Ein Bus und eine Straßenbahn mit dem Schriftzug "Öffis im Stundentakt – geht das?" 1 min
Die Linke will auch auf dem Dorf stündliche Nahverkehrsverbidungen. Bildrechte: MDR/ IMAGO/Wolfram Weber/ Adobe Stock
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Die Linke verspricht in ihrem Wahlprogramm ein flächendeckendes Grundangebot von Bahnen, Linien- und Rufbussen. Jedes Dorf soll im Stundentakt erreichbar sein. Die Kommunen würden sich freuen, aber ist das machbar?

MDR FERNSEHEN Fr 07.02.2025 07:44Uhr 01:28 min

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Wahlversprechen im Zukunftscheck Hin und weg: Stündlich mit Bus oder Bahn in jeden Ort?

09. Februar 2025, 05:00 Uhr

Die Linke will den öffentlichen Nahverkehr massiv ausbauen, gerade auf dem Land. Besonders dort gilt das Auto bisher als alternativlos. Scheitern könnte die ÖPNV-Offensive ganz praktisch am Personalmangel.

Britta Veltzke
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Schleberoda im Burgenlandkreis – ein Dorf wie es sie in Deutschland zu Tausenden gibt. Wer dort auf den Busfahrplan schaut, muss unter Umständen feststellen: Hier komme ich heute nicht mehr weg. Täglicher Busverkehr: Fehlanzeige. Die Linke will das ändern und den öffentlichen Personennahverkehr, kurz ÖPNV, massiv ausbauen. In ihrem Wahlprogramm steht:   

Wir setzen uns ein für ein Recht auf nachhaltige Mobilität. Das heißt: Jede Ortschaft braucht tagsüber eine mindestens stündliche Anbindung an Bus und Bahn.

Wahlprogramm Die Linke

Sogar in der Nacht soll es ein Grundangebot geben. Nicht nur Linien- sondern auch Rufbusse sollen die ÖPNV-Offensive flächendeckend möglich machen. Vorausgesetzt, die Menschen steigen von ihren Autos auf Bus und Bahn um, würde das nicht nur den Klimawandel bremsen, sondern hätte auch einen gesellschaftlichen Effekt.  

Sören Gahrmann, Referent Verkehrspolitik von Allianz Pro Schiene, hält das Vorhaben für ein positives Zukunftsversprechen: "Ohne einen gut ausgebauten ÖPNV schneiden wir Menschen, die kein Auto fahren können oder wollen, von der öffentlichen Teilhabe ab." 

Nie mehr Autos als 2024   Deutschland hat das Pariser Klimaabkommen unterschrieben. Auch das Bundesverwaltungsgericht hat die Politik verpflichtet, gegen den Klimawandel vorzugehen. Um CO2 zu reduzieren, wird Deutschland kaum drumherumkommen, sich den Verkehrsbereich vorzuknöpfen. In dem Sektor hat sich seit 1990 kaum etwas getan. Mit 49,1 Millionen zugelassener Pkws im Jahr 2024 war die Zahl der Autos in der Bundesrepublik nie höher. Damit Deutschland die EU-Klimaziele einhält, darf der Verkehrssektor bis Ende des Jahrzehnts nur noch rund die Hälfte der CO2-Emissionen im Vergleich zu 1990 freisetzen. Der Umstieg vom privaten Pkws auf gemeinschaftlich genutzte Verkehrsmittel, sprich Bus und Bahn, würde dabei helfen.

Ohne den konkreten Vorschlag der stündlichen Anbindung zu bewerten, findet Sören Gahrmann von der Allianz pro Schiene es erstmal gut, überhaupt festzulegen, wo Deutschland in Sachen ÖPNV hinwill: "Wir müssen attraktive Standards für die Anbindung mit dem öffentlichen Verkehr definieren. Also welche Mindesttaktung wollen wir und bis wann? Baden-Württemberg ist da schon mit gutem Beispiel vorangegangen." Doch man brauche diese Festlegung – in Abstimmung mit den Landkreisen und Ländern – bundesweit.  

