Ein Sozialwohnbau und ein Piktogramm eines Hauses mit Euro-Zeichen, dazu der Schriftzug "In drei Schritten zu bezahlbarem Wohnraum für alle?" 1 min
Wie bleibt Wohnen bezahlbar? Bildrechte: MDR/ Adobe Stock
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Die SPD plant, mit drei Maßnahmen das Wohnen bezahlbar zu halten: Mehr Wohnungsbau, mehr Sozialwohnungen und eine Fortsetzng der Mietpreisbremse. Aber: Kann in Zukunft klappen, was jetzt schon kaum funktioniert?

MDR FERNSEHEN Fr 07.02.2025 11:45Uhr 01:16 min

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Wahlversprechen im Zukunftscheck Kaufen oder Mieten: Ist Wohnen bald unbezahlbar?

09. Februar 2025, 05:00 Uhr

Dass die Mieten steigen, ist kein neues Phänomen. Die SPD verspricht in ihrem Programm zur Bundestagswahl auch in Zukunft ein bezahlbares Zuhause. Dafür haben die Sozialdemokraten mehrere Ideen. Doch werden die reichen? Wir haben den Zukunftscheck gemacht.

Wer umziehen möchte oder muss, kennt das Problem: Die neue Miete ist meistens höher als die alte. Zum Beispiel sind in Sachsen allein im Jahr 2023 die Mietkosten für Wohnungen in einigen Regionen um durchschnittlich bis zu zehn Prozent gestiegen. Das ergaben Zahlen des Ministeriums für Regionalentwicklung im Freistaat.

Demnach verteuerten sich nicht nur die Mieten in den Großstädten Leipzig oder Dresden. Auch auf dem Land ging es nach oben. In Nordsachsen zum Beispiel seien die Angebotsmieten im betreffenden Jahr im Mittel um neun Prozent gestiegen, im Landkreis Leipzig um mehr als acht Prozent auf 6,50 Euro. Die Liste lässt sich fortsetzen. Die Preise steigen, aber sind im Vergleich niedrig. Wer in großen Ballungsräumen wie Berlin, Hamburg oder München leben möchte oder muss, hat mitunter mit bis zu viermal höheren Quadratmeterpreisen zu tun.

Wohnen ist Menschenrecht

Das Thema Wohnen ist existenziell und wird in Deutschland mit steigenden Kosten immer ausführlicher diskutiert. Auch bei den Parteien ist es längst angekommen, etwa bei der SPD. Kanzler Olaf Scholz sagte etwa im vergangenen Sommerinterview: "Wir müssen dafür sorgen, dass mehr und auch mehr bezahlbare Wohnungen in Deutschland gebaut werden." Auch im aktuellen Wahlkampf spielt das Wohnen bei den Sozialdemokraten eine Rolle.

In ihrem Wahlprogramm, das die Partei "Regierungsprogramm" nennt, nimmt das Thema mehr als zwei Seiten ein. Die SPD beginnt das Kapitel mit den Worten "Wohnen ist ein Menschenrecht".

Wohnen ist ein Menschenrecht! Wer wohnt, hat eine kleine Heimat für sich und die Familie.

"Mehr für Dich. Besser für Deutschland", Wahlprogramm SPD

Die Partei kämpfe für ein bezahlbares Zuhause – und listet gleich mehrere Ideen auf, mit denen dies gelingen soll. Wir haben uns drei dieser Ideen angeschaut – und dem Zukunftscheck unterzogen.

Das sind die drei Ideen der SPD:

1. Es sollen mehr Wohnungen gebaut werden.
2. Die Mietpreisbremse soll weiterhin gelten – und ausgebaut werden.
3. Es soll mehr Sozialwohnungen geben.

Wann gilt eine Wohnung als „bezahlbar“?

Zuerst aber die Frage: Wie hoch dürfen die Ausgaben für das Wohnen maximal sein, damit sie als "bezahlbar" gelten? Als Faustregel gilt unter Experten die sogenannte 30-Prozent-Regel. Demnach sollten Haushalte und Privatpersonen nicht mehr als 30 Prozent ihres Einkommens nach Steuern für das Wohnen ausgeben. Das trifft auf Mieten genauso zu wie auf das Abzahlen von Immobilienkrediten.

Laut Statistischem Bundesamt lag die durchschnittliche Mietbelastung in Deutschland 2022 bei 27,8 Prozent. Das sind die aktuell verfügbaren Zahlen. Die Statistiker rechneten in dem Zusammenhang aus, dass rund 3,1 Millionen Haushalte hierzulande 40 Prozent ihres Einkommens und mehr für ihre Miete und Nebenkosten ausgeben würden und etwa 1,5 Millionen Haushalte sogar mindestens die Hälfte ihres Einkommens. Die Mietbelastung sei demnach im Verhältnis zum Einkommen vor allem bei denjenigen gestiegen, die nach 2019 in Wohnungen in Großstädte gezogen waren.

