VW Mosel in Sachse
VW wird Probleme damit haben die EU-Vorgaben einzuhalten. Bildrechte: picture alliance / Eibner-Pressefoto | Bert Harzer/ Eibner-Pressefoto

CO2-Flottenziele SPD-Wirtschaftsminister fordern Lockerung der Abgasregeln

15. Oktober 2024, 19:46 Uhr

In einem Positionspapier fordern die SPD-Wirtschaftsminister von Berlin, Hessen, Niedersachsen und Sachsen, die flexiblere Absenkung der CO2-Flottengrenzwerte im kommenden Jahr. Damit wollen sie die Probleme der Autoindustrie lösen und vor allem VW unterstützen. Die EU-Kommission blockt die Forderungen nach einer Aufweichung aber bislang ab.

Die Wirtschaftsminister von Berlin, Hessen, Niedersachsen und Sachsen fordern eine Anpassung der CO2-Ziele der Europäischen Union. In einem Positionspapier haben sich die SPD-Politiker Franziska Giffey, Kaweh Mansoori, Olaf Lies und Martin Dulig für eine Aufweichung der CO2-Flottenziele ausgesprochen.

Mit ihren Forderungen wollen die Minister die Strukturprobleme der Autoindustrie lösen. Neben der Anpassung der CO2-Ziele plädieren sie außerdem für die Wiedereinführung einer Prämie beim Kauf eines E-Autos und einer Absenkung der Energie- und Strompreise. Dabei bekennen sie sich zur E-Mobilität und einer klimaneutralen Autoproduktion.

Verkehrssektor bleibt beim Klimaschutz ein Sorgenkind

Bis zum Jahr 2045 hat sich Deutschland zu Treibhausgasneutralität verpflichtet. Die Klimaziele einzelner Sektoren wie Verkehr sind zwar mit dem neuen Klimaschutzgesetz aufgeweicht. Im Fokus stehen nunmehr die gesamten Emissionen aller Sektoren. Zuvor hatte der Verkehrssektor seine jährlichen Klimaziele wiederholt gerissen. Das Umweltbundesamt etwa erwartet, dass Deutschland mit den bisherigen Maßnahmen bis zum Jahr 2030 insgesamt 180 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente mehr ausstößt als nach dem Klimaschutzgesetz erlaubt – auch wegen des Verkehrs, der aktuell mehr als ein Fünftel der deutschen Treibhausgase ausmacht.

Grenzwerte sollen 2025 sinken

Die Minister wollen die derzeit geltende abrupte Absenkung des CO2 Flottengrenzwertes durch eine flexible Absenkung ersetzen. Die Flottengrenzwerte machen den Autoherstellern Vorgaben, wie viel CO2 die von ihnen produzierten Autos im Schnitt höchstens ausstoßen dürfen. So regeln sie die durchschnittlichen CO2-Emissionen pro gefahrenem Kilometer (in Gramm CO2 pro km). 2025 sollen diese verschärft werden. Bei Nichteinhaltung kommen auf Autokonzerne milliardenschwere Strafen zu.

Nach aktuellen Vorgaben der EU soll das Flottenemissionsziel nächstes Jahr von 115g/km auf 98g/km sinken und auf dieser Stufe bis 2029 bleiben. Die Wirtschaftsminister wollen nun statt der abrupten Absenkung das flexible "Flat-Curve-Modell" mit einer stufenweisen Absenkung. So solle der Durchschnittswert der Emission in den kommenden fünf Jahren ebenfalls bei 98g/km liegen.

Die Autokonzerne müssten dieses Ziel so nicht zum 1. Januar 2025 erreichen und die mehrjährige Bilanz hätte dasselbe Ergebnis. "Das Modell ist geeignet, die Antriebswende marktgerecht zu erreichen, ohne die Transformation in Frage zu stellen", heißt es in dem Papier. Auf die von Fachleuten geforderten Nachschärfungen beim Klimaschutz insbesondere im Verkehr gehen sie nicht ein.

Angesichts der wirtschaftlichen Probleme der Autoindustrie hat auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) gefordert, die Grenzwerte müssten "realistischer" werden. Ähnlich äußerte sich FDP-Chef Christian Lindner.

Sachsens Wirtschaftsminister: CO2-Strafzahlungen schon ab 2025 wären Irrsinn

Der sächsische Wirtschaftsminister Martin Dulig betont, dass nicht die Ziele in Frage gestellt werden sollen, sondern die Form, wie diese Ziele erreicht werden können. Man brauche mehr Zeit, um die Ziele zu erreichen.

Ich finde es Irrsinn, wenn jetzt 15 Milliarden Strafgelder von der Automobilindustrie bezahlt werden, anstatt diese zu investieren.

Martin Dulig, Sachsens Wirtschaftsminister

Zudem will er Managementfehler nicht in Frage stellen. Jedoch sei Volkswagen das Unternehmen, dass am meisten in die Elektromobilität investiert habe. In Sachsen habe man am meisten davon profitiert, sagt der SPD-Politiker. Deswegen liegt Dulig zufolge die Krise beim VW-Konzern nicht nur am Unternehmen, sondern eben auch an den aktuellen Krisen.

EU will an Grenzwerten festhalten

Die EU will laut der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" jedoch an den bestehenden Grenzwerten festhalten, weil es gegenüber anderen Herstellern, die schon viel investiert hätten, um die Werte einzuhalten, unfair wäre. Sie wolle keine Managementfehler belohnen. Die CO2-Ziele für 2025 wurden schon 2019 beschlossen.

Auch Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hat Forderungen nach einer Lockerung zurückgewiesen. "Alle Mitgliedstaaten, das Europäische Parlament, die Europäische Kommission, alle haben sich zu diesen Flottengrenzwerten bekannt", sagte die Grünen-Politikerin im Deutschlandfunk. "Dass das jetzt kurz danach wieder grundsätzlich in Frage gestellt wird, da ist ein Zickzackkurs, der, glaube ich, schwer nachvollziehbar ist."

Probleme bei der Einhaltung der Grenzwerte wird vor allem VW haben. Der Automobilhersteller ist dafür auf einen höheren E-Auto-Anteil angewiesen. "Erstes Ziel der Wirtschaftsminister aller Länder mit VW-Standorten ist dabei der vollumfängliche Erhalt aller Standorte", heißt es in dem Papier. Einschnitte zu Lasten der Belegschaft sollten verhindert werden.

AFP/dpa/FAZ (jst)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 14. Oktober 2024 | 06:13 Uhr

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