Klimaneutraler Sprit E-Fuels an Tankstellen noch Zukunftsmusik

03. März 2023, 15:44 Uhr

Die Ampelkoalition hat beschlossen, dass es E-Fuels bald in Reinform an Tankstellen zu kaufen geben darf. Damit könnten auch Autos mit Verbrennungsmotor klimaneutral unterwegs sein. In Sachsen gibt es bereits Pläne zur Herstellung des synthetischen Kraftstoffs, doch Experten halten es für unwahrscheinlich, dass diese bald an den Tankstellen zu kaufen sind.

Sebastian Becker setzt alles auf E-Fuels. Er hat das junge Start-up-Unternehmen refuel.green mit Sitz in Dresden mitgegründet. Der Plan: In den kommenden Jahren will das Unternehmen E-Fuels produzieren. Ein Liter soll in der Produktion nicht mehr als einen Euro kosten.

E-Fuels oder auch E-Sprit werde mithilfe von Strom aus Wasser und CO2 hergestellt, erklärt Becker: "Man kann den Kohlenstoff aus dem CO2, also das C und den Wasserstoff aus dem Wasser, das H2, abtrennen in chemischen Prozessen. Dann kombiniert man das C mit dem H2, und dann hat man Kohlenwasserstoffe. Das sind dann diese elektrisch erzeugten Kohlenwasserstoffe oder Kraftstoffe."

Damit E-Fuels aber wirklich klimaneutral sind, gibt es zwei Bedingungen: Das CO2 muss aus der Atmosphäre gewonnen werden, der benötigte Strom muss Ökostrom sein. Produziert würden die E-Fuels deshalb im Ausland, sagt Becker. Er beschreibt geeignete Orte: "Das sind die windigen Wüsten dieser Welt, wo es sehr viel Sonnenenergie und Wind gibt. Dadurch ist es einfach sehr günstig, solaren Strom und Windstrom herzustellen. Das kann die Sahara oder die Wüste Namib oder in Australien sein. Dort werden sicherlich die Anlagen stehen, die diese E-Fuels herstellen."

"Riesenchance" für Sachsen

Trotzdem hätten E-Fuels auch in Sachsen eine große Bedeutung, sagt René Stahlschmidt vom Chemieanlagenbau Chemnitz. Zusammen mit der TU Bergakademie Freiberg arbeitet sein Team seit fast 15 Jahren daran, wie E-Fuels hergestellt werden können.

Stahlschmidt betont, es sei eine große Chance, aus Sachsen Technologien anzubieten, die weltweit genutzt werden könnten. Das schaffe Arbeitsplätze: "Zum einen natürlich für die Ingenieur-Unternehmen, die solche Anlagen planen. Die, die Komponenten dafür bauen, gibt es auch einige in Sachsen. Aber auch, wenn dann Produktionsanlagen in Sachsen entstehen sollten. Einige Neustromprojekte gibt es ja bereits in der Lausitz und in der Leipziger Region, wo Erstanlagen durchaus geplant sind." Für Sachsen sei das eine Riesenchance.

Nachteile der E-Fuels

Der synthetische Kraftstoff habe aber auch viele Nachteile, meint Falko Ueckerdt. Er arbeitet am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und forscht speziell zu E-Fuels. Ueckerdt meint: Der Kraftstoff würde zum Beispiel im Flugverkehr viel Sinn ergeben, sei aber immer noch sehr teuer – etwa sechsmal so teuer wie Benzin. Dazu kommt: E-Fuels bräuchten etwa fünfmal so viel Strom wie ein E-Auto.

Der allergrößte Nachteil ist laut Ueckerdt aber, dass es die E-Fuels praktisch noch nicht gibt: "Wir haben ganz wenige Demonstrationsanlagen. Zum Beispiel wurde im Dezember eine Pilotanlage eingeweiht in Chile mit deutscher Beteiligung. Und die Anlage stellt etwa fünf Tankfüllungen E-Fuels pro Tag her. Das repräsentiert ganz gut, wo wir da global stehen." Dass wir also wirklich bald E-Fuels an Tankstellen kaufen können, da sieht Ueckerdt aktuell eine Chance von nahezu null.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 03. März 2023 | 06:00 Uhr

Mehr aus Wirtschaft

Nachrichten

Ein Mann lächelt in die Kamera. 1 min
Bildrechte: Andreas Franke

Nachrichten

Porträt Olaf Feuerborn 1 min
Bildrechte: MDR/Engin Haupt

Mehr aus Deutschland