Vorstoß Mittelstand befürwortet Teilzeit-Krankschreibung
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01. November 2024, 20:15 Uhr
Der Bundesverband Mittelständische Wirtschaft unterstützt den Vorstoß der Ärzteschaft für eine Teilzeit-Krankschreibung. Der Krankenstand in den Betrieben habe eine Rekordhöhe erreicht. Wenn man nur zehn Prozent der Krankentage durch Teilzeit-Lösungen ersetzen würde, könne das die deutsche Wirtschaft um Milliarden Euro entlasten.
- Ärztepräsident für "praktikablere Form der Krankschreibung"
- Gegenwind vom Bundesgesundheitsministerium und vom DGB
Der Bundesverband Mittelständische Wirtschaft unterstützt den Vorstoß der Ärzteschaft für eine Teilzeit-Krankschreibung. Chef-Volkswirt Hans-Jürgen Völz sagte MDR AKTUELL, der Krankenstand in den Betrieben habe eine Rekordhöhe erreicht. Das liege auch an Missbrauch der telefonischen Krankschreibung. Wenn man nur zehn Prozent der Krankentage durch Teilzeit-Lösungen ersetzen würde, könne das die deutsche Wirtschaft um jährlich fünf Milliarden Euro entlasten.
Faktencheck Der Vorwurf, dass die telefonische Krankschreibung missbraucht würde, kommt zumeist von arbeitgebernahen Verbänden. Vertreter und Vertreterinnen der Ärzteschaft sehen dafür keine Anhaltspunkte. So sagte etwa Nicola Buhlinger-Göpfarth, die Bundesvorsitzende des Verbandes der Hausärztinnen und Hausärzte, der Rheinischen Post: "Die Unterstellungen, dass sich die Menschen mithilfe der Telefon-AU einen schlanken Fuß machen, können wir aus unserer täglichen Arbeit nicht bestätigen." Und Ärztepräsident Klaus Reinhardt erklärte im Bayerischen Rundfunk, er sehe keinen Zusammenhang zwischen hohen Krankenständen und der erleichterten Möglichkeit, sich krankschreiben zu lassen.
Ärztepräsident für "praktikable Form der Krankschreibung"
Ärztepräsident Klaus Reinhardt hatte sich offen für "eine praktikable Form von Teilzeit-Krankschreibung für einige Stunden täglich" gezeigt und vorgeschlagen, Beschäftigte beispielsweise bei leichten Infekten nur noch stundenweise krankzuschreiben statt den ganzen Tag.
So solle etwa bei Bagatellinfekten der direkte Kontakt mit Kollegen im Büro vermieden werden. In solchen Fällen biete das Arbeiten im Homeoffice unter Umständen die Möglichkeit, im begrenzten Umfang berufliche Aufgaben wahrzunehmen und sich dennoch zu erholen, sagte Reinhardt.
Gegenwind von Bundesgesundheitsministerium und DGB
Das Bundesgesundheitsministerium erteilte den Überlegungen eine Absage. Das sei kein Plan, den das Ministerium verfolge, sagte ein Sprecher. Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund lehnte solche Ideen ab. Die Idee sei schlicht absurd, sagte Vorstandsmitglied Anja Piel der Deutschen Presse-Agentur.
Die Idee ist schlicht absurd.
"Wer krank und arbeitsunfähig ist, soll sich vollständig auskurieren", so Piel. Ansonsten steige das Risiko, länger und ernsthafter zu erkranken. Schon heute gingen viel zu viele krank zur Arbeit oder arbeiteten krank im Homeoffice. Sie gefährdeten damit sich und andere und setzten auf Dauer ihre Gesundheit und Erwerbsfähigkeit aufs Spiel.
Die Debatte um flexiblere Regelungen zur Arbeitsunfähigkeit angesichts der Digitalisierung und häufigerem Arbeiten aus dem Homeoffice war zuletzt wieder neu entbrannt.
Alter Hut in nordischen Ländern
In Schweden, Dänemark, Norwegen und Finnland werden Teilzeit-Krankschreibungen bereits seit vielen Jahren praktiziert. So können beispielsweise in Schweden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schon seit Ende der 1980er Jahre im Krankheitsfall ihre Arbeitszeit auf 50 Prozent halbieren.
dpa(isc)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 01. November 2024 | 17:00 Uhr