Hand hält ein Mobiltelefon auf dessen Display auf der Plattform TikTok ein Video der AFD Politikerin Alice Weidel zu sehen ist 5 min
Audio: In Thüringen haben 38 Prozent der 18- bis 24-Jährigen die AfD gewählt. Bildrechte: IMAGO / Guido Schiefer

Landtagswahlen Politikberater: AfD ist für junge Menschen "Problemlösepartei"

05. September 2024, 12:35 Uhr

Die AfD hat bei den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen bei den 18- bis 24-Jährigen am meisten zugelegt, die Grünen haben am stärksten verloren. Woher kommt diese Trendwende?

Die Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen sind durch – und vor allem bei den jungen Wählern zwischen 18 und 24 Jahren in Sachsen sind teils deutliche Wählerwanderungen zu beobachten. In beiden Bundesländern konnte die AfD am stärksten zulegen, die Grünen mussten die größten Einbußen hinnehmen. Was gibt es für Erklärungen dafür?

Politik-Digitalberater: AfD baut über Tiktok Kontakt zu jungen Menschen auf

Dass sich viele junge Menschen über das Internet informieren, ist bekannt. Auch bekannt ist, dass die AfD gerade auf Plattformen wie Tiktok stark vertreten ist. Nun aber Tiktok dafür verantwortlich zu machen, dass junge Menschen in Sachsen und Thüringen so häufig die AfD gewählt haben, greift für Martin Fuchs zu kurz.

Fuchs ist Politik-Digitalberater aus Hamburg und sagte im Interview mit MDR AKTUELL, die AfD habe es seit dem Beginn von Tiktok verstanden, diesen digitalen Raum zu besetzen. Es sei ein Vorteil, kontinuierlich Kontakt zu jungen Menschen aufzubauen und zu pflegen.

Ein anderer wichtigerer Aspekt aber sei, dass die AfD die Menschen ernst nehme. "Junge Menschen sind politisch interessiert", sagt Fuchs. Sie sähen Probleme und versuchten, diese zu lösen. Und Fuchs zufolge zeigt sich die AfD als "Problemlösepartei".

Auch der Pädagoge Frank Greuel vom Deutschen Jugendinstitut führt die hohe Zustimmung für die AfD bei jungen Wählern vor allem auf die Ansprache der Partei zurück. Er sagte MDR AKTUELL, die AfD verspreche, die Krisen der Zeit auf sehr einfache Art zu lösen. Dies spreche Jugendliche besonders an, weil sie auch besonders von einer unsicheren Zukunft betroffen wären.

Grüne in Sachsen und Thüringen nicht gesellschaftlich verankert

Die Grünen dagegen hätten es in den vergangenen 30 Jahren nicht geschafft, sich in den Gesellschaften in Sachsen und Thüringen zu verankern, vor allem im ländlichen Raum nicht.

Durch Kampagnen – auch von demokratischen Parteien wie der CDU – gegen die Grünen sei eine Art Polarisierung entstanden: "auf der einen Seite die AfD und auf der anderen, der Endgegner, die Grünen", erklärt Fuchs.

So haben junge Menschen in Sachsen gewählt

Und so ist im Vergleich zur Landtagswahl 2019 der Anteil der AfD-Wähler in der Gruppe 18 bis 24 Jahre um elf Prozentpunkte angestiegen. Insgesamt wählten 31 Prozent der Altersgruppe die in dem Bundesland als gesichert rechtsextrem eingestufte Partei.

Währenddessen verloren die Grünen die meisten Jungwähler in Sachsen – so erhielten zwölf Prozentpunkte weniger als 2019.

So haben junge Menschen in Thüringen gewählt

Ähnlich deutlich sind die Ab- und Zuwanderungen in Thüringen. Dort wählten 38 Prozent der Jungwähler zwischen 18 und 24 Jahren die AfD – plus 16 Prozentpunkte.

Wie in Sachsen verloren die Grünen die meisten jungen Wähler mit minus acht Prozentpunkten.

Rechtsruck unter jungen Menschen

Sanem Kleff, Direktorin der Bundeskoordination "Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage", bezeichnete diese Ergebnisse als den "dramatischsten Rechtsruck unter jungen Menschen, den die Bundesrepublik seit 1949 innerhalb einer Wahlperiode jemals erlebt hat".

Kleff verwies darauf, dass Schule demokratische Werte und kritisches Denken fördern solle. "Das bedeutet: Lehrkräfte sollen sich nicht neutral verhalten – sondern auf Basis des Grundgesetzes eine klare Haltung zum Beispiel gegen Rechtsextremismus, Antisemitismus, Gewaltverherrlichung und menschenverachtende Aussagen zeigen." Lehrkräfte müssten mit Fortbildungen, Konzepten und Materialien zur Demokratieerziehung unterstützt werden.

Der Rechtsruck unter jungen Wählerinnen und Wählern habe nicht nur eine Ursache. Es sei nötig, sich "noch stärker mit den Langzeitfolgen der Pandemie für die Jugendlichen zu beschäftigen, ebenso mit den Auswirkungen der Kriege in der Ukraine und in Gaza auf die junge Generation", sagte Kleff.

MDR,epd(cga,ewi)

Fake News auf Tiktok entlarven

Nicht alles, was in den sozialen Medien verbreitet wird, ist wahr. Das kann vor allem im Wahlkampf problematisch werden. MDR AKTUELL und das Funk-Format Fakecheck überprüfen die Aussagen von Creators auf Fake News. Hier finden Sie einige der Ergebnisse:

Mehr zu den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 01. September 2024 | 18:00 Uhr

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