Sprechblasen mit sächsischer Mundart
Deutsch besteht aus Dialekten. Bildrechte: IMAGO / Steinach

Welttag der Muttersprache Bedeutung der Dialekte: So spricht man in Mitteldeutschland

21. Februar 2024, 12:52 Uhr

Der Dialekt ist für viele Menschen ein Ausdruck von Heimatgefühl. Anlässlich des Welttags der Muttersprache am 21. Februar befassen wir uns mit Mundarten und Dialekten in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen: Was ist der Ursprung und wie entwickelte sich daraus das heutige Hochdeutsch? Was genau spricht man in den mitteldeutschen Bundesländern? Und: Warum sprechen immer weniger junge Menschen Dialekt? Eine Übersicht.

Ob in Gesprächen, in Geschichten oder Liedern – Dialekte sind noch immer allgegenwärtig. Schon Goethe bemerkte: "Jede Provinz liebt ihren Dialect." Er ist laut dem Dichterfürsten "das Element, in welchem die Seele ihren Athem schöpft." So werden zum Beispiel Nahrungsmittel oder alltägliche Gegenstände in bestimmten Regionen unterschiedlich genannt – im Norden Sachsen-Anhalts spricht man zum Beispiel von der "Stulle", im Süden Sachsens sagt man "Bemme".

Hauswand mit halleschen Wörtern
Jeder Dialekt hat seine eigenen Wörter – hier stehen einige auf einer Hauswand in Halle. Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Hendrik Schmidt

Das Wort Dialekt stammt ursprünglich aus dem Griechischen und kann mit "Gespräch oder Redensweise von Gruppen" übersetzt werden. Bei MDRfragt wurde in Mitteldeutschland nun die Community gefragt: "Dialekte: liebenswert oder lächerlich?". Mehr als 23.300 Menschen haben teilgenommen. Darin wird unter anderem deutlich: Neun von zehn Befragten möchten Dialekte und Mundart der Region erhalten.

Der Ursprung der Dialekte

Verschiedene Dialekte, in der Sprachwissenschaft als "ortsgebundene Sprachvarietät" bezeichnet, sind heutzutage mit Vorurteilen belastet. Das liegt vielleicht auch an ihrem Ursprung. Bis zum Ende des Mittelalters war Dialekt die Sprache des einfachen Volkes, je nach Ort und Region verschieden. Professoren, Kleriker und Humanisten sprachen Latein.

Der Grundstein für das heutige Hochdeutsch wurde von niemand anderem als Martin Luther gelegt. Als er 1521 die Bibel ins Deutsche übersetzte, musste er eine Variante des Deutschen wählen, die man im ganzen Land verstehen würde. In einer Tischrede sagte er mal: "Es sind aber in der deutschen Sprache viel Dialecti, unterschiedliche Arten zu reden, dass oft einer den anderen nicht wohl versteht." Mit dem massentauglichen Buchdruck und der damit verbundenen Verbreitung schuf er die Grundlage für eine allgemeingültige deutsche Sprache. Dialekte sind natürlich trotzdem erhalten geblieben.

Lutherdenkmal in Wittenberg
Reformator Martin Luther hat mit seiner Bibelübersetzung den Grundstein für das heutige Hochdeutsch gelegt. Bildrechte: imago/Schöning

Heute wird im östlichen Mitteldeutschland im Allgemeinen vor allem Sächsisch und Thüringisch gesprochen – wobei es hier auch weitere Untergruppen gibt. Nimmt man es genauer, unterscheidet die moderne Dialektologie in Thüringisch, Obersächsisch, Lausitzisch-Märkisch und die weitgehend historischen Dialekte Schlesisch, Böhmisch, Nordmährisch und Hochpreußisch.

So spricht man in Sachsen

In Sachsen unterscheidet man in fünf Sprachräume, dabei sind die Grenzen jedoch fließend: Obersächsisch oder auch Meißnisch, Osterländisch rund um Leipzig, Vogtländisch, Erzgebirgisch und Lausitzisch.

