Mutter und Tochter tragen eine Maske in der Innenstadt
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Corona-Forschung aktuell: 30. November Kreuzreaktion mit anderen Coronaviren nützt nicht, sondern schadet

01. Dezember 2020, 14:46 Uhr

Forschende aus Schleswig-Holstein haben eine mögliche Erklärung gefunden, warum Ältere häufiger schwere Covid-19-Verläufe erleiden. Außerdem: Warum eine Ansteckung mit dem Coronavirus durch Pupsen sehr unwahrscheinlich ist.

Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse über Corona

In Hildburghausen liegt der Inzidenzwert inzwischen bei 579 pro 100.000 Einwohner. Die Situation bleibt fast überall in Mitteldeutschland brenzlig. Doch auch aus der Wissenschaft gibt es Neuigkeiten. MDR WISSEN verschafft Ihnen hier den Überblick über die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse.

Schwere Verläufe durch Immungedächtnis?

Wurde bisher davon ausgegangen, dass vorheriger Kontakt mit anderen Coronaviren der Immunabwehr gegen Sars-CoV-2 hilft, stellt ein Kieler Forschungsteam Gegenteiliges fest. Es erklärt zugleich, warum jüngere Menschen häufiger leichte Verläufe haben.

Auch Menschen, die bisher noch nicht mit neuen Coronavirus infiziert waren, haben sogenannte "T-Gedächtniszellen". Diese erkennen das Virus zwar, allerdings sind sie häufig überfordert. Schwere Verläufe sind die Folge.

Das Gedächtnis des Immunsystem speichert im Laufe des Lebens, wie es effektiv gegen welchen Krankheitserreger ankommt. Kommt der Körper ein zweites Mal mit dem gleichen Krankheitserreger in Berührung, kann das Immungedächtnis auf vorhandenes Wissen zurückgreifen, um schnell und effektiv abzuwehren.

Prof. Alexander Scheffold und Prof. Petra Bacher vom Institut für Immunologie der Uniklinik Kiel haben untersucht, inwieweit vorheriger Kontakt zu anderen Coronaviren einen leichten Verlauf von Sars-CoV-2 begünstigt, also eine Kreuzreaktion möglicherweise unterstützend sein kann.

Pflegekräfte und Patienten auf einer Intensivstation
Forschende aus Schleswig-Holstein habe eine Erklärung gefunden, warum einige Menschen besonders schwere Verläufe erleiden. Bildrechte: imago images/Independent Photo Agency Int.

Hierzu wurden Immunzellen aus dem Blut von bisher nicht Infizierten untersucht. Die Erkenntnis: Je älter der Mensch, desto größer ist das Repertoire des Immungedächtnis. Scheffold und Bacher sprechen daher vom "immunologischen Alter", das mit dem tatsächlich Alter zunehme. "Es scheint eher so zu sein, dass im Laufe des Lebens das Repertoire an Gedächtniszellen gegen viele verschiedene Krankheitserreger wächst und dadurch auch die Wahrscheinlichkeit, dass darunter auch welche sind, die Sars-CoV-2 zufällig erkennen."

Allerdings hat die Sache einen entscheidenden Haken: Die Gedächtniszellen können Sars-CoV-2 zwar erkennen, allerdings nicht effektiv bekämpfen. Eine Eigenschaft, die Menschen ohne vorherige Infektion und Menschen mit schweren Verläufen eint.

Sie haben vielfach auch ein höheres immunologisches Alter und damit auch eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass das Immunsystem auf diese 'inkompetenten' Gedächtniszellen zurückgreift.

Prof. Petra Bacher, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein

Link zur Studie

Die Studie ist für die Veröffentlichung im Fachjournal Immunity vorgesehen. Hier finden Sie die pdf-Version.

Darmentzündung hilft gegen Corona

Bei Sars-CoV-2 ist zumeist von einer Ansteckung über Aerosole die Rede. Allerdings haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Universitätsklinikums Erlangen und der Berliner Charité herausgefunden, dass auf der Darmoberfläche gesunder Menschen besonders viele Andockstellen für das Coronavirus sind.

Wenn eine Infektion mit Sars-CoV-2 vorliegt, heften sich die Viren über sogenannte Rezeptoren an die Oberfläche der Wirtszellen. Bindet sich die Hülle des Virus an den ACE2-Rezeptor, spaltet sich ein Enzym namens TMPRSS2. Der Rezeptor und das Enzym sind besonders wichtig für die Ausbreitung des Virus. Werden sie mehr, greifen sie auf andere Zellen über.

Die Forschenden aus Berlin und Erlangen haben entdeckt, dass es in der Darmschleimhaut Zellen gibt, die besonders hohe Konzentrationen ACE2 und TMPRSS2 haben. Hier kann sich das Virus also besonders rasant ausbreiten. Aufatmen können Menschen mit chronischen Darmentzündungen wie Morbus Crohn. Bei ihnen sind Ort und Konzentration geringer.

Allerdings stehen groß angelegte Studien zur Bedeutung der Infektion des Darms mit dem Coronavirus noch aus.

Prof. Dr. Christoph Becker, Uniklinik Erlangen

Eine weitere wichtige Erkenntnis: Die Bildung von ACE2 und TMPRSS2 lässt sich von außen beeinflussen. So kann eine geringere ACE2-Ausschüttung bewirkt werden und die Ausbreitung im Körper präventiv gestoppt werden.

Link zur Studie

Die Studie ist für die Veröffentlichung in der Fachzeitschrift Gastroenterology vorgesehen. Hier können Sie diese vollständig als pdf lesen.

Warum Hosen schützen

Können Pupse uns mit Corona infizieren? Was nach Spaß klingt, hat eine ernste Seite. Deshalb hat der australische Mediziner Dr. Norman Swan sie in seinem Podcast (hier ab 5:50 Min.) auch beantwortet.

"Glücklicherweise tragen wir die ganze Zeit eine Maske, die unsere Pupse auffängt", erklärt Dr. Swan lachend und meint, die schützende Hose. Augenzwinkernd fügt er an, dass beim Pupsen Abstand gehalten werde müsse und niemals mit nacktem Hinterteil gepupsts werden darf. Denn Aerosole stecken nicht nur im Atem, sondern auch in den Darmwinden.

Toilettenschüssel mit Klobürste
Beim Spülen gilt: Deckel runter. Bildrechte: imago/Karo

So weit, so machbar die Tipps des Australiers. Doch was ist mit der Ansteckungsgefahr auf (öffentlichen) Toiletten? Auch hier wird die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung gering eingestuft, ausgiebige Hygiene nach dem Toilettengang vorausgesetzt. Außerdem gilt es, den Toilettendeckel stets vor dem Spülen zu schließen. Denn das offene WC ist beim Spülen eine echte Keimschleuder, wie Sie auch in dem hier verlinkten Artikel nachschauen können.

Ist also die Person, die vorher auf der Toilette war, infektiös, könnte durch die Spülung eine regelrechte Aerosol-Fahne entstanden sein. Laut Dr. Quingyan Chen von der Purdue University in den USA sollte man also unbedingt den Klodeckel schließen, denn dadurch landen nur noch 20 Prozent der Aerosole in der Luft. Entsprechend verringert sich auch die Ansteckungsgefahr.

Aktuelle Corona-Forschung

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