Fragen und Anworten Bundeshaushalt 2025: Was steckt drin?
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07. Juli 2024, 13:08 Uhr
Die Koalitionsspitzen melden Einigung beim Bundeshaushalt 2025. Zentraler Punkt: Die Schuldenbremse bleibt. Teil des Etatentwurfs ist, Überstunden und das Arbeiten über das Rentenalter hinaus attraktiver zu machen. Weitere Details müssen im Kabinett und Parlament noch geklärt werden. Ein Überblick zu den Eckpunkten und Kritik der Opposition.
Wie sieht der weitere Fahrplan bis zum Beschluss des Bundesetats für 2025 aus?
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) haben eine Grundsatzeinigung im Streit um den Bundeshaushalt für 2025 erzielt und Eckpunkte vorgestellt. Scholz sprach von einem "gelungenen Gesamtkunstwerk".
Vorgesehen im Bundeshaushalt sind Rekordinvestitionen und Steuererleichterungen – und das alles unter Einhaltung der Schuldenbremse. Nach dieser im Grundgesetz festgeschriebenen Regel darf sich Deutschland nur bis zu einer Höhe von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes neu verschulden.
Der weitere Fahrplan sieht vor, dass der Etatentwurf am 17. Juli im Kabinett beschlossen werden soll. Dann werden nach Worten von Lindner auch detailliertere Zahlen zu den Einzeletats vorgelegt. Mitte September beginnen die Haushaltsberatungen im Bundestag, bei denen weitere Änderungen zu erwarten sind. SPD, Grüne und FDP planen, dass der Bundesrat den Bundeshaushalt für 2025 noch möglichst im November besiegeln.
Was sind die zentralen Punkte im Haushaltskompromiss?
- Der Bundeshaushalt 2025 soll ein Volumen von 481 Milliarden Euro haben, das liegt auf dem Niveau des Etats für 2024.
- Der Bund will im kommenden Jahr 44 Milliarden Euro neue Schulden aufnehmen, laut Finanzminister Lindner wird damit die Schuldenbremse eingehalten.
- Die Investitionsausgaben sollen auf den Rekordwert von 57 Milliarden Euro steigen, ein Großteil davon für Schienen und Autobahnen.
- Für 2024 ist ein Nachtragshaushalt in Höhe von 11,3 Milliarden Euro geplant.
- Bürgerinnen und Bürger sollen 2025 und 2026 insgesamt um 23 Milliarden Euro entlastet werden – durch höhere Freibeträge und Anpassungen bei der Lohn- und Einkommensteuer.
Leistungen für Familien und Kinder
- Für armutsgefährdete Kinder und Familien plant die Koalition insgesamt rund eine Milliarde Euro mehr ein.
- Das Kindergeld steigt auf 255 Euro monatlich, der Kindersofortzuschlag für Familien im Bürgergeld um fünf Euro auf 25 Euro.
- 2025 soll eine umfassende Kindergrundsicherung kommen.
- Der Kinderfreibetrag soll noch 2024 um 228 Euro auf 9.540 Euro angehoben werden, 2025 dann auf 9.600 Euro.
Bürgergeld/Arbeitsmarkt
- Mitwirkungspflichten beim Bürgergeld sollen laut Lindner "präzisiert und verschärft" und die Zumutbarkeitsregeln "entwickelt" werden; die Karenzzeiten bei Schonvermögen sollen halbiert werden.
- Geplant ist zudem eine "Anschubfinanzierung" für Langzeitarbeitslose, um mit einem Job aus dem Bürgergeld herauszukommen; sie sollen im ersten Jahr mehr von ihrem Verdienst behalten können, ohne dass das etwa auf das Wohngeld angerechnet wird.
- Habeck zufolge sollen so 100.000 Menschen aus dem Bürgergeld in Arbeit kommen, das bringe Einsparungen in dreistelliger Millionenhöhe.
- Bürgergeld-Bezieher sollen künftig Jobs mit einem täglichen Arbeitsweg von bis zu drei Stunden annehmen müssen.
- Es soll mehr Anreize für mehr und längere Beschäftigung geben; so sollen Überstunden von Steuer und Abgaben befreit sein. Eine Aufstockung auf Vollzeit sowie das Arbeiten im Rentenalter sollen mit Prämien bezuschusst werden.
- Ausländische Fachkräfte sollen in den ersten drei Jahren in Deutschland einen Steuerrabatt bekommen.
