
Unbezahlte Rechnungen und Privatinsolvenz Umstrittener Immobilien-Unternehmer Gröner in der Krise
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24. April 2025, 05:00 Uhr
Berater, Handwerker und Architekten berichten von unbezahlten Rechnungen. Die Stadtwerke Leipzig stellt die Versorgung von Mietern ein, weil die Immobilienfirma die Nebenkosten nicht weitergeleitet hat. Es geht um den millionenschweren Immobilienunternehmer Christoph Gröner. Gegen ihn laufen Gerichtsverfahren und eine Privatinsolvenz.
- Götz Peter Kaisers Architekturbüro wurde von einer Gröner-Firma beauftragt – doch die Bezahlung einer Rechnung musste er gerichtlich durchsetzen.
- Ein ehemaliger Mitarbeiter einer Gröner-Firma schildert, dass Rechnungen unregelmäßig und verspätet gezahlt wurden.
- Mieter von Gröners Immobilienfirma berichten, dass die Stadtwerke die Versorgung abgestellt hat – die Firma soll die Nebenkosten nicht weitergeleitet haben.
Der millionenschwere Immobilienunternehmer Christoph Gröner zeigt sich gern als Macher, der sich hochgearbeitet hat. In ganz Deutschland hat er Gewerbeimmobilien, Wohnhäuser und ganze Areale gebaut. Er scheut sich nicht vor öffentlichen Auftritten, zeigt sich meinungsstark und selbstbewusst. "Da zu sein, wo ich heute bin, hat ja damit zu tun, dass ich schneller aufstehe, dass ich vielleicht mutiger bin an der einen oder anderen Stelle", sagt er in einer Talkshow bei Phönix vom 10. Mai 2019.
Doch seit letztem Jahr kriselt es. Ende März und Anfang April wurden neun Insolvenzverfahren gegen unterschiedliche Firmen von Gröner eröffnet. Im vergangenen Jahr hatte die Staatsanwaltschaft Leipzig veranlasst, dass seine Geschäftsräume wegen des Verdachts der Insolvenzverschleppung und Veruntreuung von Arbeitsentgelten im Dezember durchsucht wurden.
Bezahlung von Gröner vor Gericht erwirkt
Der Berliner Architekt Götz Peter Kaiser sollte für Gröner ein Gebäude sanieren und eines errichten. Beauftragt wurde er von der Gröner Commercial GmbH u. Co KG. Im Februar 2022 wurden zwei Verträge geschlossen. Kaiser und seine Mitarbeiter aus dem Architekturbüro fingen mit der Arbeit an. Kaiser zufolge waren eine Tiefgarage für Gröners Oldtimersammlung im Erdgeschoss vorgesehen, sowie ein Ausstellungslager für Kunst.
Die erste Rechnung wurde laut Kaiser bezahlt. Für die zweite sei nach Monaten und mehreren Mahnungen kein Geld geflossen. Im Oktober 2023 kam es zu einer Verständigung: 30.000 Euro als Restvergütung für Kaiser und seine Mitarbeiter. Gezahlt wurde jedoch nicht. Götz Peter Kaiser ging vor Gericht und bekam im Februar 2025 recht. Die Gröner-Seite muss das Architekturbüro bezahlen sowie die Verfahrenskosten übernehmen.
"Es ist eine Verzögerungstaktik. Entweder mit der Spekulation, dass ich aufgebe in der Zwischenzeit", mutmaßt Kaiser. Sein Büro sei nicht sehr groß. Ein Auftrag in der Größenordnung sei wichtig. "Oder ist das Prinzip einfach: man zahlt nicht und guckt, wie die andere Seite reagiert?" Gröners Anwalt schreibt MDR INVESTIGATIV, der Architekt sei "für seine Tätigkeiten (…) vollständig bezahlt" worden.
Es ist eine Verzögerungstaktik. Entweder mit der Spekulation, dass ich aufgebe oder man guckt, wie die andere Seite reagiert.
Unternehmensberater klagt Honorare ein
Auch der Geschäftsführer der Leipziger Unternehmensberatung Clarendorn, Robert Hesse, muss sein Geld einklagen. Seit 2016 war Clarendorn für Gröner-Firmen tätig, leistete Bauberatung sowie Presse- und Medienarbeit. Ab 2022 blieben seine Honorare aus. Ein erstes Verfahren dazu hat Clarendorn gewonnen. In einem zweiten wurden Hesse die Honorarforderungen zu 80 Prozent zugesprochen. Das Gröner-Unternehmen ging in Berufung. Bis 2022 sei die Zusammenarbeit reibungslos gelaufen, so Hesse.
Gröners Anwalt schreibt MDR INVESTIGATIV zu Clarendorn, die Honorarforderung sei "strittig". Christoph Gröner selbst ist nicht zu einem Interview bereit. Sein Anwalt schreibt: "Bislang habe die Gröner Gruppe jede berechtigte Forderung beglichen [...]. Aber dort, wo Forderungen strittig sind [...] bleibt es das gute Recht meiner Mandanten, die Zahlung zu verweigern und die Pflicht zur Zahlung von den Ergebnissen gerichtlicher Nachprüfungen abhängig zu machen.".
