Sozialer Wohnungsbau Studie: Größter Wohnraum-Mangel seit mehr als 20 Jahren
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12. Januar 2023, 18:06 Uhr
Wer bezahlbaren Wohnraum in deutschen Großstädten sucht, hat schlechte Karten. Einer Studie zufolge fehlen aktuell mehr als 700.000 Wohnungen. Das Bündnis "Soziales Wohnen" sieht Bund und Länder in der Pflicht und schlägt eine radikale Maßnahme vor.
- Größte Wohnungsnot seit mehr als 20 Jahren.
- Bündnis fordert Sondervermögen für sozialen Wohnungsbau.
- IG Bau: Fachkräfte kommen, wenn sie preiswerten Wohnraum vorfinden.
In Deutschland fehlen in diesem Jahr mehr als 700.000 Wohnungen. Das ergab eine Studie des Pestel-Instituts in Hannover im Auftrag des Bündnisses "Soziales Wohnen". Demnach handelt es sich um das größte Wohnraum-Defizit seit 20 Jahren. Bei Sozialwohnungen und bei bezahlbaren Mietwohnungen sei der Notstand am größten. Hauptgründe seien der Zuzug von ukrainischen Flüchtlingen und der Einbruch beim Wohnungsbau.
Im vergangenen Jahr sind mehr als eine Million ukrainische Kriegsflüchtlinge nach Deutschland gekommen. Hinzu kamen rund 218.000 neue Asylanträge. Der Wohnungsbau wurde gebremst durch den Anstieg der Bauzinsen sowie die massiv steigenden Kosten.
Sondervermögen für sozialen Wohnungsbau
Dem Bündnis zufolge wurden im vergangenen Jahr in Deutschland lediglich rund 20.000 Sozialwohnungen gebaut. Das Ziel der Bundesregierung sieht eigentlich den Bau von jährlich 100.000 Sozialwohnungen und insgesamt 400.000 neuen Wohnungen.
Um den Bau zu beschleunigen fordert das Bündnis ein Sondervermögen von 50 Milliarden Euro. Rund drei Viertel der Summe solle der Bund aufbringen, den Rest die Länder. Andernfalls drohe ein Kollaps auf dem sozialen Wohnungsmarkt. Bislang will der Bund den Bau von Sozialwohnungen bis zum Jahr 2026 mit 14,5 Milliarden Euro fördern.
Das Bündnis schlug zudem vor, die Mehrwertsteuer für den sozialen Wohnungsbau von 19 auf 7 Prozent zu senken. Den Angaben zufolge gibt es bundesweit noch rund 1,1 Millionen Sozialwohnungen. Ende der 80er Jahre seien es noch rund vier Millionen gewesen. Mehr als elf Millionen Haushalte in Deutschland hätten Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein.
Mieterbund hört Alarmglocken schrillen
Dem Bündnis "Soziales Wohnen" gehören der Deutsche Mieterbund, Baugewerkschaften sowie Sozial- und Branchen-Verbände. Der Mieterbund warnte vor massiven Verwerfungen auf dem deutschen Wohnungsmarkt. Präsident Lukas Siebenkotten sagte den Funke-Medien: "So laut wie jetzt haben die Alarmglocken des Wohnungsmangels lange nicht mehr geschrillt." Bund und Länder müssten jetzt das Ruder rumreißen - "oder wir erleben ein ungeahntes Desaster auf dem Wohnungsmarkt".
IG BAU: Bezahlbarer Wohnraum sichert Zuzug von Fachkräften
Die IG BAU wies auf die Bedeutung von preiswertem Wohnraum beim Werben um neue Fachkräfte hin. Gewerkschaftsvize Harald Schaum sagte, Wohnen und Arbeiten gehörten zusammen. Keiner werde nach Deutschland kommen, wenn er nicht oder nur zu horrend hohen Mieten wohnen könne. Der Wohnungsbau sei ein ganz wesentlicher Schlüsse für die Beschäftigungssituation und das Funktionieren der Wirtschaft.
dpa, epd, Reuters, KNA, AFP (luz)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 12. Januar 2023 | 12:00 Uhr