Eine grüne Tafel, auf der mit Kreide die sächsischen Wörter für Speisen und Getränke geschrieben stehen
So geht sächsisch: eine Speisekarte. Bildrechte: IMAGO / Zoonar

Die Besonderheit am sächsischen Dialekt ist, dass man ihn auch in der geschriebenen Sprache wiederfindet. Zum Beispiel in Gedichten von Lene Voigt oder Asterix-Comics auf Sächsisch. Trotzdem hat das Sächsische keinen guten Ruf – in einer Umfrage eines unabhängigen Meinungsforschungsinstituts aus dem Jahr 2023 liegt es deutschlandweit bei der Beliebtheit auf dem letzten Platz.

Um das Sächsische zu rehabilitieren, hat der Leipziger Autor und Kabarettist Gunter Böhnke vergangenes Jahr das Buch "Sächsisch – Von Modschegiebschn und Diggnischln" herausgebracht. Außerdem kürte er bereits, gemeinsam mit dem Kabarettisten Tom Pauls, das sächsische Wort des Jahres. "Das ist sozusagen unser Beitrag zur Erhaltung der sächsischen Sprache", so Böhnke.

So spricht man in Thüringen

In Thüringen wird nördlich des Rennsteigs Thüringisch gesprochen, wobei es hier eine Vielzahl an Untergruppen gibt. Südlich des Rennsteigs herrschen die fränkischen Dialekte Itzgründisch und Hennebergisch vor. Thüringisch wird außerdem im Südwesten Sachsen-Anhalts, im hessischen Werratal und rund um das bayerische Ludwigsstadt gesprochen.

Eine Karte von Thüringen, auf der die verschiedenen Dialekte eingetragen sind
In Thüringen werden verschiedene Dialekte gesprochen. Bildrechte: MDR THÜRINGEN

Im Jahr 2006 wurde in Jena von der Arbeitsstelle Thüringische Dialektforschung ein Projekt abgeschlossen, das 100 Jahre gedauert hat: Die Erarbeitung des Thüringischen Wörterbuchs mit insgesamt sechs Bänden. Darin kann man nun rund 1,5 Millionen thüringische Dialektwörter nachschlagen.

So spricht man in Sachsen-Anhalt

In Sachsen-Anhalt werde drei Sprachregionen unterschieden. In den Gegenden um Dessau, Köthen (Anhalt) und Bernburg (Saale) wird eine Mischform der nordost-thüringischen und der mark-brandenburgischen Mundart gesprochen. Anhalt-Zerbst nördlich der Elbe gehört ursprünglich zum mittelmärkischen, genauer flämingischen Dialektgebiet. In Ballenstedt im Harz und Harzgerode wird nordthüringisch gesprochen.

Das Aussterben der Dialekte

Schon länger registrieren Sprachwissenschaftlerinnen und Sprachwissenschaftler das Aussterben der Dialekte in Deutschland. Laut dem Institut Allensbach sprachen 1991 noch 41 Prozent der Menschen in Mitteldeutschland dauerhaft Dialekt, im Jahr 2008 waren es nur noch 33 Prozent.

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Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Das kann verschiedene Ursachen haben. Zum einen zieht es junge Menschen immer mehr in die Großstadt – und hier eignet sich vor allem Hochdeutsch zum gemeinsamen Austausch, Dialekte werden nicht überall verstanden. Zum anderen gelten Dialekte (wie zum Beispiel auch das Sächsische) schnell als ländlich, rückschrittlich oder nicht weltoffen. Auch die zunehmende Vernetzung in den sozialen Medien sorgt sicherlich dafür, dass die gelebte Sprachkultur sich angleicht.

Eine Grafik zur MDR-Umfrage: bringt es Vorteile, Hochdeutsch zu sprechen?
Hochdeutsch zu sprechen, bringt nach Ansicht der Befragten manchmal Vorteile und manchmal nicht. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Daher ist es umso wichtiger, sich bewusst mit den Dialekten auseinanderzusetzen. Schließlich sind sie für viele Menschen ein Ausdruck von Heimat.

Quellen: MDR, SWR, OvGU
Redaktionelle Bearbeitung: as, hki

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 21. Februar 2024 | 06:10 Uhr

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