Debatte um Böllerverbot Silvesterkrawalle in Berlin: Scholz verurteilt Angriffe auf Rettungskräfte
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02. Januar 2023, 20:21 Uhr
Die vielen Angriffe auf Einsatzkräfte und die schweren Böller-Unfälle in der Silvesternacht haben die Debatte um härtere Strafen und ein generelles Verbot von privatem Feuerwerk neu entfacht. Regierungssprecherin Christiane Hoffmann sagte, Bundeskanzler Olaf Scholz und die gesamte Bundesregierung verurteilten die Übergriffe. Innenministerin Nancy Faeser fordert die konsequente Anwendung möglicher Strafen.
- Bundesinnenministerin Nancy Faeser will bestehende Strafmöglichkeiten "mit aller Konsequenz" durchsetzen.
- Die Feuerwehrgewerkschaft fordert Kameras für Einsatzfahrzeuge
- Die Debatte um Für und Wider eines Böllerverkaufsverbots geht weiter
Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich bestürzt über die Angriffe auf Einsatzkräfte in der Silvesternacht gezeigt. Der Kanzler und die gesamte Bundesregierung verurteilten die "teils massiven" Übergriffe auf Einsatzkräfte und auch auf Journalisten "auf das Schärfste", sagte Vizeregierungssprecherin Christiane Hoffmann. Der Rechtsstaat dürfe nicht zulassen, dass Einsatzkräfte "diesen Übergriffen ausgesetzt" seien. Die Bundesregierung danke den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Rettungsdienste für ihren "mutigen Einsatz" in der Silvesternacht.
Faeser verweist auf mögliche Freiheitsstrafen
Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser zeigte sich "fassungslos und wütend" über die Angriffe auf Einsatzkräfte in der Silvesternacht.
Faeser erklärte, Chaoten und Gewalttäter hätten mit einer massiven Brutalität Polizei- und Rettungskräfte attackiert, mit Böllern und Raketen beschossen, behindert, bedroht und in große Gefahr gebracht. Diese Verrohung erfordere ein konsequentes Handeln.
Faeser betonte, die Strafvorschriften zum Schutz von Polizei- und Rettungskräften seien in den vergangenen Jahren bereits erheblich verschärft worden. Jetzt müssten sie "gegen Chaoten und Gewalttäter mit aller Konsequenz angewandt und durchgesetzt werden". Das schließt nach den Worten der Ministerin auch empfindliche Freiheitsstrafen ein.
Auch die Gewerkschaft der Polizei fordert eine harte Reaktion von Justiz und Politik. GdP-Chef Jochen Kopelke forderte, die Innenministerien müssten dafür sorgen, dass sich eine "solche Nacht" nicht wiederhole. Darüber hinaus müsse "jeder gezielte Angriff auf einen Menschen in Uniform" zu "Ermittlungen und einer Gerichtsverhandlung mit hartem Urteil führen".
Feuerwehr fordert Kameras für Einsatzfahrzeuge
Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey forderte eine bundesweite Debatte über Konsequenzen aus der Silvesternacht. "Es gibt hier natürlich Gesprächsbedarf, das ist völlig klar", sagte Giffey und fügte hinzu: "Es ist auch klar, es wird nicht nur eine Berliner Diskussion sein können, es muss eine bundesweite Diskussion sein. Wir können bestimmte Regelungen nicht alleine in Berlin treffen."
Die Deutsche Feuerwehr-Gewerkschaft fordert als Konsequenz aus den Angriffen auf Einsatzkräfte in Berlin und anderen Städten in der Silvesternacht, die Einsatzfahrzeuge mit sogenannten Dashcams auszustatten. So könnten Angriffe besser dokumentiert werden, teilte der Landesverband Berlin-Brandenburg mit. In der zurückliegenden Silvesternacht hatte es in mehreren Städten Angriffe mit Böllern auf Rettungsdienste, Feuerwehr und Polizei gegeben. Allein die Berliner Feuerwehr registrierte 38 Übergriffe, 15 Einsatzkräfte seien verletzt worden, eine davon musste stationär in ein Krankenhaus aufgenommen werden.
Berlins Kultursenator für bundesweites Verkaufsverbot für Böller
Unterdessen geht auch die Debatte um privates Feuerwerk weiter. Berlins Kultursenator Klaus Lederer sprach sich für ein bundesweites Böllerverkaufsverbot aus. Das müsse bundesrechtlich geregelt werden, sagte der Linken-Politiker dem RBB. Eine Ausweitung der Böllerverbotszonen sieht Lederer kritisch, weil für die Durchsetzung viele Einsatzkräfte benötigt würden. Polizistinnen und Polizeibeamte sollte man für das einsetzen, für was sie da sind, "und nicht für Katz-und-Maus-Spiele in der Stadt".
Zuvor hatten bereits die Deutschen Umwelthilfe und die Gewerkschaft der Polizei Berlin ein Verkaufsverbot für privates Feuerwerk gefordert. GdP-Landeschef Stephan Weh sagte, Pyrotechnik werde gezielt als Waffe gegen Menschen eingesetzt. Das müsse ein Ende haben.
Faeser lehnt Böllerverbot ab – auch Union und FDP dagegen
Bundesinnenministerin Faeser lehnt ein allgemeines und generelles Böller-Verbot in Deutschland ab. "Das bestehende Recht bietet bereits umfassende Möglichkeiten, um das Abbrennen pyrotechnischer Gegenstände zu verbieten oder auch zu begrenzen", sagte sie.
Gegen ein Böllerverbot sprachen sich auch Politiker von Union und FDP aus. Das Verhalten von Kriminellen dürfe nicht bedeuten, "dass auch die vielen friedlich Feiernden einem generellen Feuerwerksverbot unterliegen sollten", sagte der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei, der "Rheinischen Post". Ähnlich äußerte sich die parlamentarische Geschäftsführerin der FDP-Bundestagsfraktion, Christine Aschenberg-Dugnus in derselben Zeitung.
Kriminologe für kommunales statt privates Feuerwerk
Der Kriminologe Thomas Feltes hält hingegen ein Böllerverbot zu Silvester für angemessen, um Rettungskräfte vor Gewalt zu schützen. Der Professor der Ruhr-Universität Bochum schlägt vor, dass Kommunen Feuerwerke organisieren. Zwar würden dann wahrscheinlich immer noch illegale Böller gezündet, sagte der Wissenschaftler. Aber wenn die Polizei wisse, es sei verboten, habe sie bessere Möglichkeiten, dagegen vorzugehen.
DPA,AFP,epd(dko)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 01. Januar 2023 | 19:30 Uhr
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