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Sehen Sie hier das Video zum zweiten Prozesstag gegen Björn Höcke in Halle. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Landgericht Halle NS-Parole: Zweiter Prozess gegen AfD-Politiker Höcke wird verlängert

26. Juni 2024, 16:35 Uhr

Der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke muss sich erneut in Halle vor dem Landgericht verantworten. Der Grund: Er soll eine verbotene SA-Parole 2023 auch in Gera verwendet haben. Ursprünglich war für Mittwoch das Urteil erwartet worden. Aufgrund vieler Anträge wird es nun aber einen weiteren Verhandlungstag geben.

Der zweite Prozess gegen den Thüringer AfD-Chef Björn Höcke um eine Nazi-Parole am Landgericht Halle dauert länger als geplant. Höckes Verteidiger stellten am zweiten Verhandlungstag am Mittwoch zahlreiche Anträge. Unter anderem forderten sie, dass weitere Zeugen ermittelt und angehört werden. Dabei geht es um Teilnehmer des Stammtisches, bei dem die NS-Parole gefallen war. Damit könne bewiesen werden, dass sie sich nicht durch Höcke aufgefordert gefühlt hätten, die Parole zu vervollständigen, so die Verteidiger.

Sie wollen zudem beweisen, dass der Ausspruch im Nationalsozialismus keine zentrale Bedeutung gehabt habe und auch nicht weit verbreitet gewesen sein soll. Dazu beantragten sie, Historiker als Zeugen heranzuziehen, und verwiesen auf verschiedene Publikationen zur SA und zum Nationalsozialismus.

Staatsanwaltschaft hinterfragt Höckes Demokratieverständnis

Die Staatsanwaltschaft äußerte sich in eigenen Anträgen kritisch zu Höckes bisherigen öffentlichen Äußerungen zu dem Prozess. In einem auf Telegram verbreiteten Video habe der AfD-Politiker gesagt, dass "politische Schauprozesse" aufgearbeitet werden müssten und es nach einer Übernahme der Macht durch die AfD wieder eine freie Justiz geben werde. Anklagevertreter Benedikt Bernzen erklärte, dies zeige ein Demokratieverständnis, das mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung nicht vereinbar sei.

Björn Höcke
Wegen der NS-Parole war Höcke bereits zu einer Geldstrafe von 13.000 Euro verurteilt worden. Bildrechte: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Hendrik Schmidt

Anders als vorab geplant, kam ein Historiker am Mittwoch doch nicht als sachverständiger Zeuge zu Wort. Das Gericht hatte ihn als Zeugen geladen. Der Vorsitzende Richter Jan Stengel erklärte aber, der Historiker habe sich vorab öffentlich negativ über die AfD geäußert. "Das geht einfach nicht", so Stengel.

Weiterer Prozesstag am 1. Juli

Der Prozesstag am Mittwoch war ursprünglich der bislang letzte, der in dem Verfahren anberaumt war. Aufgrund der vielen Anträge hat das Landgericht nun aber einen weiteren Verhandlungstag am 1. Juli angesetzt. Vorab war erwartet worden, dass am Mittwoch die Schlussplädoyers gehalten werden und es ein Urteil gibt.

Bereits viele Anträge am ersten Prozesstag

Bereits zum Start des Prozesses am Montag hatte Höckes Verteidigung zahlreiche Anträge gestellt. Unter anderem wurde gefordert, dass das Verfahren eingestellt wird. Der Vorsitzende Richter kam aber zu dem Schluss, es gebe keine Fehler im bisherigen Verfahren und auch keine Verfahrenshindernisse.

Die zwei Anwälte von Höcke hatten zum Auftakt die Zuständigkeit des Landgerichts bezweifelt. Zudem werde ihr Mandant öffentlich vorverurteilt. Das mache ein faires Verfahren unmöglich, hieß es. Es gebe ein mediales "Trommelfeuer". Der Prozess wurde am Montag mehrfach unterbrochen, um über die Anträge der Verteidiger zu beraten.

Die Verhandlung stieß am ersten Prozesstag auf ein weniger großes Interesse als die erste. Zuschauerplätze blieben zum Teil leer.

Stadtwappen an der Fassade des Landgerichts Halle 1 min
Bildrechte: imago/imagebroker

Die Staatsanwaltschaft Halle wirft dem Politiker vor, als Redner auf einer AfD-Veranstaltung in Gera im Dezember 2023 die Parole "Alles für Deutschland" erneut und wissentlich genutzt zu haben. Es handelt sich um eine verbotene Losung der Sturmabteilung (SA), der paramilitärischen Kampforganisation der Nazi-Partei NSDAP. 

Höcke hatte Parole vor Publikum begonnen

Laut Anklage soll Höcke den ersten Teil der Parole, "Alles für ...", selbst ausgesprochen und anschließend das Publikum durch Gesten animiert haben, "Deutschland" zu rufen. Zu dem Zeitpunkt war bereits ein Verfahren gegen Höcke wegen eines ähnlichen Vorfalls in Merseburg 2021 anhängig. Ihm sei also die Strafbarkeit des Ausspruchs bewusst gewesen, führte Staatsanwalt Bernzen in seiner Anklageschrift aus.

Höcke gab am ersten Prozesstag an, unschuldig zu sein. "Ich bin auch in diesem Sachverhalt völlig unschuldig. Ich weiß, dass ich verurteilt werde. Aber das fühlt sich für mich nicht gerecht an", sagte Höcke. Er habe nicht damit gerechnet, dass Anwesende das dritte Wort aussprechen würden und bestritt, die Zuhörer in Gera bewusst aufgefordert zu haben, die Parole zu ergänzen.

NS-Parole: Erstes Urteil gegen Höcke im Mai

Bereits Mitte Mai hatte das Landgericht Halle den Politiker wegen des Verwendens der NS-Losung in Merseburg zu einer Geldstrafe von 13.000 Euro verurteilt. Gegen das Urteil legte die Verteidigung Revision ein. Der Fall geht damit nun an den Bundesgerichtshof, das Urteil ist vorerst noch nicht rechtskräftig. Höcke hatte im ersten Prozess argumentiert, selbst als ehemaliger Geschichtslehrer die Parole nicht gekannt zu haben. Ursprünglich sollte der Vorfall in Gera zusammen mit dem Fall in Merseburg verhandelt werden.

Keine Folgen für politische Ämter von Höcke

Direkte Folgen für seine Spitzenkandidatur bei der Thüringer Landtagswahl am 1. September hatte das Mitte Mai gesprochene Urteil nicht. Im Falle einer Verurteilung im nun gestarteten zweiten Gerichtsverfahren droht Höcke den Angaben zufolge eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe.

Die Prozesse in Halle sind nicht die letzten gegen Höcke. Das Landgericht Mühlhausen in Thüringen hat eine Anklage gegen den Politiker wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung zugelassen. Konkret geht es um einen Post von Höcke bei Telegram aus dem Jahr 2022, in dem es um eine Gewalttat in Ludwigshafen und das angebliche Verhalten vieler Einwanderer geht. Verhandlungstermine stehen noch nicht fest.

Höcke als Rechtsextremist eingestuft

Der Verfassungsschutz in Thüringen stuft Höcke, der im Freistaat AfD-Landespartei- und Fraktionschef ist, als Rechtsextremisten ein. Auch die Landesverbände der AfD in SachsenSachsen-Anhalt und Thüringen werden als gesichert rechtsextremistisch geführt.

dpa, MDR (Tanja Ries, Cynthia Seidel, Kalina Bunk, André Plaul) | Erstmals veröffentlicht am 29.05.2024

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