Ein roter Pkw fährt auf einer Landstraße 3 min
Audio: Ist die Pendlerpauschale ungerecht? Bildrechte: picture alliance/dpa/Julian Stratenschulte
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Warum Städter tendenziell benachteiligt sind und ob das ein Problem ist

MDR AKTUELL Mi 23.04.2025 06:12Uhr 03:14 min

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Stadt-Land-Vergleich Kritik an Verteilung der Pendlerpauschale

23. April 2025, 06:39 Uhr

Die neue Bundesregierung plant, die Pendlerpauschale zu erhöhen und schon ab dem ersten Kilometer auf 38 Cent zu setzen. Je länger der Arbeitsweg, desto höher also die Entlastung. Verkehrs- und umweltpolitisch ist das falsch, sagen Kritiker. Und in Teilen sogar ungerecht: Denn wer auf dem Dorf lebe, habe weniger Lebenshaltungskosten. Benachteiligt die Pendlerpauschale die Stadtbewohner?

Christian Erll
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Wer auf dem Land wohnt, der hat immer noch kaum Alternativen zum Auto, um von A nach B zu kommen. Ein Hörer von MDR AKTUELL vermutet in einer Zuschrift deshalb: Anders als in der Diskussion um die Pendlerpauschale behauptet, sei das Leben auf dem Land gar nicht günstiger. "Wir müssen mit dem PKW in die Stadt, um Kultur zu erleben. Da fährt kein Bus am Abend. Wir müssen den Einkauf mit dem Auto erledigen, wir müssen mit dem Auto zum Arzt usw. Dass Wohnen auf dem Land preiswerter ist, halte ich für eine Falschbehauptung", schreibt er.

Tatsächlich treibt ein Auto die Lebenshaltungskosten nach oben. Nahezu unabhängig davon, ob sie sehr wenig oder gut verdienen, geben Haushalte, die ein Auto besitzen, mehr als zehn Prozent ihres Nettoeinkommens dafür aus – und damit oft deutlich mehr als etwa ein Deutschlandticket kostet.

Der Schriftzug „Umweltbundesamt“ am neuen Erweiterungsbau der Behörde 1 min
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Im Koalitionsvertrag sind 38 Cent/km vorgesehen

MDR AKTUELL Mi 16.04.2025 10:07Uhr 01:15 min

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Günstige Mieten gleichen Kosten für Auto aus

Andererseits zeigt eine Studie des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BSSR): Die höheren Ausgaben fürs Auto werden durch die günstigen Mieten auf dem Land mehr als ausgeglichen. Und während längere Arbeitswege steuerlich absetzbar sind, gilt das für die höheren Wohnkosten in der Stadt nicht, sagt Stefan Bach, Steuerexperte beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung.

"In der Einkommensteuer gibt es diesen Grundfreibetrag, der repräsentiert das allgemeine Existenzminimum, wie es im Durchschnitt bundesweit aus dem sozialhilferechtlichen Existenzminimum, also sprich aus dem Bürgergeld, aus der Grundsicherung abgeleitet wird", erklärt Bach. "Und da wird eben nicht differenziert nach den Wohnkosten, die im Ballungsraum deutlich höher sind als auf dem flachen Land."

Städter profitieren von Nahverkehr und sozialem Wohnraum

Also wirklich eine Ungerechtigkeit? Ludger Baba untersucht beim Forschungsinstitut Empirica, was ländliches Wohnen attraktiver machen kann. "Die Argumentation ist grundsätzlich in dieser Partialbetrachtung nicht von der Hand zu weisen", sagt er. Aber: Beim Deutschlandticket sei es beispielsweise andersrum. Hier profitierten vor allem die Städter von einer Subvention.

Oder beim sozialen Wohnraum: "Die Mittel fließen überwiegend in die städtischen Räume. Trotzdem kommt kein Mensch auf den Gedanken zu sagen, deswegen schaffen wir jetzt die soziale Wohnraumförderung ab", sagt Baba. Deswegen helfe eine Partialbetrachtung bei der Fragestellung, ob es nun gerecht ist, gar nicht weiter.

Angesichts des steigenden CO2-Preises und der notwendigen Entlastung von Arbeitnehmern stellt keiner der beiden Experten die Pendlerpauschale grundsätzlich in Frage. Wenn es um Gerechtigkeit gehe, könne man sie aber anders berechnen, sagt DIW-Steuerexperte Bach. Denn bisher reduziere die Pendlerpauschale nur das zu versteuernde Einkommen. also den Betrag, der bestimmt, wie viel Prozent der Steuerzahler abgeben soll.

Pendlerpauschale erst nach Abzug der Steuer

Deshalb schlägt Bach vor, die Pauschale nicht auf das zu versteuernde Einkommen anzurechnen. Sondern erst später, auf den tatsächlichen Betrag, den man dem Staat schuldet. "Dass man so einen Tax Credit macht, also, dass dann jeder meinetwegen 13 Cent pro Entfernungskilometer abgezogen bekommt. Das entlastet dann die Leute mit den geringen Einkommen auf dem Land stärker, während die Besserverdiener nicht in dem Maße diese Entlastung bei den Pendlerkosten brauchen", sagt Bach.

Eine solche Variante entspräche zumindest einem wichtigen Grundsatz bei der Einkommenssteuer: Wer mehr leisten kann, soll auch mehr Steuern zahlen.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 23. April 2025 | 06:12 Uhr

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