Rechnungen wohl unregelmäßig und verspätet bezahlt
MDR INVESTIGATIV hat mit 70 Menschen geredet, die an Projekten von Christoph Gröner beteiligt waren: Handwerker, Architekten, externe Dienstleister. Viele Erfahrungen gleichen sich. Für ihre geleistete Arbeit seien sie nicht bezahlt worden, sagen sie. Einige müssen ihre Ansprüche vor Gericht durchsetzen: Außenstände von fünf- bis sechsstelligen Summen. Für Gröners Anwalt sind das wohl alles "strittige Forderungen". Er antwortet: "Herr Gröner versucht, in einer von der Krise enorm getroffenen Branche (…) seine Unternehmensgruppe durch eine schwierige Zeit zu führen".
Ein früherer Mitarbeiter einer Firma von Gröner, der unerkannt bleiben will, berichtet. Es sei häufig vorgekommen, dass Rechnungen unregelmäßig und verspätet bezahlt wurden. Dass es zunehmend Außenstände gab, habe er so richtig ab dem Jahr 2022 gemerkt. "Ab dort ging es wirklich los, dass immer mehr Mahnungen kamen. Mehr als üblich. Dass seitens der Geschäftsleitung sondiert wurde, welche Rechnungen gezahlt werden sollen und welche nicht." Ein weiterer ehemaliger Mitarbeiter bestätigt dies. Dokumente, die MDR INVESTIGATIV, einsehen konnte, bestätigen hohe Außenstände. Gröners Anwalt zufolge sind die Vorwürfe "frei erfunden". 2022 habe es keinerlei Zahlungsschwierigkeiten gegeben.
Gröner soll Nebenkosten nicht gezahlt haben
Mieter von Gröner-Immobilien fühlen sich ebenfalls hintergangen. Ein Mann, der in Leipzig einen Gewerberaum von der Gröner-Firma CG City Leipzig West GmbH & Co KG gemietet hat, will anonym bleiben. Er und die anderen Gewerbemieter im Haus hätten die Miete immer pünktlich bezahlt, erzählt er. Im April 2024 war auf einmal die Heizung kalt. "Dann haben wir natürlich sofort bei den Stadtwerken angerufen. Und die meinten dann, dass das Objekt Schulden hat und deswegen die Versorgung eingestellt wurde. Da sind wir natürlich aus allen Wolken gefallen, weil wir ja immer fleißig unsere Nebenkosten abgedrückt haben", erzählt der Betroffene.
Wir haben natürlich sofort bei den Stadtwerken angerufen. Die meinten dann, dass das Objekt Schulden hat und deswegen die Versorgung eingestellt wurde.
In Leipzig, wie auch in anderen Städten vermietet Gröner zahlreiche Immobilien. Franziska Riekewald setzt sich als Fraktionsvorsitzende der Linken im Leipziger Stadtrat und Sprecherin für Stadtentwicklung für Aufklärung ein.
"Für mich ist es natürlich ungerecht, wenn man als Mieterin oder Mieter seine Betriebskosten ordentlich bezahlt. Dann gehe ich (…) davon aus, dass mein Vermieter das auch ganz ordentlich weiter leitet an die Stadtwerke", sagt Riekewald. "Wenn er das nicht tut, dann macht er sich meiner Meinung nach strafbar. Und dass das nicht eher ans Licht gekommen ist, das ist natürlich schon ein kleiner Skandal."
Privatinsolvenz gegen Gröner läuft
Bei den Außenständen der Gröner Gruppe bei den Stadtwerken soll es sich insgesamt um eine sechsstellige Summe handeln, so ein ehemaliger Gröner-Mitarbeiter. Auf die Höhe der Außenstände geht der Gröner-Anwalt nicht ein. Die Leipziger Stadtwerke schreiben MDR INVESTIGATIV, dass "… offene Forderungen in mittlerer sechsstelliger Höhe gegen verschiedene Firmen, die der CG-Gruppe zugeordnet werden, bestehen. Die Forderungen werden auch gerichtlich verfolgt."
Der Immobilienunternehmer Christoph Gröner ist unter Druck: hohe Außenstände und Prozesse. Die Staatsanwaltschaft Leipzig untersucht aktuell Unterlagen, die bei der Razzia im Dezember 2024 gesichert worden sind.
Außerdem ist beim Amtsgericht Leipzig seit mehreren Wochen ein vorläufiges Privatinsolvenzverfahren gegen Gröner anhängig. Das werde kurzfristig zurückgenommen, da ist sich sein Anwalt sicher. Gröner baut unterdessen weiter: auf einigen Baustellen in Leipzig und in anderen Städten.
Dieses Thema im Programm: Das Erste | MDR Fakt | 15. April 2025 | 21:45 Uhr