Wachstumspaket
- Lindner plant umfassende Entlastungsmaßnahmen für die Wirtschaft, um ein Wachstumsplus von mehr als einem halben Prozent zu erreichen. Das soll ein Plus der Wirtschaftsleistung um 26 Milliarden bewirken.
- Geplant sind u.a. bessere Abschreibungsmöglichkeiten für Unternehmen (etwa bei gewerblichen E-Autos) sowie Bürokratieabbau und Steuervergünstigungen für arbeitende Rentner.
- Die europäische Lieferkettenrichtlinie soll schnell in nationales Recht umgesetzt werden, um das strengere deutsche Gesetz gegen Kinder- und Zwangsarbeit abzulösen und Berichtspflichten zu verringern; das Gesetz soll laut Lindner künftig für deutlich weniger Firmen gelten.
Verteidigungsausgaben
- Für die Bundeswehr soll 2025 ist weniger Geld eingeplant, als von Bundesminister Boris Pistorius (SPD) gefordert.
- Der Wehretat soll von aktuell 52 Milliarden Euro um etwa 1,2 Milliarden Euro wachsen.
- Das Zwei-Prozent-Ziel der Nato für Verteidigungsausgaben soll eingehalten werden.
- Der Verteidigungshaushalt soll dann bis zum Jahr 2028 auf rund 80 Milliarden Euro steigen.
Innere Sicherheit und Katastrophenschutz
- Lindner kündigte rund eine Milliarde Euro Mehrausgaben für die Sicherheitsbehörden an.
- 2025 sind bei der Bundespolizei 1.000 Stellen geplant.
- Auch der Katastrophenschutz, das Technische Hilfswerk und der Zoll sollen besser ausgestattet werden.
Hat sich die FDP im Streit um die Schuldenbremse durchgesetzt?
Die Debatte um die Schuldenbremse ist noch nicht vom Tisch, auch wenn die FDP das so darstellt. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich behält sich das Instrument vor, über einen Notlagenbeschluss eine Ausnahme von der Schuldenbremse zu ermöglichen. Er sagte nach der Haushaltseinigung, es seien "eine Menge Kunstgriffe nötig" gewesen, um die Milliardenlücke im Bundeshaushalt 2025 zu schließen. Ein Notlagenbeschluss ist nach Artikel 115 des Grundgesetzes etwa bei Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen möglich.
Auch SPD-Chefhaushälter Dennis Rohde hält sich Änderungen am Etatentwurf offen: "Das Parlament ist bereit, mit der heute vorgelegten Einigung (…), die Vorschläge zu prüfen und zu verbessern. Soziale Sicherheit in unserem Land ist und bleibt der Garant für gutes Zusammenleben."
Wie bewerten Vertreter der Opposition den Haushalts-Kompromiss?
Unions-Chefhaushälter Christian Haase (CDU) bewertet die Einigung als Versuch, das Außenbild der zerrütteten Koalition aufzupolieren. Die anstehenden Landtagswahlen – mit womöglich schlechten Wahlergebnissen für die Ampelfraktionen – würden zeigen, ob die Schuldenbremse dann weiter Bestand haben werde.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hält das Ergebnis vom Freitag für unzureichend. Es "reicht nicht zu einer grundlegenden Wende". Die Ampel habe zwar einen Koalitionsbruch abgewendet, doch es fehle weiter eine langfristige Perspektive.
Die AfD kritisierte den Beschluss. Die Frage, ob das Bündnis am Haushalt zerbreche, habe sich nie gestellt, schrieb Parteichefin Alice Weidel bei X. "Von vornherein war klar: Die FDP knickt ein. Lindners Motto: Besser schlecht reagieren als nicht regieren."
Von der Linkspartei kam vor allem Kritik am Festhalten an der Schuldenbremse. Co-Vorsitzende Janine Wissler sagte, wenn die Ampel Unternehmen entlaste, die Bundeswehr aufrüste und Steuern senke, "geht das nur, wenn massiv bei den Sozialausgaben gekürzt wird".
BSW-Chefin Sahra Wagenknecht wertete die Haushaltseinigung der Ampel als "Durchbruch ohne Wert". Das sei "keine Einigung auf einen Haushalt, sondern aufs bloße Weiterregieren." Die Ampel wolle während der Heim-Fußball-EM keine Regierungskrise auslösen. Im Herbst werde es dann "entweder Sozialkürzungen oder eine Ausnahme von der Schuldenbremse für weitere Kriegsmilliarden" geben.
mit dpa, AFP (ans, amu)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 05. Juli 2024 | 14:00 Uhr