Bauarbeiter gießen Beton auf einer Großbaustelle 3 min
Audio: Zu wenig Wohnungsbau: Helfen die Förderprogramme der Bundesregierung? Bildrechte: picture alliance / SvenSimon | Frank Hoermann/SVEN SIMON
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MDR AKTUELL Sa 28.12.2024 13:25Uhr 03:23 min

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Wohnungsmangel Helfen die Förderprogramme der Bundesregierung dem Wohnungsbau?

29. Dezember 2024, 05:00 Uhr

Suchen Sie gerade eine Wohnung? Dann wissen Sie sicher, wie schwierig das derzeit ist, besonders in Ballungsräumen. Die Ursache: Es wird viel zu wenig gebaut. Hier wollte der Bund mit Förderprogrammen gegensteuern. Und trotzdem wird das Ziel von 400.000 neuen Wohnungen schon seit Jahren verfehlt. Woran liegt es, dass die Förderung nicht greift? Sind die Hürden für die Förderung einfach zu hoch und die erforderlichen Baustandards zu teuer?

Sucht man im Internet nach "Förderung Wohnungsbau", kommt man unmittelbar auf die Seite der Bundesregierung. Für Wohnungsbau, der klimafreundlich ist, wird hier ein Förderkredit von bis zu 150.000 Euro pro Wohnung zu einem stark vergünstigten Zinssatz in Aussicht gestellt, als KfW-Darlehen.

Das klingt nach einer guten Sache für jeden potenziellen Bauherren. 150.000 Euro zinsgünstiger Kredit kann man bei hohen Baukosten und gestiegenen Zinsen gut brauchen. Doch Fachleute aus der Baubranche sagen, dass die Förderung an der Praxis vorbei geht.

Förderung durch KfW-Kredit zu kompliziert

Stephan Praus, Gründer und Vorstand der LEWO-Immobiliengruppe in Leipzig sagt, das größte Problem sei, dass die Förderung kompliziert ist. Er meint damit unter anderem die Bedingungen, die an den Kredit geknüpft sind, um ihn in voller Höhe zu bekommen. Hält man nämlich nicht den allerhöchsten Standard mit QNG-Siegel ein, gibt es signifikant weniger.

Um diesen höchsten Standard zu erreichen, muss man ein Effizienzhaus 40 bauen, darf nicht mit Öl, Gas oder Biomasse heizen und muss zusätzlich die sogenannten QNG-Anforderungen erfüllen. QNG bedeutet "Qualitätssiegel für nachhaltiges Bauen", und dieses Siegel muss man sich zertifizieren lassen, ebenso wie den Standard Effizienzhaus 40.

Zertifizierung von jedem Bauteil ist Mammut-Aufgabe

Tobias Ströhle ist Energieberater bei der Firma Greenox in Stuttgart, die auf Energieberatung und Zertifizierungen spezialisiert ist. Er erklärt, was unter anderem bei QNG geprüft und bescheinigt wird: "Da geht es um den warmen Durchgangswert von Bauteilen, also wie viel Energie ein Bauteil auf einem Quadratmeter Fläche verliert. Dieser Wert muss eingehalten werden. De facto muss jedes Bauteil, das in einem Haus steckt, auf Nachhaltigkeit hin zertifiziert werden."

Das sei eine Mammut-Aufgabe, die sich nicht für jeden lohne, erklärt Greenox-Geschäftsführer Maximilian Seiffert. Die meisten Kunden, mit denen seine Firma zusammenarbeitet, würden das QNG-Siegel im privaten Segment eher nicht machen. Nur wenige Häuslebesitzer würden tatsächlich das QNG-Siegel verwenden.

Froschperspektive auf ein Gebäude, das sich im Bau befindet. 4 min
Bildrechte: MDR/Ralf Geißler

Kosten für QNG-Siegel machen zinsgünstige Baukredite unattraktiv

Maximilian Seiffert verweist auf die Kosten. Allein die Zertifizierung des Siegels sei teuer. Denn die koste für ein Einfamilienhaus gern mal 30.000 Euro. Bei Großprojekten können es mehrere Hunderttausend Euro werden. Vor diesem Hintergrund ist der zinsgünstige Förderkredit von 150.000 Euro gar nicht mehr so attraktiv – und für den privaten Bauherren schwer bis gar nicht zu erreichen.

Denn anders als ein Bauträger kann der private Bauherr die Kosten nicht auf einen Wohnungskäufer umlegen. Und die Zertifizierungskosten treiben die ohnehin schon saftigen Preise für Immobilien in neue Höhen.

Bau-Branche fordert Vereinfachung der Förderung

Die LEWO-Immobiliengruppe in Leipzig ist so etwas wie ein Profi beim Energetischen Bauen. Vorstand Stephan Praus sagt, die Förderung sollte einfach gestaltet werden. Eine leichte Förderung, die gut umsetzbar wäre, sei eine zielorientierte Förderung. "Das heißt, Energieausweis A+ wird gefördert, Energieausweis A wird gefördert, darüber nichts mehr", erklärt er.

QNG dagegen sei kompliziert, wenig zielorientiert, und eigentlich fühle man sich drangsaliert. Der private Bauherr werde es gar nicht anwenden, und die Industrie tue sich schwer. Für Stephan Praus wäre eine Zielgröße wie der CO2-Wert eines Hauses oder die entsprechende Energieklasse als Standardsetzung viel einfacher umsetzbar als Tabellensätze und teure Zertifizierung von Einzelteilen, die zu einem unfassbaren bürokratischen Aufwand führen.

Das bestätigt auch Tobias Ströhle von Greenox in Stuttgart: Da kämen schon ein bis zwei Aktenordner an Formularen und Listen allein für die Zertifizierung zusammen – und zwar für ein Ein- oder Zweifamilienhaus.

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Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 29. Dezember 2024 | 06:00 Uhr

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