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Koalition plant Ermittlungen per KI und mehr Befugnisse für Polizei

MDR AKTUELL Do 24.04.2025 06:17Uhr 03:09 min

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Koalitionsvertrag Mehr Befugnisse für Ermittler geplant – Sorge um Datenschutz wächst

24. April 2025, 06:24 Uhr

Die neue Regierungskoalition will Ermittlungsbehörden erlauben, mehr Daten über uns zu sammeln. Und diese Daten mit dem zu vergleichen, was sonst noch so im Netz über uns zu finden ist. Damit will die neue Regierung die innere Sicherheit verbessern und schwere Kriminalität besser bekämpfen. Aus Sicht von Strafrechtlern gehen die Vorhaben viel zu weit.

Christian Erll
Bildrechte: Marcus Heim

Genau drei Absätze enthält der Koalitionsvertrag zum Thema "Ermittlungsbefugnisse". Doch die haben es in sich: Internetverbindungsdaten bleiben drei Monate gespeichert. Behörden sollen leichter Telefone von Verdächtigen überwachen können und biometrische Daten automatisch abgleichen dürfen, etwa mit Bildern aus dem Netz oder aus Polizeidatenbanken.

Abgleich von Fotos mit einer KI bietet Potential

Ein Vorhaben, das Dirk Peglow, Vorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter begrüßt: "Das ist der Abgleich mit einer KI, den wir dann machen wollen. Dass wir im Prinzip unbekannte Täter, von denen wir Fotos haben, im Netz recherchieren dürfen. So wie das in dem Fall Klette erfolgt ist durch ein investigativjournalistisches Team, die ja auch erfolgreich waren damit."

Die Journalisten konnten 2023 die in Berlin untergetauchte RAF-Terroristin mit Hilfe einer Fotodatenbank finden. Eine Methode, die die Polizei nicht anwenden darf, auch weil der Anbieter die Bilder mit fragwürdigen Methoden gesammelt hat.

Doch der Bedarf an ähnlichem Werkzeug bei den Ermittlungsbehörden sei groß, sagt Peglow: "Die Polizei darf keine Personendaten oder Fotos von Tatverdächtigen im Netz recherchieren ohne Weiteres, weil uns hier auch die rechtlichen Vorgaben die Hände binden." Das wolle die Bundesregierung nun angehen, und er sei gespannt, wie sie das machen werden.

Anwaltsverein sorgt sich um Bürgerrechte

Der geplante Mix aus "mehr Daten sammeln und Daten auswerten" schmeckt jedoch längst nicht jedem. Der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein versteht sich als Organisation, die sich für Bürgerrechte einsetzt.

Und diese Bürgerrechte sieht Geschäftsführer Lukas Theune durch die Pläne von Union und SPD gefährdet: "Wenn die Polizei die Befugnis erhält, flächendeckend KI einzusetzen und mit biometrischer Bildersuche uns alle zu durchsuchen, dann zeigt einfach die Erfahrung, dass solche Befugnisse nicht auf einzelne Fälle beschränkt werden, sondern irgendwann auch in der Fläche angewandt werden."

Überwachung schon bei kleinen Delikten?

Die Sorge: Aufnahmen von Menschen bei Demonstrationen oder Fußballspielen – Anlässe bei denen Behörden schon routinemäßig filmen – würden irgendwann dafür genutzt, selbst kleine Delikte wie Beleidigung oder Schwarzfahren aufzuklären.

Die Strafrechtlerin Maria Gahn teilt diese Sorge. Sie forscht an der Uni Saarbrücken zum Einsatz künstlicher Intelligenz in der Strafverfolgung. Sie ist der Ansicht, dass der Zweck nicht die Mittel heiligt – auch nicht, wenn im Einzelfall eine KI eine untergetauchte Terroristin findet.

Strafrechtlerin: Datenschutz darf nicht hinten runterfallen

"Nur weil das jetzt einmal funktioniert hat und vielleicht auch anders nicht funktioniert hätte, ist die Verallgemeinerung aus datenschutzrechtlicher Sicht unheimlich schwierig", sagt Gahn. "Das bedeutet nämlich, dass wir eine Begrenzung schaffen müssten auf konkrete Straftaten, begrenzt auf bestimmte Sachverhalte und so weiter." Das gehe aus dem Entwurf aber nicht genau hervor. "Und wenn wir versuchen abzuwägen, das Datenschutzrecht gegen die Strafverfolgung, dann darf das Datenschutzstrafrecht eben nicht komplett hinten runterfallen."

Gute Einsatzgebiete für Künstliche Intelligenz gebe es durchaus. Nur eben andere. Gahn nennt hier das automatisierte Scannen von Autokennzeichen, das der Koalitionsvertrag in einem Satz erwähnt.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 24. April 2025 | 06:17 Uhr

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