Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD, r-l), Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, und Christian Lindner (FDP), Bundesminister der Finanzen, nehmen an einer Pressekonferenz zum Haushaltsplan 2025 teil.
Die Ampel-Regierung hatte den Haushalt für 2025 eigentlich bereits beschlossen. Nun zweifelt das Finanzministerium von Christian Lindner (links) an der Verfassungsmäßigkeit. Bildrechte: picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Gutachten Finanzministerium fordert Nachverhandlungen zum Bundeshaushalt 2025

02. August 2024, 12:23 Uhr

Die Verhandlungen zum Bundeshaushalt für 2025 hatten sich lange gezogen. Anfang Juli fand die Ampel-Koalition dann einen Kompromiss. Doch nun fordert das Finanzministerium Nachverhandlungen. Einerseits gibt es laut Gutachten Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit, andererseits müsse ein Finanzierungsloch von 17 Milliarden Euro geschlossen werden.

Die Ampel-Koalition muss ihren Kompromiss zum Bundeshaushalt 2025 möglicherweise grundlegend nachverhandeln. Die Bundesregierung hatte den Haushaltsentwurf erst im Juli nach langwierigen Verhandlungen auf den Weg gebracht. Wie das Bundesfinanzministerium am Donnerstag mitteilte, haben zwei Gutachten ergeben, dass weitere Gespräche zu drei Vorhaben im Haushalt notwendig seien. Diese Vorhaben sollten eine auch nach den Verhandlungen der Ampel-Koalition im Haushalt bestehende Finanzierungslücke von 17 Milliarden Euro um die Hälfte reduzieren. Sonst, so hatte Lindner gewarnt, drohten Sperren im Haushaltsvollzug.

Konkrekt geht es bei den Maßnahmen um Darlehen an die Bahn und die Autobahngesellschaft sowie um Geld, das aus der Zeit der Gaspreisbremse bei der Förderbank KfW liegt. Weil man sich schon während der Haushaltsverhandlungen unsicher war, ließ Bundesfinanzminister Christian Lindner die Pläne verfassungsrechtlich und wirtschaftlich noch einmal prüfen.

Zwei Gutachten kritisieren drei Maßnahmen im Haushalt

Der wissenschaftliche Beirat, unabhängige Berater des Bundesfinanzministeriums, und auch ein Rechtsgutachten warnen nun vor einem Verfassungsbruch. "Der Beirat äußert vor dem Hintergrund der Schuldenbremse an allen drei genannten Maßnahmen erhebliche Zweifel", schreibt der Beirats-Vorsitzende in einem Brief, über den zuerst das "Handelsblatt" berichtete. Die Nutzung der ursprünglich für die Gaspreisbremse vorgesehenen, aber nicht benötigten rund fünf Milliarden Euro der KfW galt bereits vor dem Gutachten als riskanteste Maßnahme.

Auch das Rechtsgutachten des Bielefelder Professors Johannes Hellermann sieht laut Ministerium verfassungsrechtliche Risiken. Die Mittel sollten nicht zum Stopfen der Finanzierungslücke genutzt, sondern lediglich zur Schuldentilgung eingesetzt werden.

Bei zwei weiteren Vorhaben sind die Bewertungen weniger eindeutig. Aus Sicht des Beirats könnte es Probleme geben, falls statt der geplanten Zuschüsse an die Bahn und die Autobahngesellschaft Darlehen vergeben würden. Unter Umständen etwa könnten Darlehen an die Autobahngesellschaft demnach gar nicht als sogenannte finanzielle Transaktion gewertet werden – sie müssten also doch auf die Schuldenbremse angerechnet werden. Das würde der Bundesregierung dann keinen neuen finanziellen Spielraum bringen. Auch Darlehen an die Deutsche Bahn könnten kritisch sein – allerdings weniger aus juristischen Gründen, sondern mit Blick auf die hohe Verschuldung des Staatskonzerns.

Wie es mit dem Haushalt 2025 weitergeht

In den Etatplänen für das kommende Jahr klafft weiterhin eine riesige Finanzierungslücke. Gut neun Milliarden Euro hofft die Ampel dadurch auszugleichen, dass die Ministerien am Ende eines Jahres nie alle ihnen zustehenden Mittel auch tatsächlich abrufen. Das ist üblich, denn auch in den vergangenen Jahren blieben regelmäßig Milliardenbeträge übrig. Doch ein Loch von 17 Milliarden auf diese Weise zu stopfen, scheint unrealistisch. So hatte Lindner im "Handelsblatt" bereits angekündigt, keinen Haushalt mit einem solchen Loch beschließen zu lassen. 

Der Finanzminister hatte von Beginn an Bedenken an den Vorhaben geäußert und die Vorschläge dem SPD-geführten Kanzleramt zugeschrieben. Sie galten ohnehin nur als Notlösung, weil die Ampel-Parteien keine gemeinsame Haltung zur Aufnahme neuer Schulden fanden. Vor allem die SPD hatte sich dafür eingesetzt, wegen des Ukraine-Kriegs eine außergewöhnliche Notlage zu erklären und Lücken im Haushalt durch dann erlaubte neue Kredite zu schließen. Diese Forderung könnte nun erneut auf den Tisch kommen – auch wenn das Finanzministerium versucht, die Debatte im Kern zu ersticken. Die Option, die Schuldenbremse durch Erklärung einer Notlage auszusetzen, gebe es "verfassungsrechtlich und ökonomisch nicht", wurde in Kreisen des Finanzministeriums betont.

dpa (kar)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 01. August 2024 | 19:00 Uhr

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