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Audio: Immer mehr Menschen in Deutschland sind pflegebedürftig. Doch eine kontinuierliche Erhöhung des Pflegebeitrags ist nicht die Lösung, sagen Experten. Bildrechte: IMAGO / Michael Gstettenbauer

Erhöhter Pflegebeitrag ab 2025 Dreht sich die Kostenspirale immer weiter?

23. Dezember 2024, 13:28 Uhr

In Deutschland sind immer mehr Menschen auf Pflege angewiesen. Die Pflegeversicherung braucht deshalb mehr Geld. Aus diesem Grund wird der Beitrag für die Pflegeversicherung ab 1. Januar um 0,2 Prozentpunkte erhöht. Dafür hat der Bundesrat am Freitag grünes Licht gegeben. Experten sind sich aber einig, dass die Erhöhung das Finanzierungsproblem auf lange Sicht nicht lösen wird.

Um 3,7 Milliarden Euro pro Jahr sollen die Einnahmen der gesetzlichen Krankenkassen durch die Erhöhung des Pflegebeitrags steigen. Geld, dass die klammen Kassen gut gebrauchen können. Hans-Jürgen Völz vom Bundesverband der mitteldeutschen Wirtschaft spricht deshalb von einer notwendigen Reform – allerdings mit negativen Folgen für die Wirtschaft. "Es ist so, dass durch die steigenden Sozialversicherungsbeiträge der Unternehmensstandort Deutschland weiter an Wettbewerbsfähigkeit verliert, dass mit jetzt über 42 Prozent Gesamtsozialversicherungsbeitragssatz Arbeit in Deutschland immer unattraktiver wird."

GKV-Spitzenverband sieht Finanzierungsproblem nicht gelöst

Jochen Pimpertz vom Institut der deutschen Wirtschaft kritisiert, dass durch die Erhöhung nicht nur das Nettogehalt für Arbeitnehmer sinkt, sondern auch die Kosten für die Unternehmen steigen. Er fordert, dass Pflegebedürftige, die über Vermögen verfügen, selbst für ihre Pflegekosten aufkommen sollen.

Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen, der auch die Pflegekassen vertritt, bezeichnet die Beitragsanhebung als "Notbehelf". Sprecher Jens Ofiera sieht darin keine langfristige Lösung des Problems. Die Anhebung des Beitragssatzes zur Pflegeversicherung sichere die finanzielle Stabilität vorübergehend. "Nicht mehr und nicht weniger. Die geplante Erhöhung wird im besten Fall bis zum Jahresende 2025 reichen, aber das grundsätzliche Finanzierungsproblem in der Pflege ist damit nicht gelöst."

Sozialverband VdK rechnet mit weiterer Beitragserhöhung

Auch der Sozialverband VdK rechnet damit, dass der Beitrag im nächsten Jahr wieder angehoben werden muss. Präsidentin Verena Bentele spricht von einer immer höheren Belastung für die Versicherten. "Wir sehen, dass gerade überall die Beiträge erhöht werden, die Zusatzbeiträge der Krankenkassen, Pflegeversicherungsbeiträge steigen. Also sprich: Die Versicherten werden immer mehr zur Kasse gebeten, die Leistungen werden aber nicht besser, sondern tendenziell eher schwieriger zu kriegen", so die Verbandspräsidentin.

Bentele sagt, dass die Finanzierung der Pflegekassen vollständig reformiert werden müsse. Sie fordert eine solidarische Kranken- und Pflegeversicherung, in die sowohl privat als auch gesetzlich Versicherte einzahlen sollen. "Das ist eine substanziell wichtige Veränderung, damit das System von allen getragen wird und die großen Rücklagen, die im Moment in der privaten Pflegeversicherung da sind, allen zur Verfügung stehen."

Gesundheitsökonom: Laufen auf eine Pflegekatastrophe zu

Auch der Gesundheitsökonom David Matusiewicz sieht dringenden Handlungsbedarf. Durch die demografische Entwicklung sei das aktuelle System ein "Fass ohne Boden". "Wir laufen auf eine Pflegekatastrophe zu, wenn wir so weitermachen. 0,2 Prozentpünktchen mehr oder weniger. Wenn das so weitergeht, werden wir das ganze System nicht mehr finanzieren können und das sehenden Auges."

Matusiewicz sagt, dass das Problem seit den 70er-Jahren bekannt sei. Nun müsse der Fokus endlich von der Einnahmen- auf die Ausgaben-Seite gelenkt werden. 30 bis 40 Prozent der Pflegekosten seien Kosten für Bürokratie. Die könnten z. B. durch eine bessere Digitalisierung deutlich gesenkt werden.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 23. Dezember 2024 | 07:12 Uhr

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