SPD-Idee: Mehr Wohnungen

Die SPD will generell in Deutschland mehr Wohnungen bauen lassen. Das wollte die Partei schon in ihrer aktuellen Regierungszeit und nannte als Ziel 400.000 neue Wohnungen pro Jahr. Diese Zahl ist im aktuellen Wahlprogramm nicht mehr zu finden. Es gibt gar keine Zielmarke mehr. Allgemeines Kalkül ist: Wenn es mehr Wohnungen gibt, entspannen sich der Markt und damit auch die Preise.

2024 wurden nach Schätzungen des ifo-Instituts aus München nicht einmal 250.000 neue Wohnungen gebaut – und das Ifo-Institut rechnet für 2026 mit gerade einmal 175.000 neu gebauten Wohnungen. Als Grund werden vor allem hohe Baukosten, Bürokratie und Zinsen genannt. Und es gibt immer mehr Auflagen beim Bau, etwa für Dämmung und Heizung.

Experten weisen darauf hin, dass Wohnraum vor allem am richtigen Ort entstehen muss, denn nicht überall fehlt er gleichermaßen – im Gegenteil. Vor allem in ländlichen Gebieten gibt es teilweise mehr als nötig. Dazu hat das empirica-Institut 2023 eine umfangreiche Untersuchung veröffentlicht und darauf hingewiesen, dass bis zu 40 Prozent der neuen Unterkünfte an einem falschen Ort entstehen. Außerdem bräuchte es insgesamt in den kommenden Jahren gar nicht 400.000 neue Wohnungen jährlich, sondern maximal 170.000 – aber eben am richtigen Ort.

SPD-Idee: Mehr soziale Wohnungen

Die Sozialdemokraten wollen mit mehr sogenannten Sozialwohnungen das Wohnen in Zukunft bezahlbar machen. Sozialwohnungen entstehen, indem der Staat beim Bau die Investoren finanziell unterstützt und damit eine geringere Miete festschreiben kann. Vor rund einem Jahr gab es in Deutschland etwa 1,072 Millionen solcher vergünstigter Mietwohnungen. Die SPD hatte sich vorgenommen, jährlich 100.000 neue entstehen zu lassen und hat das Ziel klar verfehlt.

2023 wurde mit 49.430 nicht einmal die Hälfte des gesteckten Zieles erreicht. Unter SPD-Kanzler Olaf Scholz ist die Gesamtzahl der günstigen Wohnungen im gleichen Jahr sogar um rund 15.000 gesunken. Die Linkspartei, die dazu eine Kleine Anfrage im Bundestag gestellt hatte, sprach von einem "historischen Tiefstand" und "angesichts ungebremst steigender Mieten und zunehmender Wohnungsnot" von einem Fiasko.

SPD-Idee: Weiterhin eine Mietpreisbremse

Außerdem möchte die SPD mit der sogenannten Mietpreisbremse die Steigerungen der Mieten eindämmen. Die Bremse gilt seit 2015 vor allem in Großstädten und sagt aus, dass bei einer Neuvermietung nicht mehr verlangt werden darf als zehn Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete. Diese Vergleichsmiete wird in einem aufwändigen Verfahren von Kommunen in einem Mietspiegel festgestellt. Die SPD möchte, dass es die Bremse auch weiterhin gibt. Und sie möchte eine maximale Mietsteigerung von 6 Prozent alle drei Jahre bei Bestandsmieten – aktuell sind es 15 bis 20 Prozent.

Jedoch: Die Mietpreisbremse ist offenbar weitgehend wirkungslos. Das haben Zahlen des Portals Mietenmonitor und eine Stichprobe des ARD-Magazins Monitor ergeben. Viele Mieterinnen und Mieter wüssten gar nichts von der Bremse und kontrolliert werde sie auch nicht. Die TU München hat in einem gemeinsamen Forschungsprojekt mit der LMU München 10.000 Mieter zum Thema angeschrieben. Ein Ergebnis: Nur 2,4 Prozent der Teilnehmenden rügten den Vermieter. Von denjenigen, die berechtigt gewesen wären, die Mietpreisbremse zu ziehen, hatten rund drei Viertel Bedenken und Angst vor negativen Konsequenzen.

Fazit: Die Ideen der SPD werden nicht ausreichen

Fassen wir kurz zusammen: Der Neubau von Wohnungen kommt nicht in die Gänge, Wohnungen entstehen nicht ausreichend dort, wo sie sein müssten. Die Anzahl der Sozialwohnungen nimmt ab und die Mietpreisbremse verfehlt offenbar in großen Teilen ihre Wirkung. Die Ideen der SPD gelingen schon in der Gegenwart nicht, während der Regierungszeit der Partei. Die Ideen der SPD werden für das Ziel des bezahlbaren Wohnraums nicht ausreichen.

Wichtig ist: Ob, wann und wie die Nachfrage und damit die Preise von Wohnungen und Häusern steigen oder fallen, hat mit sehr vielen Faktoren zu tun. Neben den Bau- und Zinskosten sind es auch die demografische Entwicklung, die Zuwanderung und die wirtschaftliche Performance von Regionen. Nicht alles davon ist vorhersehbar oder zu beeinflussen. Die Frage, ob Wohnen in Zukunft unbezahlbar ist, kann darum nicht pauschal beantwortet werden.

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR AKTUELL | 09. Februar 2025 | 21:45 Uhr

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