ist offen. Die "Denkfabrik" Transport&Environment erklärte im Oktober 2022, dass mit von der Industrie produzierten Mengen im Jahr 2035 nur fünf Millionen von geschätzten 287 Millionen Autos in der EU mit E-Fuels betrieben werden könnten. Die TU-Ingenieure aus Freiberg gehen nicht davon aus, dass in Deutschland eine Produktion in großem Stil bald möglich wäre, da es an genug "grünem Strom" fehle. E-Fuels ließen sich aber gut speichern und transportieren, weshalb ihr Herstellungsort nicht entscheidend sei.

mit dpa/AFP (ksc)

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