Ein klarer Widerspruch zum vorgeschlagenen Stundentakt kommt hingegen vom Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmen. Nicht sinnvoll, meint Sprecher Kai Neumann: "Heiße Luft durch die Gegend zu fahren, muss man sich leisten können. Es gibt viele Gegenden in Deutschland, wo das Auto auch künftig das dominierende Verkehrsmittel sein wird. Auch ein Stundentakt wird den Bedürfnissen der meisten Menschen nicht gerecht."

"Mit Bussen zur Mobilitätsgarantie wie die Rückkehr zum Schwarz-Weiß-Fernsehen"

Davon geht auch Verkehrsexperte Andreas Knie vom Wissenschaftszentrum in Berlin aus und nimmt gleich ganz Abschied von einer festgelegten Bustaktung: "Busse auf dem Lande sind Relikte einer Zeit, die es nicht mehr gibt und die maximal noch für den Schülerverkehr taugen. Auf dem Land kann die Alternative zum Auto nur das bessere Auto sein, das dann kommt, wenn ich es brauche und ich nicht mehr selbst fahren muss oder kann." Er stellt sich einen Systemwechsel auf "On-Demand-Verkehr" vor. Sprich: Fahrzeuge, die nur auf Bestellung kommen. "Mit Bussen die Mobilitätsgarantie erreichen zu wollen, wäre wie Schwarz-Weiß-Fernsehen wieder einzuführen."

In Sachen ÖPNV sind die Landratsämter ein wichtiger Akteur. Sie bestimmen darüber, was wann und wo fährt. Der deutsche Landkreistag wünscht sich auch eine höhere Taktdichtung. "Ein Angebotsausbau durch zusätzliche Linienverkehre, Anrufsammeltaxen und On-Demand-Rufangebote ist vor allem eine Finanzierungsfrage", erklärt Sprecher Markus Mempel. Personal, Fahrzeuge und Kraftstoffe seien teurer geworden und die Landkreise müssten immer mehr Mittel für den öffentlichen Verkehr aufbringen.  

City-Maut oder Abschied vom Dieselprivileg? 

Bei der Finanzierung sehen viele Beteiligte den Bund in der Pflicht. Der überweist den Ländern jetzt schon die sogenannten Regionalisierungsmittel, die in den öffentlichen Verkehr fließen. Da die Kommunen und Kreise kaum eigene Geldquellen haben, müssten die Mittel aus Berlin deutlich erhöht werden. Sören Gahrmann von der Allianz pro Schiene wüsste auch schon, wie: "Den Spielraum hat der Bund, wenn er klimaschädliche Subventionen, wie das Diesel- und das Dienstwagenprivileg, abschafft." Mehrere Milliarden könnten so locker gemacht werden. In der Diskussion ist auch eine City-Maut nach schwedischem Vorbild, die gleichzeitig das eigene Auto unattraktiver macht und Mittel für Verkehrswendeprojekte freisetzt.  

Schon jetzt fehlen 20.000 Fahrer  

Maßnahmen gegen den Pkw-Verkehr sind und bleiben jedoch politisch schwer durchsetzbar im Autoland Deutschland.

Autonomer Bus EZ 10 vom Fraunhofer IWU
Autonom fahrende Busse wie der Prototyp dieses Fraunhofer-Projekts könnten das Personalmangel-Problem lösen – aber kaum zeitnah. Bildrechte: Fraunhofer IWU/Kellermann

Doch noch ein anderer, ganz banaler Grund würde den Stundentakt bis in die letzten Winkel der Republik erschweren: der Fachkräftemangel. Die Zahlen im Blick hat Kai Neumann vom Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmen: "Aktuell fehlen uns schon 20.000 Fahrerinnen und Fahrer – allein um die Bestandsverkehre aufrecht zu erhalten. Wird das Angebot im Sinne der Verkehrswende ausgebaut, werden rund 60.000 Fahrer fehlen." Eine stündliche Anbindung aller Ortschaften in Deutschland würde den Bedarf noch weiter erhöhen. Bleibt die Hoffnung auf autonom fahrende Busse.   

Fazit: Tolle Idee – kaum umsetzbar

Für Gesellschaft und Klima wäre der Stundentakt sicher ein Gewinn und damit absolut zukunftsfähig – nur umsetzbar ist die Forderung wohl kaum.  

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR AKTUELL | 09. Februar 2025 | 21:45 Uhr

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