Eine Person hält eine Geldbörse mit Bargeld in den Händen.
Viele Arbeitnehmer haben in diesem Jahr weniger Geld im Portemonnaie. Bildrechte: IMAGO / Fotostand

Folge der hohen Inflation Studie: Reallöhne sinken stärker als je zuvor

13. Dezember 2022, 12:37 Uhr

Die tariflich vereinbarten Löhne sind zwar 2022 gestiegen, die Inflation aber auch und sogar deutlich mehr. Ein Institut der Hans-Böckler-Stiftung spricht deshalb von einem historisch hohen Real-Lohnverlust. Einer Studie des Ifo-Instituts zufolge nutzen viele Unternehmen die hohe Inflation, um ihre Gewinne zu steigern.

Die hohe Inflation hat die tarifvertraglich vereinbarten Reallöhne in Deutschland so stark wie nie schrumpfen lassen. Das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut der Hans-Böckler-Stiftung erwartet für dieses Jahr einen Rückgang um 4,7 Prozent. Der Leiter des zuständigen Tarifarchivs, Thorsten Schulten, sagte, das sei "ein in der Bundesrepublik historisch hoher Wert".

Zeitverzug in Tarifpolitik

Die tarifvertraglich vereinbarten Löhne stiegen 2022 dem Institut zufolge zwar im Schnitt um 2,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Verbraucherpreise seien aber mit voraussichtlich 7,8 Prozent viel stärker gestiegen. Schulten betonte, die Tarifpolitik könne auf eine solche Entwicklung "immer nur mit einer gewissen Zeitverzögerung reagieren". 2022 habe es in vielen Branchen gar keine Tarifverhandlungen gegeben, weil dort noch Tarifverträge wirksam seien. Andere vereinbarte Tariferhöhungen und Inflationsprämien würden erst ab 2023 wirksam. Folge sei "ein in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland bislang einzigartiger Reallohnverlust".

Schulten wies allerdings darauf hin, dass in mehreren Niedriglohnbranchen wie dem Bäckereihandwerk, dem Gastgewerbe, der Gebäudereinigung oder dem Bewachungsgewerbe die Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro pro Stunde gewirkt habe. Hier habe man Reallöhne sichern können. Nach Ansicht von Schulten "steht die Tarifpolitik 2023 in erster Linie vor der Aufgabe, weitere Kaufkraftverluste der Beschäftigten möglichst zu vermeiden".

Inflation auch im November zweistellig

Unterdessen hat sich der Anstieg der Verbraucherpreise in Deutschland im November etwas verlangsamt. Die Inflationsrate war mit zehn Prozent aber weiter zweistellig. Das Statistische Bundesamt bestätigte damit eine erste Schätzung. Präsident Georg Thiel sagte, man beobachte zunehmend auch Preisanstiege bei vielen anderen Waren neben der Energie. Für private Haushalte besonders spürbar seien die weiter steigenden Preise für Nahrungsmittel. Im Oktober hatte die Teuerungsrate mit 10,4 Prozent den höchsten Stand seit etwa 70 Jahren erreicht.

Ifo: Unternehmen nutzen Inflation für Gewinnmaximierung

Einer Studie des Ifo-Instituts zufolge nutzen viele Unternehmen die hohe Inflation, um ihre Gewinne zu steigern. In einer Untersuchung des Instituts heißt es, höhere Preise für Energie und Vorleistungen allein erklärten nicht das Ausmaß der Teuerung in Deutschland. Das Institut beruft sich auf Daten der amtlichen Statistik zur Wirtschaftsleistung.

Der Dresdner Ifo-Vize Joachim Ragnitz sagte, private Haushalte hätten nach Corona hohe Ersparnisse. Das befeuere jetzt die Konsumnachfrage. Hinzu kämen die milliardenschweren Entlastungspakete der Bundesregierung. Das erweitere Spielräume für Preisanhebungen. Diese hätten vor allem Händler, Landwirte und Baufirmen dazu genutzt, um ihre Gewinne auszuweiten.

AFP, dpa (aju)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 13. Dezember 2022 | 11:00 Uhr

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