Covid-19 Test Wie sicher sind Corona-Antigentests?
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25. November 2020, 12:27 Uhr
Schnell einen Abstrich machen und dann ab in den Flieger. 250.000 Antigen-Schnelltests hat sich die Lufthansa gesichert, um ihre Passagiere vorab auf Sars-CoV-2 zu testen. Thüringen will 100.000 solcher Tests nutzen, um Beschäftige in Schulen und Kindergärten auf eine Corona-Infektion zu überprüfen, Sachsen-Anhalt nutzt die Tests in Pflegeeinrichtungen. Doch wie zuverlässig sind die Corona-Schnelltests?
Update 25.11.
Drosten: Antigen-Tests ja, aber keine Massen-Screenings
Christian Drosten hält die Schnelltests für einen wichtigen Baustein in der Pandemiebekämpfung, der der Bevölkerung noch in diesem Winter zur Verfügung stehen sollte. Im NDR Podcast erklärte der Virologe der Charité, dass der Nutzen dieser Tests sich beispielsweise beim Besuch im Pflegeheim zeige, weil ein Antigen-Test zumindest für den Moment zuverlässig anzeige, ob ein Besucher infektiös sei, sogar unabhängig davon, ob jemand Symptome zeige oder nicht. Massen-Screenings wie in der Slowakei hält Drosten dagegen für ungeeignet. Bei den gegenwärtigen Infektionszahlen würden Antigen-Tests zu viele falsch positive Ergebnisse liefern. Hinzu käme, dass die Produktionskapazitäten für die gesamte deutsche Bevölkerung nicht ausreichten.
Was ist überhaupt ein Antigen-Schnelltest?
Während die Ergebnisse der PCR-Tests in den meisten Fällen mehrere Tage auf sich warten lassen, erfahren wir beim Antigen-Schnelltest schon innerhalb von 15 bis 30 Minuten das Ergebnis. Inzwischen sind mehr als 200 dieser Tests in Deutschland zugelassen. Doch worauf kommt es an und können die Antigentests der erhoffte Game Changer sein?
PCR- und Antikörper-Tests weisen das Erbmaterial des Virus nach, Antigentests durchsuchen den Abstrich nach Eiweiß-Fragmenten des Virus. Dazu wird der Abstrich auf eine Testkassette gegeben, der mit einer Testflüssigkeit beträufelt wird. Binnen 30 Minuten kann das Ergebnis an einem farbigen Streifen, ähnlich wie beim Schwangerschaftstest, abgelesen werden.
Doch die Tests sind nicht nur besonders schnell, sondern auch kostengünstiger. So sind aufwändige Laboruntersuchungen nicht nötig. Sind die PCR-Testkapazitäten also zu niedrig, könnten die Schnelltests in Altenheimen und beim medizinischen Personal eingesetzt werden. Doch wie steht es um die Zuverlässigkeit?
Von Sensitivität und Spezifität
Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) hat in Abstimmung mit dem Robert-Koch-Institut (RKI) Mindestkriterien für die Zulassung der Antigentests entwickelt. So muss die Sensitivität bei mindestens 70 Prozent liegen. Sie gibt an, wie zuverlässig eine Infektion erkannt wird. Mindestens bei sieben von zehn Infizierten muss der Antigenschnelltest also ausschlagen.
Die Spezifität der Tests gibt an, in wie viel Prozent aller Fälle der Test richtig liegen muss. Möglichst wenige Menschen sollen schließlich ein positives Ergebnis erhalten, obwohl sie kerngesund sind. Der Richtwert vom PEI beträgt hier 97 Prozent. Auch müssen die Antigentests zuverlässig bleiben, wenn verwandte Viren des Sars-CoV-2 im Abstrich enthalten sind.
Mangelnde Transparenz
Bisher hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte 213 Antigentests zugelassen. Sie alle erfüllen die Mindestkriterien deutlich. Allerdings handelt es sich um Herstellerangaben. Unabhängige Prüfungen gibt es bisher nur vereinzelt. In einer Studie der Charité Berlin um den Virologen Christian Drosten wurden sieben Antigenschnellsts miteinander verglichen.
So ist die Spezifität eines Tests offiziellen Angaben zufolge bei 100 Prozent. In der Studie allerdings bei unter 95 Prozent. Dennoch erfüllten alle überprüften Tests die Mindestkriterien. Das formelle Peer-Review-Verfahren steht allerdings noch aus. Andere Forscherinnen und Forscher haben die Studie also noch nicht offiziell begutachtet. In Zeiten von Corona ist das aber normal, denn so sollen die Erkenntnisse möglichst schnell in die Praxis einfließen. Michael Mina ist Epidemiologe an der Harvard Public Health/Medical School:
Diese Studie ist Meisterklasse in Sachen, wie man Corona-Antigentests untersucht und interpretiert.
Nutzen für die Zukunft?
Klar ist, dass ein PCR-Test noch viel genauer arbeitet als die Schnelltests. Ein positiver Schnelltest sollte also immer durch einen PCR-Test überprüft werden. Dennoch bescheinigen viele Ärztinnen und Ärzte ihnen großes Potenzial. Dem RKI zufolge entfällt ein "relevanter Anteil" der Neuansteckungen auf Personen, die erst ein bis zwei Tage später Symptome entwickeln.
Regelmäßige Antigentests könnten also viele Ansteckungen kostengünstig und schnell verhindern. Aber auch für Krankenhauspersonal und in Schulen kann das genutzt werden. Vor Unterrichtsbeginn ein kurzer Test und mit hoher Wahrscheinlichkeit gibt es Gewissheit, dass im Klassenzimmer kein Corona-Fall ist.
USA und Italien geben den Takt vor
In den Florida und Kalifornien haben sogar schon Schnelltests für den Hausgebrauch die Zulassung erhalten. Auch in der italienischen Region Venetien wird zur Zeit selbst getestet. 5.000 Antigentests werden parallel zu PCR-Tests durchgeführt, um die Zuverlässigkeit zu überprüfen. Wenn sich die Antigentests bewähren, sollen die handlichen Testkassetten schon bald für etwa drei Euro in den Apotheken verkauft werden.
In Deutschland ist das bisher schwierig, denn das Infektionsschutzgesetz regelt klar, dass keine Tests für meldepflichtige Krankheiten an Privatpersonen abgegeben werden dürfen. Hier müsste das Gesundheitsministerium also zunächst ansetzen, wenn die Testung mittels Antigenen erweitert werden soll.
Antigentests als Retter der Weihnacht?
Epidemiologe Michael Mina rechnet am Beispiel USA vor: "Wenn sich 50 Prozent der Bevölkerung der USA alle vier Tage testet, könnten wir eine Herdenimmunität erreichen." Ohne Impfung und ohne Lockdown wohlgemerkt, denn wer positiv getestet ist, bleibt zu Hause und isoliert sich.
Wer also zu Weihnachten seine Eltern oder Großeltern sehen möchte, könnte sich gezielt vorher testen. Das Risiko einer Ansteckung würde deutlich minimiert.
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